laut.de-Kritik

Neuanfang mit Akustikgitarre und Kontrabass.

Review von

Was hat er nicht schon alles versucht, der Texaner, um seine einfühlsamen Lieder in das richtige Klanggewand zu betten: Country ("Photographs", 2012), feinfühligen Pop ("The Lights From The Chemical Plant", 2014), mit Anzug am Flügel ("Texas Piano Man", 2019). Nun, nach dem Ende seiner geschäftlichen Beziehung zu New West Records, beginnt er in einer gewissen Hinsicht wieder von vorne.

Das Management? Kontaktierbar über eine Gmail-Adresse. Die Veröffentlichung? Auf dem eigenen Label Niles City Records. Die Musik? Stimme und Akustikgitarre. Wobei letzteres eher den Stücken geschuldet sei als den Umständen, erklärt Ellis. Er habe festgestellt, dass sie in diesem einfachen Arrangement am besten zur Geltung kommen.

In nur zwei Tagen aufgenommen, mit der punktuellen und wirkungsvollen Begleitung von Kontrabassist Aden Buben, ist "Yesterday's News" aber keine simple Angelegenheit, denn Ellis' Fähigkeiten an der Gitarre haben sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt, wie auch sein Songwriting. So erinnert das Album ein bisschen an Nick Drakes "Pink Moon" oder an die Demoversionen von Bob Dylans "Blood On The Tracks".

Was auch daran liegt, dass Ellis' Stimme diesmal ganz ruhig und unaufgeregt klingt - stellenweise wirkt sie schon fast wie ein Flüstern. Die Songs seien entstanden, als sein jüngstes Kind wenige Monate alt war, so Ellis, manche davon habe er ihm zum Einschlafen vorgesungen. Dafür fallen die Texte ganz schön düster und existentialistisch aus. "We are running from the silence at the bottom of the well / Running from becoming another book up on the shelf / We are running from each other / We are running from ourselves", singt er an einer Stelle. Ein Leben "On The Run" eben.

Ob er beim Albumtitel an Ralph McTells Klassiker "Streets Of London" gedacht hat (mit der Zeile "Yesterday's papers telling yesterday's news")? Ein Zusammenhang ergibt sich nicht zwingend. Während McTell über das harte Schicksal von Obdachlosen in der Großstadt sinnierte, bezieht Ellis den Titeltrack auf sich selbst: "I once held the world in the palm of my hand / I thought I'd found a pearl, but inside only sand / My best days are gone. I feel empty and used /I've got nothing left to lose / Yesterday's news.

Unübliche, einprägsame Texte hat Ellis schon immer geschrieben. Mit einer "Bottle of Wine and a Bag of Cocaine" sagte er 2014 einem Freund (oder Freundin?) lebewohl. "Fucking Crazy" hieß der Opener seines Albums von 2019. Diesmal dichtet er jugendfrei. "Close your eyes / Your worries wilt away / You resign yourself to fight another day" heißt es etwa in "Close Your Eyes", das tatsächlich wie ein Wiegenlied klingt. Gefolgt von einem zärtlichen Instrumental mit dem passenden Titel "Open Your Eyes".

Ein durchaus hörenswertes Album für ruhige Momente also. Wer versuchen möchte, das eine oder andere Lied nachzuspielen, kann sich übrigens an den Meister selbst wenden: Auf der offiziellen Seite texaspianoman.com kann man eine "private music lesson" bei ihm buchen, per Video oder gar persönlich (falls man zufällig mal in Fort Worth, Texas vorbeikommen sollte). "Ich teile wirklich gerne jeden Einblick, über Gitarre, Klavier, Songwriting ... alles.", verspricht er. 139,95 US$ scheinen dafür nicht überzogen.

Trackliste

  1. 1. Blind Luck, Bitter Faith
  2. 2. Better Call the Weatherman
  3. 3. Call Me Steve
  4. 4. Metaphysical Blues
  5. 5. Little Rock Salt
  6. 6. Ancient Lights
  7. 7. Terrible Risk Of The Blues
  8. 8. It Could Have Been Me
  9. 9. Don't Act Right
  10. 10. Only Got What I Deserved
  11. 11. Your Good Memory

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