laut.de-Kritik

Feuchtnasenaffe in Aufbruchstimmung.

Review von

"Die Rache Der Tiere" ist bereits das zweite Studioalbum Lemurs, nachdem Herr von Grau seit 2014 getrennte Wege gehen. Lemur klingt anders als Herr von Grau, energetischer, vor allem aber wütender. "Geräusche" erscheint kurz nach der Trennung und klingt aufgrund seiner aufbrausenden Emotionalität vor allem sperrig. "Die Rache Der Tiere" tönt anders, die Beats dominieren nicht mehr, sondern schaffen viel mehr eine Atmosphäre, in der sich der Rapper voll und ganz ausbreiten kann. Man merkt, dass sich was getan hat im Leben des Feuchtnasenaffen. Es herrscht Aufbruchstimmung.

Wenn wir so weitermachen, werden die Tiere sich wehren: dahingehend sollten wir uns dringend hinterfragen. Den Anfang macht Lemur mit "Geld": "Denn das Einzige, was zählt, sind supergut getimte Reime auf ner Scheibe die sich dreht". Mit einem mehr als smoothen Opener führt uns der Affe hier in seinen Langspieler ein, der von seichten bis düsteren Synthie-Beats durchzogen ist. "Die Rache Der Tiere" betont die Warnung vor uns selbst und erzählt von einer Welt, in der sich die Tiere tatsächlich zur Wehr setzen und in unseren Lebensraum eindringen.

Wie immer ist alles in Eigenarbeit entstanden. Lemur lässt sich aber erstmals von befreundeten Produzenten helfen, von denen einer diese Welt verlassen muss, noch bevor er das fertige Endprodukt überhaupt hören kann. Nichtsdestotrotz überwiegt die positive Einstellung, wie in "Ballast" deutlich hörbar. "Sterben" kommt mit entspanntem BoomBap und klugen Reimen über den Tod daher. "Wolltest nur kurz vor die Tür/ nun musst du paddeln aufm Hades". Der "Godfather des Galgenhumors" holt sich jeden, auch wenn er dabei scheinbar nicht immer ganz bei der Sache ist.

Trotz aller Zuversichtlichkeit ist die Wut in Lemur noch lange nicht verschwunden. Er hat noch immer ein ziemliches Problem mit der Gesellschaft und denen da oben, so zu hören in "Viplounge" und "Dazugehirn" mit Kollegin Nazz. Er fordert Klartext und Antworten. Vor allem aber eine Gesellschaft, die sich endlich mal ihrer Taten bewusst wird. Ab und zu wird es mir persönlich allerdings zu viel des Guten, wenn er beispielsweise von "Marionetten die mich eiskalt belügen / Worthülsenkrieg um den Geist zu ermüden" spricht.

Ob Religion ("Highländer"), Vergangenheitsbewältigung ("Wolfsburg"), Menschenhass ("MMV", "Reinsteigerchampionsleague" mit Marten McFly und "Sonne" mit FairS) oder Alltagsfrust ("Montagophobie"), alles was den rappenden Affen beschäftigt, landet auf diesem Album. Wir erleben mit ihm zusammen alle Tiefen ("MMV") und Höhen ("Batterie") seiner emotionalen Lage. Trotzdem überwiegt, anders als bei "Geräusche", das Positive. "Ich mach kaputt was mich kaputt gemacht hat und bastel aus dem Schund nen Palast / mit den Ausmaßen einer Galaxie, scheiß auf Apathie / Jeder Tiefschlag weckt meinen Appetit". War es beim Solodebüt "Yeah", so ist es hier "Der Aksel", der den Song "Aksel Des Bösen" in ein neues Gewand verpackt.

Die Featuregäste auf "Die Rache Der Tiere" kommen allesamt aber eher etwas dünn daher, lediglich FairS macht eine relativ gute Figur, wenn er nicht gerade singt. Lemur selbst, macht seine Sache gut, seine Wortgewandtheit schindet Eindruck ebenso wie die minimalistischen Synthiebeats. Auch wenn die Rahmenbedingungen stimmen, überzeugt das Album nicht ganz. "Die Rache Der Tiere" ist persönlich, aber es fällt schwer, sich mit den angesprochenen Problemen zu identifizieren und einen Zugang zu Lemur zu finden. Auch wenn das zweite Album deutlich positiver klingt als "Geräusche" zuvor, ist es im Gesamteindruck immer noch zu düster. Lediglich die Storyteller erscheinen als humorvolle Lichtblicke, die auf zukünftige Projekte hoffen lassen.

Trackliste

  1. 1. Geld
  2. 2. Die Rache Der Tiere
  3. 3. Ballast
  4. 4. Sterben
  5. 5. Viplounge
  6. 6. Wolfsburg
  7. 7. Highlander
  8. 8. Reinsteigerchampionsleague
  9. 9. Dazugehirn
  10. 10. MMV
  11. 11. Montagophobie
  12. 12. Batterie
  13. 13. Sonne
  14. 14. Der Aksel

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