laut.de-Kritik

Zeitgeist? Aber hallo!

Review von

Es kommt nicht so häufig vor, dass ein Debütalbum über einen derartig ausgereiften Sound verfügt wie das von Skofi. Die Wiener Rapper:in überzeugt auf "Lass Mich Los" mit einer ganz eigenen Klangsprache - und trifft damit den Nerv der Zeit.

Soundtechnisch kommen viele Einflüsse zusammen. Hitzige Jungle Rhythmen treffen auf verspult poppige Melodien und verhallende Gitarren, gut eingepackt in verträumte Dunstwolken aus breiten Synthflächen. Produzent Skyfarmer, mit dem Skofi schon seit einiger Zeit zusammen arbeitet, mischt die verschiedensten Anleihen passgenau zusammen und schafft eine melancholisch-träumerische Atmosphäre, die zum Loslassen einlädt.

Und Skofi? Die zieht mit. In ihrem ganz eigenen Tempo. Klassische Lines, wie wir sie aus der straßennahen Rapszene kennen, verschmelzen in ihrem fast schon monoton-ruhigen Vortrag mit unendlich vielen eingedeutschten Anglizismen und gefühlvoller Introspektive. Klingt schräg? Ist es auch. Aber genau deswegen funktioniert "Lass Mich Los" so gut.

Skofi rappt Lines wie "Clean up, jetzt wird sauber gemacht / Ich weiß ihr habt schon wieder Auge gemacht" in derselben Tonalität wie: "Veränder mich, zähl die Blätter vom Kalender nicht / die ganze Welt versifft, Zeit folgt einem Dämmerlicht." So unemotional ihr Vortrag auch wirkt, so tief sind die Gefühle, die sich darin verbergen. Damit vertont Skofi den Zustand einer ganzen Generation, die mit immer neuen äußeren Krisen konfrontiert ist, die die prägenden Jahre ihrer Jugend in Isolation verbracht hat, in konstanter Reizüberflutung lebt und zusätzlich auch noch versteht, wie schlecht das alles für die Psyche ist. Die Reaktion bei Skofi: Coolness und Lässigkeit nach außen, die irgendwie die Wirbelstürme im Inneren ausgleichen sollen. "Jahrelang nur aufgebaut, mich durch Dreck und Staub geschnauft und ich dacht ich schaff das / nein, schlussendlich nur aufgebraucht, sag nicht hör zu Rauchen auf, denn das grad nicht mein Laster."

Und so mäandert Skofi auf "Lass Mich Los" zwischen äußerlicher 'Ich geb keinen Fick'-Lässigkeit und dem inneren Verlorensein im zur Normalität gewordenen Ausnahmezustand. Die recht kurzen Songs fügen sich zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen und klingen gegenwartstypisch futuristisch. Doch dank dieser Skofi so eigenen Delivery verliert sich das Album nicht irgendwo im Zeitgeist-Gehabe. Ganz im Gegenteil. Um zum Abschluss noch einen alten, weis(s)en Mann aus dem Schwabenland zu zitieren: Würden wir unser Ohr auf die Schiene der Geschichte legen - wir würden heute Skofi hören.

Trackliste

  1. 1. Spielplatz
  2. 2. That's Life
  3. 3. Ohnmacht
  4. 4. Dacht Ich Schaff Das
  5. 5. Lass Mich Heim
  6. 6. Training
  7. 7. Bordstein
  8. 8. Dämmerlicht
  9. 9. Pure
  10. 10. Zeit Vorbei
  11. 11. Ausnahmezustand
  12. 12. Spiegelverkehrt

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