laut.de-Kritik

Multiple Gitarren-Orgasmen von hochbegabten Nervensägen.

Review von

Wenn auf großen Metal-Festivals die Multikulti-Truppe DragonForce aus London die Bühne entert, beobachtet man fast jedes Mal das selbe Phänomen. Die jüngere Generation bis knapp unter Dreißig drängt heftig nach vorn zu ihren Lieblingen, während sich viele gestandene Metal-Veteranen nach hinten an die Bierstände verziehen, um das Kommende aus sicherer Distanz bei einer Gerstenkaltschale zu überstehen.

DragonForce ist nun einmal eine (relativ) junge Band, die eher den Nerv der Computer-Generation trifft als den der Altmetaller, die dem meist hyperschnellen, manchmal übertechnisierten, bisweilen künstlich anmutenden Sound weniger abgewinnen können. Das gilt auch für ihre Platten, das neue Album hier eingeschlossen. Dennoch kann man dem aktuellen Werk Einiges abgewinnen.

Das Album startet mit "Reaching Into Infinity" vielversprechend. Der hymnische, getragene Instrumental-Opener hat sehr viel Atmosphäre, ist aber besonders als Titelstück leider zu kurz. Markige Riffs leiten den ersten 'richtigen' Song "Ashes Of The Dawn" ein. Der geht ordentlich nach vorn und erinnert stark an die Teutonen-Metaller Helloween. Tolle Gitarren, schöne vielstimmige Chorusse, leider aber auch ab und an die üblichen Plastik-Keyboards im Hintergrund. Trotzdem insgesamt ein guter Start.

Ein bedeutungsschwangeres, aber sehr synthetisches Intro geht dann über in "Judgement Day", und hier haben wir schon den ersten für DragonForce so typischen Zappel-Track, der sich in punkto Geschwindigkeit selbst überholt. Gleich hinterher kommt der Zwilling "Astral Empire", der genauso atem- und leider auch gesichtslos klingt. Besser, weil druckvoller und schärfer konturiert, macht es "Curse Of Darkness". Hier ist Geschwindigkeit nicht alles und die schönen Doppelgitarren im Mittelteil schwelgen in Wohlklang. So ists recht.

Es folgt der Ohrenschmeichler "Silence", eine wundervolle Metal-Ballade, in der Sänger Marc Hudson seine Stimme so richtig funkeln lässt. Mit "Midnight Madness" kehren DragonForce wieder zurück zum üblichen High Speed-Metal, liefern am Anfang von "War" noch einmal ein kurzes Intro und brettern mit "Land Of Shattered Dreams" gnadenlos gniedelnd weiter. Solche Tracks lösen wohl nicht nur bei mir öfter einen starken Skip-Reflex aus.

Ziemlich eindrucksvoll dagegen präsentiert sich das über elfminütige "The Edge Of The World", in dem die Burschen alle Register zwischen schwebenden akustischen Klängen und rasenden Death Metal-Läufen mit den dazugehörigen Growls ziehen. Hier sieht man einmal, welche Qualität und Bandbreite die Truppe aufbringt. Respekt!

Auch "Our Final Stand" bietet hochwertigen und variantenreichen Melodic Metal mit massig beseelten E-Gitarren, während "Hatred And Revenge" wieder die Tempo-Fanatiker bedient. Der Bonus-Track "Evil Dead" geht dann fast schon als lupenreiner Thrash durch, ein geiler Abschluss eines doch erstaunlich reifen Werkes. Toller Sound, übrigens. Das passt.

Ohne Frage besitzen DragonForce jede Menge Können und Talent. Allerdings gehen sie einem Rocker im fortgeschrittenen Alter wie mir mit ihrer Zappeligkeit und ihren gelegentlichen Videogame-Sounds manchmal ziemlich auf die Nerven. Insgesamt ist das hier aber echte Qualitätsarbeit. Alle Die Hard-Fans werden zurecht über diese Platte jubeln. So soll es ja auch sein.

Trackliste

  1. 1. Reaching Into Infinity
  2. 2. Ashes Of The Dawn
  3. 3. Judgement Day
  4. 4. Astral Empire
  5. 5. Curse Of Darkness
  6. 6. Silence
  7. 7. Midnight Madness
  8. 8. War!
  9. 9. Land Of Shattered Dreams
  10. 10. The Edge Of The World
  11. 11. Our Final Stand
  12. 12. Hatred And Revenge
  13. 13. Evil Dead

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