laut.de-Kritik

Explosive Granaten, abgelöscht mit lieblichen Melodien.

Review von

Im Monat Mai schlagen nicht nur die Bäume aus, sondern auch die Britpop-Herzen höher. Blur holen mit "The Magic Whip" zum gelungenen Comeback aus und auch die Veteranenkollegen Ash melden sich acht lange Jahre nach "Twilight Of The Innocents" endlich mit einem echten Album zurück. "Kablammo!" ist namensgetreu ein Knaller geworden. Es gibt ein Dutzend explosive Granaten, abgelöscht mit lieblichen Melodien.

Fast eine Dekade lang gab es nur Singles von Ash. Warum also wieder das Albumformat aus der Asche erheben? Drummer Rick McMurray dazu: "Das Singles-Konzept 'A-Z' war für uns eine echte Übung in Sachen Kreativität. Die achtjährige Pause vom klassischen Albumdenken entfachte bei uns die Liebe zu diesem Format neu. Es war erfrischend und aufregend, sich der Musik in dieser Art wieder zu nähern."

Diese Rückeroberung der Lust am Erschaffen des großen Rahmens zieht sich durch jeden einzelnen Track der Platte. Die besondere Stärke von Ash und liegt auch 2015 in der Fähigkeit des Bedienens aller Geschmäcker, ohne einen Fuß breit Boden an Eigenständigkeit preiszugeben. Egal ob man bunte Blur, poppige Lightning Seeds, sarkastische Smiths, elegante Pulp, rifflastige Franz Ferdinand oder gar Oasis als charmant angeprollte Pubrockvariante der Beatles favorisiert: Ash sammeln bei jeder Fangruppe Punkte und ziehen mit allen locker gleich.

Schon mit dem knapp zweieinhalbminütigen "Cocoon" geben sie Vollgas. Mehr sonnig-offensive Leidenschaft geht kaum. So geht es in einer Tour weiter. Besonders Tim Wheelers bewusst die eigenen Vocals kontrastierende Gitarre erweist sich als echtes Schmankerl ("Let's Ride"). Im rein instrumentalen "Evel Knievel" krönt er diese Arbeit. Während links die elektrische Axt das Thema vorgibt, tritt auf dem rechten Kanal eine tolle Akustische zum Duell an. Im Hintergrund zieht im Verlauf ein schickes Streicherensemble herauf und rundet die Dynamik mit einer Prise symphonischen Spaghettiwestern-Pathos ab.

Wer es eine Spur sanfter mag, dürfte die ebenfalls mit Strings auftrumpfende Nachthymne "Moondust" schätzen (ähnlich gut auch "For Eternity"). Ohnehin hat es ihnen der Mond dieses Mal besonders angetan. Mit großer Geste deklamieren sie in "Free" "I wanna be free to run in the moonlight".

Mein persönlicher Lieblingssong ist der perfekte Pop-Moment "Dispatch". Während die Gitarre nach Kakteen und Prärie schmeckt, taucht zwischendurch eine zurückhaltende, dabei höchst effektive Percussion auf, bevor alles zusammen in fettem Chorus-Gewitter kulminiert. Wer Lust auf den perfekt rockenden Soundtrack zur farbenprächtigen Sommerlandschaft hat, muss hier zugreifen.

Trackliste

  1. 1. Cocoon
  2. 2. Let's Ride
  3. 3. Machinery
  4. 4. Free
  5. 5. Go! Fight! Win!
  6. 6. Moondust
  7. 7. Evel Knievel
  8. 8. Hedonism
  9. 9. Dispatch
  10. 10. Shutdown
  11. 11. For Eternity
  12. 12. Bring Back The Summer

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Ash

1992. Downpatrick, Nordirland: Zwei Jungs gehen zur Schule und wollen Musik machen. Wer nicht, wenn er 15 ist? Aber Tim Wheeler (Gesang, Gitarre) und …

6 Kommentare mit 2 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Da bin ich mal gespannt. Hab den guten Herrn Wheeler letztens noch bei ner Instore Performance im Plattenladen gesehen und die neuen Songs die er da gespielt waren akustisch schon gut. Dürften in voller Bandmontur nochmal ne Ecke mehr rocken. :)

  • Vor 9 Jahren

    Also Cocoon hört sich ganz gut an, auch wenn ich persönlich diese gradlinigen Sommer-Rocker nicht sonderlich mag. Mal sehen, wie der Rest ist. Aber Kubanke Rezensionen sind ja immer wie Landminen und somit mit Vorsicht zu betrachten: Sobald man merkt, auf was man sich da eingelassen hat, ist der Thrill entweder noch größer oder es fliegt einem die Scheiße (und der Rest der Eingeweide) um die Ohren. :)

  • Vor 9 Jahren

    "…auch wenn ich persönlich diese gradlinigen Sommer-Rocker nicht sonderlich mag…"

    So denken leider viele deutsche Musikfans, besonders im Indie/Alternative Bereich. Da darfs nur Depri-Düster-Shit sein. Ich hingegen liebe gradlinigen Sommer-Rocker Tracks und bin folglich ein fanatischer Weezer (und Ash) Fan. Bin gespannt aufs Album, die Rezi klingt jedenfalls gut, wenn auch etwas zu bemüht geschrieben. Cocoon ist der Hammer!

  • Vor 9 Jahren

    "cocoon" und "lets ride" machen richtig laune, dannach flachts meines erachtens ab.habs album aber noch nicht durch,evt. folgt da ja noch grosses auf den hinteren plätzen.

  • Vor 9 Jahren

    Hat zufällig Rivers Cuomo alle Songs auf diesem Album geschrieben?! Könnte 1:1 auch ein neues Weezer-Album sein, was durchaus als Kompliment zu betrachten ist.

    • Vor 9 Jahren

      Ash und Weezer sind eigentlich schon seit langer Zeit irgendwie musikalische Geschwister, von den Texten vielleicht mal abgesehen.

  • Vor 9 Jahren

    @pfzt: Finde es immer schade, wenn User auf Laut, die keine Trolle sind, auf Meinungsäußerungen so passiv-aggressiv reagieren, bspw. durch Generalisierungen, weil man die Meinung nicht teilt und aus welchen Gründen auch immer glaubt, den betreffenden Künstler verteidigen zu müssen. Vorschlag: Eines meiner absoluten Lieblingsalben im letzten Sommer war Gemini von RX Bandits. Hör's Dir mal auf youtube an. Gradlinige Sommerrocker gehen also schon. ;)

    • Vor 9 Jahren

      Sorry, wollte hier niemanden anpissen. Ich hänge immer bevor ich zu laut.de gehe bei plattentests.de rum und die Kommentare dort bringen mich stets schnell auf 180 und in der Stimmung komme ich dann hier her :)

      Auf meinen geliebten Powerpop (und gradlinige Sommerrock Tracks) wird in Deutschland immer etwas verächtlich heruntergeschaut. Und das ärgert mich.

      Deinen Tip ziehe ich mir mal rein. Danke.