laut.de-Kritik

Die Verstehen-Sie-Spaß-Version eines Bukowski-Romans.

Review von

Bietigheim-Bissingen. Irgendetwas muss in diesem Ort anders sein. Vielleicht liegt es an der Luft, vielleicht an der Lage, man weiß es nicht genau. Aber irgendetwas sorgt dafür, dass diese Stadt reihenweise Rapper hervorbringt, die die Heilige Trias aus Drogenmissbrauch, emotionaler Verdrängung und absoluter Egalität vor sich hertragen, als wäre es ihr eigenes Kreuz.

Insofern muss man Bausa wohl ein Kompliment machen. Mit seinem mittlerweile fünften Studioalbum, hat er den Sound seiner Stadt überaus passend eingefangen. "Der Letzte Macht Das Licht Aus" ist besorgniserregend egal. Und man hat das Gefühl, Bausa würde seinen Gemütszustand vermutlich ähnlich beschreiben.

Vermutete man hinter den Texten Bausas real existierende Begebenheiten, müsste man sich wohl Sorgen machen. Bereits im dritten Song hat der Rapper bereits so häufig über ausufernden und völlig sinnbefreiten Alkohol- und Koks-Konsum gesprochen, dass man das Gefühl bekommt, einem ausgewachsenen Suchtmenschen gegenüber zu stehen. "Ich komm vorbei, raub ein paar Lines / Trink den Voddi der noch da ist allein / so wie ein Ehrenmann", rappt er beispielsweise im gleichnamigen Song. Oder: "Wie kann man am 6. Tag noch gerade stehen? / Ich zeig dir wie's geht", heißt es im vielsagenden Track zuvor, "Willkommen Im Schnee".

Zum überbordenden Konsum gesellt sich eine derart depressive Grundstimmung, dass man sich schon kurz fragt, ob das hier nicht doch die Verstehen-Sie-Spaß-Version eines Bukowski-Romans ist. "Ich taumel durch die Stadt / doch ich wünschte es wär nicht so / Ich glaub ich kack bald ab" oder "Jeder Kater wird gekontert / das ist gar nicht mehr besonders / ohne Anlass trink ich Vodka" heißt es beispielsweise in "Wunschkonzert".

Was jedoch ein Bausa-Album von einem Bukowski-Roman unterscheidet ist: Die Meta-Ebene. Das Gefühl eines tieferliegenden Sinns, als hätte der Schöpfer des Werks irgendwo eine Nachricht, eine Moral, eine Metapher versteckt, die sein Schaffen noch einmal in ein ganz anderes Licht rückt. Sowas sucht man auf "Der Letzte Macht Das Licht Aus" vergebens. Dafür ist auch gar keine Zeit, denn Bausa springt so schnell zwischen depressiver Stimmung und 'Alles egal, alles gut, lass uns Party machen' hin und her, dass einem ganz schwindelig wird. Selten hat man den Satz "Mir geht's gut" so oft hintereinander gehört. Und selten klang er unglaubwürdiger.

Ein weiterer Grund, warum Bausa eben doch kein Welt-Literat mehr wird: Es fehlt eine stimmige Atmosphäre. Wobei, grundsätzlich lässt sich an den Produktionen des Albums wenig aussetzen. Die Songs sind allesamt sauber ausproduziert und gut aufeinander abgestimmt. Aalglatt, das schon, schließlich muss alles cool und lässig wirken, aber dennoch merkt man: Hier waren Leute an den Reglern, die ihr Handwerk verstehen. Problem nur: Die Schere zwischen dem clubby Lounge-Vibe der Beats und dem Vibe von Bausas Texten ist so groß, dass eine ganze Papierfabrik dazwischen passt. Man weiß einfach nie genau: Soll man jetzt mitwackeln oder doch mitweinen? Och nee, bitte nicht schon wieder Vodka!

Diese Stimmungs-Differenz und Bausas absoluter Unwille zum Innehalten oder gar zur Reflektion führen dazu, dass das Album völlig belanglos wirkt. Eine vertane Chance - für alle Beteiligten. So bleibt nur die Erkenntnis: "Der Letzte Macht Das Licht Aus" ist ein Album "Ohne Happy End". Und: Wer an der Autobahnausfahrt Bietigheim-Bissingen vorbeikommt, bitte weiterfahren.

Trackliste

  1. 1. Tut Mir Nicht Leid (Feat. Chapo102)
  2. 2. Willkommen Im Schnee (Feat. Jamule)
  3. 3. Ehrenmann (Feat. Bozza)
  4. 4. Flashbacks (Feat. Liz)
  5. 5. Genauso (Feat. Dhurata Dora)
  6. 6. Wunschkonzert
  7. 7. Haifischbecken (Feat. MoeWavy)
  8. 8. So Wie Du
  9. 9. 100 Km/h
  10. 10. Bietigheimer Jungs
  11. 11. Wo Ist Mein Geld?
  12. 12. Hand Aufs Herz (Feat. Cocon)
  13. 13. Ohne Happy End
  14. 14. Viel Passiert
  15. 15. OCB

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6 Kommentare mit 31 Antworten

  • Vor 7 Monaten

    Aus Bietigheim-Bissingen kommen auch Pur, nur mal so als Einschub, ob und was da eventuell falsch laufen könnte.

