laut.de-Kritik

Entschuldigung für "Wolle's Fröhliche Weihnachten" akzeptiert.

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Weihnachtslieder liebst du, oder du hasst sie. Oder du liebst sie, und dann kommt ein Album wie "Wolle's Fröhliche Weihnachten" daher und versucht, diese Liebe mit der Wurzel auszureißen. Nein, das war nicht schön. Irgendwie also ein Ehrenmove, dass Wolfgang Petry diesen Driss nicht als Endpunkt seiner Weihnachtslieder-Diskografie stehen lassen will, sondern nach 23 Jahren nun wieder ein Album mit neuen Weihnachtsliedern nachschiebt.

Nun, ja. Zumindest teilweise sind die Lieder neu. Dazwischen würfelt Wolle traditionelles und bewährtes Festtags-Liedgut. Das erscheint statthaft, Weihnachten lebt ja zu nicht unerheblichem Teil auch vom alle Jahre wiederkehrenden Ritual. Eine Mixtur aus Kinder- (wie "Schneeflöckchen, Weißröckchen") und Kirchenliedern ("Gloria In Excelsis Deo", Freue Dich Welt"), gewürzt mit Dauerbrennern des Kalibers "Hallelujah": völlig angemessen.

Ein Weihnachtsalbum, so verlangt es das ungeschriebene Gesetz, darfst du dann machen, wenn du die Angelegenheit nicht bloß als (gar nicht so furchtbar perfide) Methode betrachtest, um deine vom adventlichen Kaufrausch ohnehin schon weichgeklopfte Zielgruppe zu schröpfen. Wenn du die Sache allerdings ernst nimmst und du wirklich, wirklich Liebe für das Fest derselbigen mitbringst, dann hast du die Hälfte der Miete eigentlich schon bezahlt.

Wolfgang Petry braucht diesmal genau eine Zeile, um glaubwürdig den Eindruck zu vermitteln, alles andere als ein Grinch zu sein. "Immer, wenn es schneit, schau' ich zurück mit Kinderaugen ins Weihnachtsglück": Das nagelt schon ziemlich genau auf den Punkt, worum es bei Weihnachten geht. Nostalgie, Kindheitserinnerungen, Glitzer und Klingeling, wie könnte das jemand nicht umarmen wollen? Völlig bewusst zieht Petry hier alle Früher-war-besser-Register, weckt sehnsüchtige Gedanken an eine Zeit, in der die Winter noch kalt und schneereich waren, die Welt vermeintlich friedlicher und die Sorgen überschaubar.

"Merry Christmas" feiert das Familienidyll, das die allermeisten (nicht nur zu Weihnachten) gerne hätten. Kitschig? As fuck, aber immerhin vergisst Petry die Malocher nicht und erwähnt zumindest am Rand die Bäcker und Metzger, die der Vorweihnachtsstress wahrscheinlich schon hart an den Rand des Burnouts getrieben hat. Zudem bricht er das im Grunde erzkonservative Bild insofern, als dass er am Ende die Mama mit dem Weihnachtsmann durchbrennen lässt. Mögen sie Spaß haben, wohin auch immer sie ausgebüchst sind.

Den Nikolaus inszeniert Petry - zu schmissigem Rock'n'Roll - wahlweise als Rocker auf dem Weg durch Sturm und Wind, oder aber er verpflanzt ihn, Kontrastprogramm, in ein karibisches Ambiente, für das er mit Badehosen, Badeschlappen, Sonnenbrille und leicht einem sitzen absolut ausreichend gerüstet erscheint.

Entgegen jeder Erwartung gerät Leonard Cohens "Hallelujah" einmal nicht zum dramatischen Höhepunkt: Wolfgang Petrys Version legt im Vergleich zum Original deutlich mehr Tempo vor und wirkt so, trotz des Dorfcoverband-Charmes, den sie versprüht, eigentlich ganz cool. Gleiches gilt für den hüpfenden 60er-Jahre-Sound von "Christmas For Us", dup-duu-dup! Während man sich beim E-Gitarren-verknödelten "Freue Dich Welt" durchaus fragt, ob es nicht vielleicht noch 'ne Nummer größer gegangen wäre. (Spoiler: Ja. Petry quirlt da gen Ende tatsächlich auch noch die "Ode an die Freude" unter.)

Das Problem bleibt halt: Wolfgang Petry ist wahrlich kein begnadeter Sänger. Das tritt um so deutlicher zutage, je reduzierter die musikalischen Kulissen geraten, in denen er sich bewegt, und je langsamer es dort zur Sache geht. In "Schneeflöckchen, Weißröckchen" prallen diese beiden Welten aufeinander und erlauben den direkten Vergleich: An den Stellen, an denen das Tempo anzieht, im Hintergrund eine Stromklampfe lospluckert und ihm Drums etwas Rückenwind verleihen, fällt die stimmliche Schwäche zum einen schlicht weniger auf. Zum anderen scheint Petry hier wirklich mehr in seinem angestammten Element unterwegs zu sein, als wenn er zu ruhigem, getragenen Gebimmel mit dünner Stimme irgendwelche Kinderlied-Zeilen anstimmt. Den abschließenden frommen Wunsch nehmen wir trotzdem dankend entgegen: Selten erschien die Hoffnung auf "Ein Gutes Neues Jahr" nötiger.

Ja, grundsätzlich kann man das alles schon so machen. Es wirkt alles wirklich nicht unsympathisch oder mieft nach billiger Abzocke, wie, wir erinnern uns noch einmal ungern, auch schon. Viel mehr lässt "Immer Wenn Es Schneit" glauben, jemand habe schlicht Lust gehabt, das Fest der Liebe nach seinem ganz eigenen Gusto zu beschallen. Okay, Entschuldigung akzeptiert. Zuckerstangen hoch dafür.

Trackliste

  1. 1. Immer Wenn Es Schneit
  2. 2. Schneeflöckchen, Weißröckchen
  3. 3. Merry Christmas
  4. 4. Nikolaus Ist Da
  5. 5. Das Muss Die Liebe Sein
  6. 6. Gloria In Excelsis Deo
  7. 7. Freue Dich Welt
  8. 8. Hallelujah
  9. 9. Christmas For Us
  10. 10. Nikolaus Trägt Badehose
  11. 11. König Von Israel
  12. 12. Ein Gutes Neues Jahr

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