laut.de-Kritik

More cowbell!

Review von

Cam Cole, seines Zeichens Handlungsreisender in Sachen Alleinunterhaltung, hat für das interessierte Publikum zehn neue Perlen aufbereitet. Die derbe Delta Blues-Nummer und Vorab-Single "Truth Be Told" eröffnet ein Album, das einmal mehr zeigt, warum Cam zu den spannendsten Künstlern zählt, die das Rock-Biz zur Zeit aufzuweisen hat. Schöne Slide-Attacken auf die zwölf, verbunden mit einem Representer-Text, der zwar nicht wirklich viel hergibt, aber wanns schee macht: egal. Nach zwei Minuten zieht das Tempo deutlich an und schubst uns mit einem zufriedenen Grinsen aus der Nummer raus.

Nach wie vor rifft und schlagwerkt der Brite alleine vor sich hin. Lediglich in "Home" und "Freedom" kommt noch ein Bass hinzu. Dies und der öfter auftauchende Einsatz der berüchtigten Cowbell bleiben aber die einzigen artfremden Zutaten, die Cole seinem brodelnden Gebräu hinzu mischt. Ob das die schleichende Black Keyisierung darstellt, bleibt abzuwarten.

Die grundsätzlichen Zutaten behält Cam jedoch bei, nämlich bluesgetränkten Schweine- und Stoner-Rock der Extraklasse. Stimmlich variiert er mehr als zuvor. Da presst er schon mal schön, wie im fuzzigen "Freedom" (was soll eigentlich der seltsame Fade Out?), und gönnt sich am anderen Ende der Ausdrucksform in der wunderschönen Ballade "Look Into The Moon" einen Ausflug in sternenbeschienene Lagerfeuerromantik. Das klingt nicht nur entspannt, sondern birgt mit sehnsüchtig schmachtender Melodieführung hundertprozentiges Gänsehautpotenzial.

Das Stück markiert vorerst den einzigen Ruhepol des Albums. "So Alive" beginnt zwar bluesig verhalten, zieht das Tempo nach 90 Sekunden aber mehr als derbe an. Klingt nach Heavy Folkrock. Danach herrscht wieder das eherne Zepter. QOTSA-stylige Riffgewalt übermannt in "Know What I Mean", nicht minder brachial gibts beim Titeltrack was auf die Löffel. Das tendiert schon fast in metallische Gefilde. Auch hier gilt: Cam zaubert eine Wall of Sound aus seinem begrenzten Instrumentarium, dass es - speziell über Kopfhörer bei Lautstärke elf - eine Wonne für jeden Liebhaber harter Klänge ist.

In "Slave To The Breaks" treibt er das lärmende Element noch einmal auf die Spitze, wenn er um die Klimax herum rifft wie ein DJ auf einer Techno-Party um den finalen Drop. Ganz groß. Bis hierhin kommt das Songwriting sehr klassisch rüber. Mit dem abschließenden "Home" gönnt sich Cam dann eine Extraportion Psychedelik. Für die Dramaturgie wurde das über siebenminütige Epos wohl überlegt ans Ende platziert. Mitten in der Tracklist hätte sich das mitunter sperrige Stück wahrscheinlich nicht ganz so gut gemacht.

Das Cover korrespondiert mit dem Sound der Scheibe ganz hervorragend. Ein pixeliges Bild von Cole auf einem Bike. Die zehn Songs könnten gut und gerne als Untermalung fürs nächste Motorradtreffen herhalten. Passend dazu erklingt ganz am Ende das Geräusch einer quietschenden Türe: Cam Cole has left the building. Der Straßenmusikant schwingt sich auf sein Motorrad und fährt wie Lucky Luke in den Sonnenuntergang. Komm bald wieder, mate!

Trackliste

  1. 1. Truth Be Told
  2. 2. Vibes
  3. 3. I Just Don't Seek To Please
  4. 4. Freedom
  5. 5. Look Into The Moon
  6. 6. So Alive
  7. 7. Know What I Mean
  8. 8. Unleash
  9. 9. Slave To The Breaks
  10. 10. Home

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