laut.de-Kritik

Das Spiel von Stein und Samt.

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Es gibt wohl kaum Künstler*innen, die bestreiten würden, dass sich die Situation, die Gefühle, die Zerrissenheit der Corona-Jahre von zwei Seiten erzählen lassen. Schnell kommen auch die kalifornischen Rocker Rival Sons zu der Erkenntnis, dass sie mehr erzählen und mehr komponieren könnten, als jemals auf ein einzelnes Album passen würde. Und was macht man als große Rock-Band in dieser Situation? Genau! Zwei Alben.

Für das Jahr 2023 haben die Mannen um Sänger Jay Buchanan ein Double Feature angekündigt. Die beiden Scheiben "Darkfighter" und "Lightbrighter" bilden die beiden Pole, zwei Sichtweisen auf die letzten Jahre. Während "Lighbrighter" für November 2023 angekündigt ist, wird nun "Darkfighter" schon einmal losgeschickt und besiegelt das Ende der vierjährigen Albumpause.

Eine Band für den kleinen, kompakten Rock-Song waren die Kalifornier noch nie. So startet auch "Darkfighter" mit dem hymnischen "Mirrors". Bereits zu Beginn der Scheibe spielen die Rival Sons komplett in ihre Stärken aus. Eine opulente Orgel erinnert an den frühen Southern Rock, das Eingangsriff gibt die Marschrichtung vor. Mit ordentlich Antrieb geht die Nummer zu Gange, nimmt sich in der Bridge eine kurze Pause, um dann in einer ausgiebigen Hook zu münden.

Scott Holidays unverwechselbarer Gitarrensound passt perfekt, und Goldkehlchen Jay Buchanan präsentiert sich in Bestform. Eine Rückkehr durch den Haupteingang. Dass die Sons den Rock'n'Roll nicht verlernt haben, beweist "Nobody Wants To Die" direkt im Anschluss. Mit ordentlich Tempo ausgestattet macht der Song Laune auf Luftgitarre und Haareschütteln.

Etwas gemächlicher stampft "Bird in the Hand" voran. Während auf dem Vorgänger-Album "Feral Roots" eher etwas sperrigere und experimentellere Songs beheimatet waren, fällt schnell auf, dass das Quartett aus Long Beach auf "Darkfighter" etwas eingängiger geworden ist. Auch die klassisch-melancholische Ballade "Bright Light" schmiegt sich recht angenehm in den Gehörgang. Studio- und Tourmitglied Todd E. Ögren-Brooks an den Tasten wird immer wieder an den richtigen Stellen eingesetzt und sorgt für ein rundes Klangbild.

Bevor der Sound aber zu gefällig wird, schubst einen die Vorabsingle "Rapture" mit ihren Rhythmuswechseln und rohem Riff mal kurz aus der Bahn. Drummer Mike Miley und Bassist Dave Beste lassen ein Groovemonster von der Leine und erinnern alle daran, dass hier eine der wohl fähigsten Truppen im Rock-Genre unterwegs ist. Da niemand im aktuellen Game so schön leidet wie Jay Buchanan, ergibt die Kombination aus Stein und Samt am Ende eine großartige Power-Ballade.

Der auf den vergangenen Scheiben manchmal fast zu präsente Fuzz-Sound von Gitarrist Scott Holiday wird auf "Darkfighter" hörbar pointierter eingesetzt, wie zum Beispiel auf "Guillotine". In Kombination mit akustischen Elementen und klassischer Stromgitarre erschaffen die Sons abwechslungsreiche und atmosphärisch dichte Nummern wie kaum eine andere Band.

Der passendste Anzug ist aber nach wie vor die geheimnisvolle Ballade, wie sie schon dutzendfach auf Alben des Quartetts zu hören sind. Ein Paradebeispiel hierfür ist "Horses Breath", dem man Sehnsucht und Weite buchstäblich anhören kann. Die Schlussnummer "Darkside" rundet die Scheibe perfekt ab. Der komplette Spannungsbogen – von sehr ruhigen Strophen bis zu explosionartigen Riffs – wird hier noch einmal bespielt.

"Darkfighter" besiegelt nach vier Jahren Albumpause eine starke Rückkehr der vier Kalifornier. Dass die Rival Sons zum besten gehören, was das Genre zu bieten hat, war vorher schon klar. Zur eh schon beeindruckenden Diskografie fügt die Scheibe noch mal ein absolut hörenswertes Kapitel hinzu. Auf das nächste namens "Lightbrighter" darf man schon gespannt sein.

Trackliste

  1. 1. Mirrors
  2. 2. Nobody Wants to Die
  3. 3. Bird in the Hand
  4. 4. Bright Light
  5. 5. Rapture
  6. 6. Guillotine
  7. 7. Horses Breath
  8. 8. Darkside

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