laut.de-Kritik

Bescheidenheit ist nicht mehr angesagt.

Review von

"Dieses Game ist voller Pisser, Betrüger und Kopierer / Sie faken ihre Views, aber keinen interessiert das / Was ist mit denen, die wirklich liefern?" Trotz ansehnlichen Erfolgs beäugt Nimo weiterhin argwöhnisch die eigene Konkurrenz. Dabei nahm er doch die Vorbildfunktion für eben jene Rapper ein, die zuletzt unter Klickkauf-Verdacht standen. Wie Sero El Mero zeichnet ihn ein variabler Flow, seine sympathische Präsenz und jede Menge gute Laune aus. Auf der anderen Seite leidet "Nimoriginal" aber auch an textlichen Schwächen wie Feros "47".

Was ihn von den meisten jüngeren Artists unterscheidet, ist sein prekärer Background, den er in "Damals" verarbeitet: "Warum ich Regeln brach? Bruder, weil die Knete nicht da war / Wirklich ekelige Tage, Bruder, wirklich ekelige Jahre." Angesichts der familiären und finanziellen Probleme vergangener Tage wundert es nicht, wenn er im Refrain herausschreit: "Mit Geld kommt man der Sonne näher." Die Angst vor dem erneuten Abstieg scheint ihn wie in "Star" dann auch in die Arme lateinamerikanischer Trends zu treiben: "Nie wieder geh' ich zurück in das Ghetto."

Die Kollaboration mit Luciano stellt ein gutes Beispiel dafür dar, dass "Deutschraps Michelangelo" nun seine noch auf "K¡K¡" gepflegte Bescheidenheit in hohem Bogen über Bord wirft: "20.000 für 'ne Nacht, runter in das Backstage, zehn Frauen warten auf mich, alle nackt, ich bin ein Star." Nun protzt Nimo damit, "Cash Da" zu haben. In Verbindung mit reezy und Kalim vermitteln sie den locker-leichten Pop-Appeal einer Boyband. Man braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, wie das Trio dazu eine Choreographie auf einer Yacht einstudiert.

Ohnehin legt er großen Wert auf Zugänglichkeit. Zwar rappt er alleine in "Nimoriginal" mehr als auf seinem kompletten Kollaboalbum mit Capo, doch zumeist konzentriert er sich auf Autotune gestützten Singsang. Abgesehen von drei Songs lädt er sich zu allen Beiträgen Gäste ein, wobei das charismatische Duo Celo & Abdi, der nach "Augen Husky" wieder rappende Olexesh und Schubi AKpella überzeugen. Völlig unstimmig bleibt dagegen "Lost Cherry". Während Nimo zu sonnigem Trap vom Good Life erzählt, fügt Mortel einen ernsten, trockenen Part an.

Doch Nimos zweites Album liefert auch Perlen. In "WDW" regt ihn das Verhalten seiner Partnerin auf. Während er sie mit Liebe überschüttet, dankt sie es ihm mit einem garstigen Freiheitsdrang: "Du kommst, wann du willst, gehst, wann du willst." Selbstmitleidig ruft er aus: "Wieso lieb' ich eine Frau, die auf meine Gefühle scheißt?" Doch dann setzt Rina ein, die ihn mit seinem Ego und seiner Widersprüchlichkeit konfrontiert: "Du gehst weg, du willst raus, du willst Freiheit / Doch mach' ich mal dasselbe, gibt es immer gleich Streit." Die Idee des Perspektivwechsels setzt er mehrfach um.

Gelungen greift er das Konzept etwa in "Kein Schlaf" auf, der sich bereits als Hit des Albums etablierte. Hier steuert Hava den Konterpart bei: "Immer wieder willst du eine Chance / Doch ich frag' mich, was du dir erhoffst." Als Autor des Songs inszeniert sich der Rapper selbst, kritisiert über ihren Part aber auch reflektiert sein eigenes Verhalten. Nur im mit Latin Flavour gewürzten "Sommer 19" verrennt sich der gebürtige Karlsruher ein wenig. So kommt dem weiblichen Gegenstück Jenny Marsala nur die Aufgabe zu, den arg selbstverliebten Blick Nimos zu bestätigen.

Nachdem er auf seinem Debüt bereits Falco huldigte, sieht er sich in "Wie 2Pac" nun in der Tradition Tupac Shakurs. Dabei stellt sich schon beim Anblick der auf dem Cover umgesetzten Hommage an den Westcoast-Rapper die Frage, worin die Parallelen bestehen sollen. Abgesehen von selbst erstellten Todesprognosen und einer ansehnlichen Anzahl an Fans existieren weder stilistische noch inhaltliche Anknüpfungspunkte. Nimo sollte sich angesichts der hiesigen, ihm nacheifernden Kollegen besser auf sich konzentrieren.

Trackliste

  1. 1. Nimoriginal
  2. 2. Damals (mit Chaye)
  3. 3. Star (mit Luciano)
  4. 4. Lost Cherry (mit Mortel)
  5. 5. Cash Da (mit reezy und Kalim)
  6. 6. Sommer 19 (mit Jenny Marsala)
  7. 7. Sex (mit Schubi AKpella)
  8. 8. WDW (mit Rina)
  9. 9. Karma
  10. 10. Kein Schlaf (mit Hava)
  11. 11. Bereit (mit Celo & Abdi)
  12. 12. Hoch (mit Luqe)
  13. 13. Rockstar (mit Manuellsen)
  14. 14. Kleine Bitch (mit Casar)
  15. 15. V12 (mit Olexesh und Krime)
  16. 16. Wie 2Pac (mit Ra'is)
  17. 17. Mama (mit Rina)
  18. 18. Es Ist Vorbei

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