laut.de-Kritik

Das kleine Brüderchen von "River Runs Red".

Review von

Life Of Agony zählten einst zu den Göttern der zwischen Hardcore, Grunge und Alternative pendelnden Crossover-Szene. Mitte der Neunziger, als Songs von Biohazard, Rage Against The Machine, Fear Factory, Pro Pain und Dog Eat Dog noch ganze Hinterhöfe in Schutt und Asche legten, grüßten auch die New Yorker um Frontfrau Mina Caputo vom oberen Ende der Rock-Nahrungskette. 25 Jahre später sind Life Of Agony immer noch am Start. Aber so richtig feiern wollen das nur noch die ewig Hartgesottenen.

Für genau die ist auch das neue Studioalbum "The Sound Of Scars" bestimmt. Alte "River Runs Red"-Erinnerungen sollen laut Pressetext geweckt werden. Und in der Tat, in puncto Atmosphäre, Inhalt und konzeptioneller Ausrichtung ist das mittlerweile sechste Studiowerk der Band ziemlich nah dran am wegweisenden Debüt aus dem Jahr 1993.

Angetrieben vom energiegeladenen Getrommel von Neuzugang Veronica Bellino zündet Gitarrist Joey Z. ein Riff-Feuerwerk nach dem anderen. Der von Sylvia Massy (System Of A Down) und Howie Weinberg (Pantera, Metallica) kreierte Sound ist satt und fett. Auch Aushängeschild Mina ist immer noch gut bei Stimme.

Eigentlich ist alles angerichtet für ein emotionales Alternativ-Fest deluxe. Aber wie auch schon beim letzten Album ("A Place Where There's No More Pain") will der Funke trotz größter Bemühungen nicht so richtig überspringen.

Das eröffnende "Scars" kommt mit Polizeisirenen und viel Groove um die Ecke. Nachhaltige Harmonien? Fehlanzeige. "Black Heart" schließt sich an mit abgedämpften Powerchords und Hardcore-Shouts im Refrain. Wieder bleibt nichts hängen. Und so geht es weiter und weiter. Song für Song verlieren sich die Protagonisten in einer zwar satt klingenden, aber durchweg faltenfreien Melange aus leidvoller Lyrik und düsteren Klängen aus den Bereichen Alternative und Grunge.

"Empty Hole" lässt in den Strophen kurzzeitig alten Glanz aufblitzen. Da ist er wieder, dieser markante Hybrid aus Melodie und Härte. Nach einem zweiminütigen Hardcore-Punk-Trip auf der Überholspur ("Eliminate"), markiert der atmosphärische Stampfer "Once Below" das dickste Ausrufezeichen. Das Finale mit dem wehleidigen Schlepper "I Surrender" hat definitiv auch was für sich.

Ja, im zweiten Albumteil machen Life Of Agony vieles richtig. Aber auch hier fehlt das letzte Quäntchen Leidenschaft. Schlussendlich sitzt man auch nach dem dritten Durchlauf vor den Boxen und versucht sich an langlebige Passagen zu erinnern. Aber es passiert nichts. Stattdessen hat man 25 Jahre alte Harmonien in den Ohren, die man schon lange nicht mehr auf dem Schirm hatte. Dafür: Vielen Dank! Aber auch nur dafür.

Trackliste

  1. 1. Prelude
  2. 2. Scars
  3. 3. Black Heart
  4. 4. Lay Down
  5. 5. Then
  6. 6. Empty Hole
  7. 7. My Way Out
  8. 8. Eliminate
  9. 9. Now
  10. 10. Once Below
  11. 11. Stone
  12. 12. Weight Of The World
  13. 13. When
  14. 14. I Surrender

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