laut.de-Kritik

Poppers für die Ohren.

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Wer heterosexuell ist und sich nicht 24/7 auf Twitter tummelt, hat wahrscheinlich noch nie etwas von Slayyyter gehört. Die Musik der 23-jährigen Amerikanerin ist sowohl ein perfektes Beispiel für das Do It Yourself-Mantra der Generation (DI-)Y als auch im besten Sinne des Wortes "Gay as fuck".

Man muss nur einen flüchtigen Blick auf das schlüpfrige Cover werfen, um einen ersten Eindruck ihrer Ästhetik zu bekommen: Sie nutzt den Stil von Künstlerinnen wie Britney Spears und Paris Hilton als Schablone für ihre eigene upgedatete Version des gleichermaßen vergötterten wie verdammten Bubblegum-Pop.

Angesichts der progressiven, oft fast schon destruktiven Produktion könnte man glatt behaupten, dass Slayyyter wie fast alle zeitgemäßen Pop-Revoluzzer dem PC Music-Camp angehört. Doch auch wenn sie dort sicherlich nicht schlecht aufgehoben wäre, schlägt ihre Musik eine neue Kerbe. Irgendwo zwischen den verglichten Sound-Experimenten einer SOPHIE und der zuckersüßen Zugänglichkeit einer Hannah Diamond findet Slayyyter ihre eigene Nische.

Eine Nische, die stellenweise so sehr an die späten 90er/frühen 2000er erinnert, dass es fast schon unheimlich wird. "Celebrity" beispielsweise klingt wie das Lovechild aus Rihannas "Who's That Chick?" und Britneys "Toxic", während sich "Devil" der Hook-Melodie von No Doubts "Hella Good" bedient. Dabei klingt die Sängerin aber keineswegs wie ein Plagiat. Sicherlich geht Slayyyter erschreckend offen mit ihren Einflüssen um, aber entwickelt dabei einen hochmodernen eigenen Sound.

Bedanken darf sie sich dafür unter anderem bei ihren Produzenten, allen voran bei Ayesha Erotica, die alle Nostalgie mühelos in die Zukunft katapultiert. Am besten verdeutlichen dies wohl Songs wie "Alone" oder "Motorcylce": Sperrig und doch eingängig genug, um bei der nächsten "Singles Night" im Diskoplex eures Vertrauens nicht die Tanzfläche zu räumen.

Hört man ein wenig genauer hin, offenbart sich schnell ein weiteres Markenzeichen, das Slayyyter von ihren Idolen unterscheidet: Der ungehemmte Umgang mit ihrer Sexualität. Dabei wird sie stellenweise so explizit, dass sie die drei "y" in ihrem Namen auch drei "x" weichen könnten. "He wanna get in myguts, licking my clit 'til I nut.", ist nur ein Beispiel für viele der selbstbewusst feministischen Ansagen des ehemaligen Cam-Girls. Damit vermittelt sie nicht nur jede Menge Charisma, sondern raubt der Musik ihrer Vorbilder in gewissem Sinne auch deren Oberflächlichkeit.

Abgesehen vom balladesken Closer "Ghosttt" und dem etwas langweilig geratenen "E-Boy" liefert Slayyyter mit ihrem Debüt-Mixtape einen Hit nach dem anderen. Egal ob lüsterne Banger wie "Daddy AF" und "Candy", die eindeutig der schwulen Community gewidmet sind und so geil daherkommen, dass man den Darkroom voll nackter schwitzender Körper förmlich vor sich sieht, experimentelle, basslastige Knaller wie "Motorcycle" und "Cha Ching" oder PG-Radiosingles wie "Ur Man" und "Mine": Die Amerikanerin deckt die komplette Bandbreite dessen ab, was ein modernes Pop-Album braucht, um langfristig zu begeistern: "Slayyyter" ist Poppers für die Ohren.

Sicherlich gefällt dieser Sound, gerade auch aufgrund seiner offensichtlichen Zielgruppen-Orientierung, nicht jedem, und wer bereits mit Britney Spears, Charli XCX oder Lady Gaga wenig anfangen kann, wird sich auch mit "Slayyyter" schwer tun. Für alle knallharten Heteros, die Angst davor haben, ihre weibliche Seite auszuleben, gibt es aber seit einigen Wochen ohnehin das neue Tool-Album (Zwinkersmiley).

Trackliste

  1. 1. BFF (feat. Ayesha Erotica)
  2. 2. Mine
  3. 3. Alone
  4. 4. Candy
  5. 5. Cha Ching
  6. 6. Devil
  7. 7. Ur Man
  8. 8. Daddy AF
  9. 9. Motorcycle
  10. 10. Celebrity
  11. 11. Tattoo
  12. 12. E-Boy (feat. That Kid)
  13. 13. Touch My Body
  14. 14. Ghosttt

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