laut.de-Kritik

Die Karten liegen auf dem Tisch. Jetzt heißt es: Spielen.

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Erwachsen werden ist nichts für Feiglinge. Dass Ferge X Fisherman diesen Satz kommentarlos unterschreiben würden, hört man auf "Good Mother" ziemlich deutlich heraus. Ihr mittlerweile drittes Album vertont den harten Bruch zwischen jungen Idealen und der Realität aus Rechnungen, Verantwortung und dem unaufhaltsamen Sog unserer aufs Geld fokussierten Gesellschaft - und knüpft damit nahtlos an den Vorgänger "Duality" an.

Doch kümmern wir uns zuerst um den instrumentalen Teil. Der liefert die gewohnte Ferge X Fisherman Qualität. Producer Ferge bastelt warme, jazzig-soulige Beats, die schwere Melancholie genauso atmosphärisch einfangen wie wohlige Sonnenstrahlen. Und scheinbar auch mühlelos in etwas temporeichere Rhythmen übersetzt werden können - so wie in dem passend betitelten Track "Racing" zu hören. Der fast ein wenig House-mäßig anmutende Song steht den beiden jedenfalls genauso gut zu Gesicht wie ihre bisherigen Produktionen - und machen neugierig auf neue Vibes bei den beiden Franken.

Doch die müssen erstmal noch warten. Vorerst befinden sich die beiden nämlich noch im Prozess des Erwachsenwerdens - und sind dabei etwas "stuck in a loop", wie Fisherman sagt. War der Rapper auf "Duality" noch damit beschäftigt, den oben geannten Sog an sich vorbei gehen zu lassen, hört man auf "Good Mother", dass das nicht ganz gelungen ist. Ernüchterung, Frust und Enttäuschung machen sich breit. "I became what I used to criticize, Mama / it's hard to look me in the eyes, Mama / Materialistic, disillusionized, Mama / I can't decide, Mama", rappt er auf dem Titeltrack.

Es ist von Briefen die Rede, deren Öffnung man sich eigentlich nicht leisten kann, von leeren Bankkonten und dem selbstauferlegten Druck, sich selbst und seinen Träumen trotz allem treu zu bleiben. Das klingt dann so wie in "Lace Up": "The cards that I was dealt / I never saw the ace of spades / And I contemplate / 'Cause the Game is different now / still got the same vision."

Zwar gibt es auf "Good Mother" auch noch andere Tracks wie "Supposed", der sich um eine intime Begegnung mit einer Frau dreht, die sich nimmt, was sie will. Oder "Adults" und "Cost", in denen es um eine schmerzhafte, aber notwendige Trennung geht. Doch das immer wiederkehrende Thema des Albums lautet: Ernüchterung.

So sehr man diese Ernüchterung, die das Erwachsenwerden notgedrungen mit sich bringt, nachvollziehen kann, führt das konstante durchschimmern dazu, dass sich "Good Mother" etwas festgefahren anfühlt. Man hört Fisherman beim Hadern und Nachdenken zu - ohne, dass eine wirkliche Erkenntnis daraus folgt.

Es ist ein bisschen so, wie es der Vers aus "Lace Up" bereits angedeutet hat. Die Karten liegen auf dem Tisch. Doch weil sich in der eigenen Hand nicht wie erhofft die höchste aller Karten, das "Ace of Spades", befindet, wird noch vor dem ersten Zug das gesamte Spiel in Frage gestellt. Dabei wissen Spielerfahrene: Die Partie ist erst vorbei, wenn die letzte Karte gelegt wurde. Und das Pik Ass ist in dem meisten Fällen auch nur eine Karte unter vielen. Doch um diese Erfahrung zu sammeln, muss man vor allem eins: Spielen.

Trackliste

  1. 1. Good Mother
  2. 2. Lace Up
  3. 3. Supposed (Feat. Ceeopatra)
  4. 4. Summer
  5. 5. Fall
  6. 6. Caterpillar - Butterfly
  7. 7. Adults (Feat. Jerome Thomas & Takuya Kuroda)
  8. 8. Cost
  9. 9. Racing
  10. 10. What Have We Become (Feat. Mick Jenkins)

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