laut.de-Kritik

Vom Gangster übers Meme zum Imperium.

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Drei Jahre lang haben die Fans des Bonner Rappers auf ein neues Album gewartet. Doch es hat sich viel getan, der 39-Jährige ist inzwischen weitaus mehr als nur Rapper: Labelchef, Imbiss- und Barbesitzer, Inhaber einer Fashion- sowie einer Tabakmarke, Autor. Xatar baute in den vergangenen Jahren ein Imperium auf – ganz im Gegensatz zu früheren Gangstergeschichten von Geldtransporter-Überfällen und Haftstrafen dieses Mal als Unternehmergenie. Dass sich dieses Business auch in seinem fünften Studioalbum "Hrrr" widerspiegelt, erklärt sich beinahe von selbst.

Die zwölf Songs des Albums ähneln sich inhaltlich alle stark. Es geht um Erfolg, Xatars ikonischen Status und jede Menge Geld. Sämtliche Rap-Klischees, einschließlich des "Ich kaufe Mama ein Haus"-Symbols, fließen entweder von Xatar selbst oder seitens seiner Featuregäste in das Release. Auf "Die Straße Lebt" sagt der Rapper zwar selbst: "Wollt' eigentlich nicht mehr über Geld reden". Mit "Ich glaub', das ist der Straßenschaden" endet die eigene Kritik genau so schnell wieder, wie sie begonnen hatte, und Xatar widmet sich weiter den typischen Elementen. So sagt er auf "Gib Kein Hand" beispielsweise: "Schau' mich an, ein Imperialist, der mal ein Flüchtling, ja, ein armes Kind war", und thematisiert damit einen weiteren Grundbaustein der Hip Hop-Kultur, die "From The Bottom To The Top"-Erzählung.

Wie es sich für einen Labelchef und einflussreichen Rapper gehört, präsentiert Xatar diese Themen natürlich nicht allein. Neben überaus bekannten Gästen wie Bonez MC, Gzuz oder SSIO schafft der selbsternannte Imperialist auch Raum für Newcomer, unter anderem OGT, MoeWavy oder Almany. Die Bühne, die dieses Release bietet, mit Kollegen zu teilen, scheint bei der Ansammlung der diversen Künstler für Xatar eine Selbstverständlichkeit darzustellen.

Neben den gewohnten Themen nutzt Xatar jedoch auch seinen Status als Internet-Legende aus. "It was all a meme, ich drop' 'ne Adlib im Interview, und schon drucken sie die Käppis in Istanbul", wie es auf "Blaues Häkchen" heißt, fasst zusammen, worauf der Bonner sich auf großen Teilen seines Albums bezieht. Besonders nach dem "Köftespieß"-Meme – einem Video des damals inhaftierten Rappers, der erzählte, nach seiner Entlassung würde er als erstes einen Köftespieß bestellen – gingen Xatars Videos und Postings viral. Doch die Aufmerksamkeit nutzte er für sich: inzwischen ist er Besitzer seines eigenen Haval Grills in Bonn und hat somit jede Menge Anekdoten parat, die sich für das Album gebrauchen ließen. Oder, wie er selbst sagt: "Aus 'nem Meme wird ein Franchise-Imperium" ("Ohne Reden").

Besonders heben das Album jedoch nicht die thematisierten Internet-Memes von der Menge ab, sondern viel eher die Sprache, in die Xatar diese überwiegend verpackt. Angefangen beim Albumtitel "Hrrr", dem Geräusch, das der Rapper immer wieder in Videos macht, bis zum gleichnamigen Track, der von der ersten bis zur letzten Sekunde seinen humorvollen Charakter über die Verwendung diverser Lautmalereien erlangt. "Pew", "Whua", "Pfu", "Wui" oder "Brr" sind nur eine Auswahl der gewählten Ausdrücke.

Was geschrieben sehr abstrakt wirkt, macht die entsprechende Delivery jedoch zur Unterhaltungsshow. Und selbst, wenn die Texte ohne Onomatopoesie auskommen, überrascht Xatar mit seiner Wortwahl, wenn er beispielsweise auf "Follow Me feat. 2LADE" "Fünf Flüchtlinge erschrecken dich und filmen dich, wie du Pipi pisst" formuliert. Die abstruse Sprache, die Xatar benutzt, ist das eigentliche Merkmal, das das Release spannend macht.

Auf künstlerischer, musikalischer Ebene bietet Xatar mit "Hrrr" keine bahnbrechenden Innovationen. Doch das muss er auch nicht zwingend. Als Kunstfigur, Unternehmer und Internet-Phänomen funktioniert Xatar besser denn je. Die inhaltlichen Thematiken sind größtenteils auserzählt, die Feature-Gäste alles andere als unproblematisch und die Sprache wiederholend sexistisch und transphob: Alles durchaus zu kritisieren, von einem Xatar-Album aber nichts anders zu erwarten.

Nichtsdestotrotz kleidet "Hrrr" altbekannte Deutschrap-Thematiken in ein außergewöhnliches Gewand voller Humor und Albernheiten. Ein besonders lobenswertes Album und Vorzeigestück für die deutsche Rapszene? Nein. Dafür aber eine Platte voller Songs, die gerade in aktuellen Zeiten einmal wieder unterhalten und zum Lachen bringen, solange man ein Auge zukneift.

Trackliste

  1. 1. Ohne Reden
  2. 2. Follow Me feat. 2LADE
  3. 3. Die Straße Lebt feat. Bonez Mc, Gzuz & Almany
  4. 4. Smooth Operator feat. OGT & MoeWavy
  5. 5. Sirenen feat. Eno
  6. 6. Antar feat. SSIO
  7. 7. Gib Kein Hand
  8. 8. $€¥ Skit
  9. 9. Blaues Häkchen
  10. 10. Hrrr feat. SSIO
  11. 11. Flaschengeist feat. FGUN $HAKI
  12. 12. Maestro's Grand Finale (Outro)

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