laut.de-Kritik

Die Rebellion der Geschmacksnerven wird im Keim erstickt.

Review von

Alles neu macht der Bandrotator: Das muntere Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel geht bei den Amis in die nächste Runde. Fred Mascherino, immerhin für die charakteristischen Wechselgesänge mit dem etatmäßigen Frontman Adam Lazara zuständig, verließ 2007 die Band aufgrund der üblichen musikalischen Differenzen.

Wie die Vampire stürzten sich die restlich Verbliebenen auf Neu-Mitglied Matt Fazzi und präsentieren sich seitdem wie frisch Verliebte im Frühling. Mal schauen, wie lange dieses Gefühl vorherrschend ist. Vielleicht brauchen die Jungs um das einzig verbliebene Originalmitglied, Gitarrist Eddie Reyes, einfach von Zeit zu Zeit frisches Blut, um den variationsarmen Sound aufzupeppen.

Denn mehr als Nuancen verändern sich nicht auf der zweiten Major-Veröffentlichung. Desto mehr setzt man auf Redundanz - die Fanschar soll nicht verprellt werden. Aber vorsichtig, liebe Kids! Nicht das beim Anhören die Tränchen zu Sturzbächen anschwellen und das Kajal in den Äuglein brennt. Denn auch wenn sich das Quintett treu bleibt, ploppt sehr viel Poppiges durch die Boxen - mit dem Resultat der sofortigen Verschaltung synaptischer Bahnen, die zum harmonischen Wohlfühlzentrum führen.

"Summer, Man" könnte auch eine etwas gitarrenlastigere Variante der Killers sein. Der Refrain und die Lead-Gitarre von "Capital M-E" verstecken sich gar nicht erst hinter der Coldplay-Referenz ("Talk"). Schön ist auch das U2-Cover "With Or Without You". Zumindest denkt man dies, wenn die Rhythmusgitarre achtelt und sphärisch und Delay-veredelt die Leads einsetzen. Weit gefehlt. Somit geht dem eigentlich mit "Where My Mouth Is" betitelten Song jegliche Originalität flöten. Aber wen juckts, wenn die Rebellion der Geschmacksnerven durch schöne, poppige Harmonien im Keim erstickt wird.

Jedoch bemüht sich die Band – bei aller populären Schlagseite – um interessante Arrangements, spielt gekonnt mit Dynamik und schlägt somit gängigen Rock/Pop-Schemata ein Schnippchen. Billy Talent scheinen im Rauskehrer "Everything Must Go" oder "Cut Me Up, Jenny" durch. Straighte uptempo Dampframmen wie "Lonely, Lonely", "New Again" oder "Swing" – mal etwas fröhlicher, mal melancholischer angehaucht – laden zum züchtigen Abtanzen auf dem Abschlussball der achten Klasse ein.

Für Sänger Adam Lazara muss man jedoch eine Lanze brechen: Er meistert gekonnt wütende Schreipassagen, romantisches Säuseln, kraftvolles Singen und den Tritt in die Kronjuwelen. Der Facettenreichtum ist jedoch ein absolutes Muss, denn die dialogische Perspektivendarstellung verschwand mit Mascherinos Ausscheiden fast gänzlich. Musikalisch kann man der Band keinen Vorwurf machen, Matt Fazzi fügt sich gekonnt in das Powercords-meets-Melodie-Spiel ein.

Auch wenn Taking Back Sunday nach wie vor auf verzerrte Gitarren setzt, kokettiert man allzu zwanglos mit poppigen Elementen. Und hier liegt die Krux. Das steigert zwar die Laune beim ersten Hören, führt jedoch dazu, dass die Scheibe nach wenigen Durchläufen wohl im Regal verstaubt.

Man spürt förmlich, wie die Band versucht, aus ihrem allzu engen Korsett auszubrechen. Der Abwechslungsreichtum ist zwar gewollt, suggeriert jedoch einen Tiefgang, der aufgrund kurzer Spielzeiten und der allgegenwärtigen Melodienseeligkeit nur bedingt vorhanden ist.

Trackliste

  1. 1. New Again
  2. 2. Sink Into Me
  3. 3. Lonely, Lonely
  4. 4. Summer Man
  5. 5. Swing
  6. 6. Where My Mouth Is
  7. 7. Cut Me Up Jenny
  8. 8. Catholic Knees
  9. 9. Capital M-E
  10. 10. Carpathia
  11. 11. Everything Must Go

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Taking Back Sunday – New Again €11,95 €3,00 €14,95

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Taking Back Sunday

Während andere in jungen Jahren gerade eine Ausbildung anfangen, sind Taking Back Sunday schon Topseller. Die fünfköpfige Band, bestehend aus Adam …

3 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    Ist irgendwie schade um die Band.

    Würde eigentlich gerne reinhören, aber das sind einfach nicht mehr die gleichen Leute, die vor Jahren für gute Lieder gesorgt haben... :(

  • Vor 14 Jahren

    Ich finds besser als Louder Now - was jetzt aber auch nicht unbedingt viel heißt :D

    Nee, aber dafür, dass ich denen eigentlich überhaupt nichts mehr zugetraut hab, gehts eigentlich in Ordnung. Aber wahrscheinlich auch schnell wieder vergessen.

  • Vor 14 Jahren

    @Texas CrieZ (« Ist irgendwie schade um die Band.

    Würde eigentlich gerne reinhören, aber das sind einfach nicht mehr die gleichen Leute, die vor Jahren für gute Lieder gesorgt haben... :( »):

    Also ich fand die immer schon ziemlich öde o.ô