laut.de-Kritik

Hier kommt zusammen, was nicht zusammen passt.

Review von

Geldkühe sollte man melken, solange es geht, weiß auch Universal und schiebt dem grandiosen Erfolg des in über 60 Ländern veröffentlichten Vorgängers eine deutsch-kubanische Kooperation nach.

Aber dass es selten schön ist, eine originelle Idee auszuschlachten, beweist dieser Aufguss besagten anglo-kubanischen Vorbilds. Denn hier kommt über weite Strecken zusammen, was nicht zusammen passt und endet in den meisten Fällen gar nicht gut: Jan Delays "Klar" verliert jeglichen Drive, das totgenudelte "Hamma!" mag man auch mit ein paar zusätzlichen synkopischen Rhythmen nicht mal mehr als Klingelton hören. Und dass Rosenstolz zu den "spannendsten Künstlern unseres Landes" gehören, ist gewagt formuliert - und natürlich Unsinn.

"Das Ergebnis ist berauschend, mitreißend und berührend zugleich", schäumt der Pressezettel über. Ich bin meinerseits dagegen peinlich berührt, wenn sich der dauerverkrampfte Xavier Naidoo über die gelösten, warmen Bläser von Compay Segundos Erben quält, und die anvisierte Massenwirkung durchweg leicht zu durchschauen ist: Heavy Rotation von zu Recht vergessenen Sommerhits auf allen Kanälen – und dazu die lieblose Ausweidung der kubanischen Son-Musik als Klangteppich, bis es einem zum Hals raushängt.

Dennoch finden sich einige gute und weniger verkrampfte Beispiele: Zum Beispiel Tocotronics "Kapitulation", das durch die Mischung aus Dirk von Lowtzows resigniert naivem Gesang und der lockeren Latin-Section zu einem wunderbar bittersüßen Hybrid heranreift.

"Tag Am Meer" von den Fantastischen Vier ist zumindest interessant umarrangiert, und auch Udo Lindenbergs Neuauflage des alten Pershing-Ära-Protestsongs "Wenn du durchhängst" wächst durch die kubanische Instrumentierung.

Es fällt schon auf, dass die im Original besseren Lieder ebenfalls eine längere Halbwertszeit haben. Abgesehen davon zünden die drei, vier eingestreuten Songs, die ausschließlich von kubanischen Musikern aufgenommen wurden - was durchaus abzusehen war.

Aber sind Bands wie Juli und Silbermond mit ihren "größten Hits" tatsächlich ein würdiges Pendant zu Radiohead, Franz Ferdinand, den Arctic Monkeys oder Coldplay? Ich werde den Verdacht nicht los, dass die Zusammenarbeit - statt von musikalischem und kulturellem Austausch - eher PR-inspiriert war. Lief doch damals so gut und findet garantiert sein Publikum in den Friseursalons und Happy Hours der Republik.

Spätestens, wenn Dirk von Tocotronic singt: "Alles ist zum Speien – Kapitulation", kapituliert auch der Hörer. Und zum Schluss trotzdem ein beinahe unanfechtbares Kaufargument: Die gute Sache! Einen Euro vom Albumpreis treten die Künstler und Universal, ähnlich der anglo-kubanischen Variante, an die britische Organisation APE (Artists Project Earth) und ihre "Stop Global Warming"-Kampagne ab.

Man könnte aber auch zehn Euro direkt an APE spenden, dann hat man ein zehnmal so gutes Gewissen - und die CD gibts demnächst sowieso gratis: als Hintergrundgedudel im Supermarkt.

Trackliste

  1. 1. Vom Selben Stern
  2. 2. 36grad
  3. 3. Wo Willst Du Hin
  4. 4. Klar
  5. 5. El Ultimo Mojito
  6. 6. Ich Bin Ich (Wir Sind Wir)
  7. 7. Dieses Leben
  8. 8. Luna Loca
  9. 9. Ein Tag Am Meer
  10. 10. Tocotronic - Kapitulation
  11. 11. Silbermond - Symphonie
  12. 12. Casa Verde
  13. 13. Culcha Candela - Hamma
  14. 14. Wenn Du Durchhängst
  15. 15. Song For Burma

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