laut.de-Kritik

Cover-Party mit vielen Stars.

Review von

Van Morrison ist nicht der erste, der sich Freunde zum Feiern des eigenen imposanten Katalogs einlädt. Crooner wie Bennett oder Sinatra legten gut vor. eher abschreckend wirken Beispiele wie etwa das grauenvolle "Wrote A Song for Everyone" von Roots-Kollege Fogerty. "Duets: Reworking The Catalogue" ordnet sich mit Licht und Schatten in der Mitte ein.

Die vor Stargästen - von Bobby Womack über Mavis Staples und George Benson bis hin zu Natalie Cole und Steve Winwood - strotzende Platte ist musikalisches Abbild einer typischen Party. Manche Gäste sorgen für ordentlich Stimmung in der Bude. Andere hängen einfach nur herum und einige nerven, bis sie endlich fort sind.

Doch zum Glück lässt sich Van the Man nicht auch nur eine Sekunde die irische Butter vom Songwriterbrot nehmen. Schon seine Auswahl an Liedern ist clever und mutig, eine echte Demonstration der Stärke. So verzichtet er auf Klopper wie den Soundtrack zum nordirischen Friedensprozess ("Days Like This" 1995) ebenso wie auch auf Stücke der beiden Kultalben "Astral Weeks" (1968) und "Moondance" (1970).

Wer solch starke Pferde im Stall stehen lässt, ist entweder musikalisch lebensmüde oder verfügt über einen bärenstarken Backkatalog. Morrison steht glücklicherweise für letzteres. Seine Selektion, die knapp 40 Alben und noch mehr Jahre umspannt, gerät zum beeindruckenden Triumphmarsch.

Die hier vertretenen Zweitaufgüsse reichen allerdings längst nicht in jedem Moment an die Urversionen heran. Das liegt in keiner Weise an Morrison selbst. Seine Bandbreite ist stimmlich wie emotional auch mit 70 Jahren auf dem Buckel noch immer ebenso Ehrfurcht gebietend wie charismatisch.

Was man leider nicht von allen Mitstreitern behaupten kann. Zwar lässt der Belfaster den Sidekicks allen nötigen Raum und bietet ihnen jede Chance zum intensiven Durchstarten. Dennoch können viele nicht mit seiner Intensität mithalten und hinterlassen kaum mehr als ein überambitioniertes Vakuum.

"Wild Honey" ("Common One" 1980) etwa ist ein balladeskes Highlight seiner recht jazzigen Periode. Joss Stone turnt angemessen souly um ihn herum, bleibt jedoch ein überflüssiger Fremdkörper im Spannungsbogen. Ähnlich ergeht es Natalie Cole. Produzent Don Was zeigt sich so ambivalent, wie seinerzeit bei der Arbeit für die Rolling Stones. Oft stark, manchmal beliebig. Bei "Some Peace Of Mind" glättet er die Soulpower etwas zu sehr und nimmt dem souveränen Bobby Womack unnötigerweise einen Teil der Ausstrahlung.

Auch Michael Bublé ist keine echte Hilfe beim schmissigen "Real Real Gone" ("Enlightenment" 1990). Während Morrison implodiert, bleibt der kanadische Mainstream-Experte so blass, wie sein bisheriges Schaffen es vermuten lässt. Und Mark Knopfler setzt mit der Gitarre auf dem einzigen schwachen Song des Albums - "Irish Heartbeat" - auch keine großen Akzente. Das Stück ist für Morrisons Verhältnisse echtes Mittelmaß und stammt vom furchtbaren "Inarticulate Speech" (1983), das der damals spirituell verwirrte Sänger ausgerechnet L.Ron Hubbard, dem Gründer von Scientology widmete.

Doch es gibt mindestens genau so viele bravouröse Momente. Der großartig aufspielende Chris White (u.a. Dire Straits, Jagger) erweist sich als Idealbesetzung am Saxofon. Wie ein roter Faden zieht sich sein gewinnendes Spiel durch die gesamte Platte. Clare Teal erobert das eindringliche "Carrying The Torch" ("Hymns To The Silence" 1991) komplett und sticht dabei sogar Tom Jones als früheren Duettpartner aus.

Doch die beiden dramaturgischen Höhepunkte stehen noch aus. Wenn der Grantler seine Gott zürnende Wutrede "Rough God Goes Riding" mit Tochter Shana anstimmt und Paul Moran ein hervorragendes Piano-Arrangements dazu abliefert, sollte sogar der heftig kritisierte Allmächtige anerkennend mitgrooven.

Den hypnotischsten Moment bringt ausgerechnet der 80er Fahrstuhl-Soul-Popper Mick Hucknall mit "Streets Of Arklow". Wer sich schon immer fragte, ob Mr Simply Red zu tiefgreifendem Gefühls-Striptease in der Lage ist, muss hier unbedingt reinhören. Das unglaublich intensive Lied stammt von Morrisons Post-Scheidungsalbum "Veedon Fleece" (1974), das in keiner Van-Sammlung fehlen sollte. Die ganze Verwundung seiner irischen Seele wandelte sich auf jener LP in hochintensive Musik.

Hucknall nimmt im Duett diese gesangliche Herausforderung an und serviert überraschend lässig den gefühlvollsten Auftritt seiner Karriere. Der Schmerz ist greifbar und dieser Weltklasse-Song spült ihn hinfort wie eine Woge des Nordischen Meeres. Als Sahnehäubchen fungiert die Tin Whistle von Chris White. "And the gypsy's rode with their hearts on fire. They say: We love to wander, Lord, we love...Lord we love to roam."

So bietet Van Morrison im späten Herbst seiner Karriere genau die traubenreife Form jener alten Blueser, die er seit frühester Jugend so sehr verehrt. Auf "Duets: Reworking The Catalogue" klingt er frischer und inspirierter als mancher der Mitstreiter. Kein Wunder, dass er gerade einen neuen Labelvertrag unterzeichnet und ein weiteres Studioalbum mit neuen Tracks plant. Hoffentlich gibt er dort Hucknall und White eine tragende Nebenrolle. Verdient hätten sie es beide.

Trackliste

  1. 1. Some Peace Of Mind (mit Bobby Womack)
  2. 2. If I Ever Needed Someone (mit Mavis Staples)
  3. 3. Higher Than The World (mit George Benson)
  4. 4. Wild Honey (mit Joss Stone)
  5. 5. Whatever Happened to P.J. Proby (mit P.J. Proby)
  6. 6. Carrying A Torch (mit Clare Teal)
  7. 7. The Eternal Kansas City (mit Gregory Porter)
  8. 8. Streets of Arklow (mit Mick Hucknall)
  9. 9. These Are The Days (mit Natalie Cole)
  10. 10. Get On With The Show (mit Georgie Fame)
  11. 11. Rough God Goes Riding (mit Shana Morrison)
  12. 12. Fire In The Belly (mit Steve Winwood)
  13. 13. Born To Sing (mit Chris Farlowe)
  14. 14. Irish Heartbeat (mit Mark Knopfler)
  15. 15. Real Real Gone (mit Michael Bublé)
  16. 16. How Can A Poor Boy? (mit Taj Mahal)

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1 Kommentar mit einer Antwort

  • Vor 9 Jahren

    Zum einen sind die Songs derart "ver-mainstreated", dass ich mich mit Grausen abgewandt habe, zum andere läßt der "Meister" seinen Sidekicks keineswegs den Platz, dass man sich wenigsten über die hätte freuen können. Wird wohl nicht häufig gespielt werden.