  • Vor 7 Monaten

    Mucke für Kids, die 2016 dem einen Azzlack mit der engen G-Star und den roten Air Force 1's aus der zehnten nachgeeifert sind und jetzt selbst alt genug sind, um sich am Wochenende die schwäbische Provinztristesse schönzusaufen und sich ein bisschen kosmopolitisch zu fühlen, während der, natürlich allen internationalen Standards gerecht werdende, Plastiktrap aus ihrem neuestem iPhone schwallt.
    Falls das einer von euch Schwabensöhnen lesen sollte: macht euer BWL-Studium fertig, baut euch ein Haus und versauert bitte direkt in eurer Spießerhölle, aber bitte bitte, skippt den part, in dem ihr euch abenteuerlich fühlen und nach Leipzig ziehen wollt!

    • Vor 7 Monaten

      Komm mal bitte klar mit deinem Schwabendiss, du Oesse! :ill:

    • Vor 7 Monaten

      Bausa natürlich Müll und Bietigheim ein Scheisskaff...

    • Vor 7 Monaten

      Ich hab ja selbst paar Sch(w)aben in meinem (erweiterten) Freundeskreis, und das sind alles redliche Kapaune, die sich ihrer schändlichen Abstammung aber auch bewusst sind und möglichst selten darauf pochen, dass der letzte Rest aus dem Wasserkocher jetzt wirklich nochmal zum Teeaufbereiten o.ä. wiederverwertet werden muss :D
      Von daher kein Schwaben-Hate per se, aber das gentrifizierende, knauserige Schaulustigenpack kann sich gerne direkt wieder nach Berlin verpissen, und auch ihre drecks Wulle-Plörre aus den Spätiregalen mitnehmen.

    • Vor 7 Monaten

      Ihr Schwabensöhne habt schwule Töne.

      Wulle? Wasn das? Dachte, die saufen nur ihr tolles Tannenzäpfle.

    • Vor 7 Monaten

      Wenn das Wulle im Späti deines Vertrauens noch nicht überpräsent im Kühlregal steht, dann weißt du, dass dein Kiez noch nicht durchgentrifiziert ist. Von daher: props, Django, ich hoffe, dass der Pott Hipsterfrei bleibt.

    • Vor 7 Monaten

      Da will ja niemand hin ¯\_(ツ)_/¯

    • Vor 7 Monaten

      Tannenzäpfle im Schwabenland. Django: Geographie 4-5. -.-

      Der Neid der Oessen und strukturschwachen Pottbewohner dringt euch Kanaillen aus jeder Pore, ma sagen. ;)

    • Vor 7 Monaten

      mein cousin aus heilbronn sagt auch er mag nicht sein heimat aber ich weis das leute aus leipzig dresden chenmitz sind sehr stolz auf ihr land

    • Vor 7 Monaten

      Tannenzäpfle kommt aus der Badischen(!) Staatsbrauerei Rothaus, hat mit Schwaben also quasi nix zu tun.
      Wulle - zumindest das Helle - ist allerdings tatsächlich ein ekelhafter, geschmacklich flacher Sud von dessen Genuss dringend abzuraten ist. Wenn es schon Wulle sein muss, dann das Pils.
      Die hatten auch mal ein sehr leckeres Weizen, das sehr kräftig und ungewöhnlich geschmeckt hat. Keine Ahnung, ob es das noch gibt. Hatte vermutlich zu viele Aromen für den typischen Pseudobiertrinker, der auf dieses wässerige Helle steht.

    • Vor 7 Monaten

      Schwaben, Baden, Franken, Bayern - Ich mache da keinen Unterschied :mad:

    • Vor 7 Monaten

      Ist wie bei mir mit Oberhausen, Hagen, Essen, Duisburg, Dortmund usw...

    • Vor 7 Monaten

      Oder bei mir mit Gütersloh, Minden oder Hannover, ostwestfälischer Dorflandschaft und dem Münsterland exklusive Münster ;)

    • Vor 7 Monaten

      Stimme auch da vollkommen zu. :lol:

    • Vor 7 Monaten

      An Hagen habe ich gute Erinnerungen, liegt aber an der Dame, mit der ich eine Beziehung hatte. Die Stadt an sich ist, naaajjjaaaa, gibt schönere aber natürlich schlimmere Städte... Wuppertal mMn zB. Unfreundlich sind se fast überall

    • Vor 7 Monaten

      Ihr redet von Provinz und "Braunschweig" fällt nicht?

      Helles natürlich abartige Drecksplörre.

    • Vor 7 Monaten

      Helles hat halt so wenig mit Bier zu tun, dass das auch Leute trinken können, die eigentlich kein Bier mögen.
      Ich könnte jedesmal speien, wenn ich zu einer Abendgesellschaft geladen bin, und der Gastgeber meint er hätte da "was ganz Besonderes" eingekauft, bevor er mit diesem grauenvollen "Allgäuer Büble", "Chiemseer" oder einer ähnlichen dünnen Brühe ums Eck kommt. Kauf ein schönes norddeutsches Pils in der schlanken 0,33er Flasche, Du Lappen, möchte man da am liebsten ausrufen.

    • Vor 7 Monaten

      Norddeutsches Pils ist latürnich auch ekelhaft, sollte klar sein. Aber wer regelmäßig Helles trinkt, wenn es andere Optionen gibt, hat natürlich die Kontrolle über sein Leben verloren...

    • Vor 7 Monaten

      Zum Wohl. Die Pfalz, ihr Hopfen-Huren! :wein:

    • Vor 7 Monaten

      Das ich langsam alt werde merke ich daran dass ich keine Lust mehr habe bei Bierdiskussionen meine abgedroschenen Oettinger Lines zu droppen (hör ich enttäuschte Aufschreie?)

      Aber etwas kann ich doch dazu beitragen.
      In 3 Wochen werde ich doch tatsächlich das Alpirsbacher Kloster besuchen und dort eine sehr ausführliche Führung über mich ergehen lassen und ja…. sehr wahrscheinlich werde ich mich da zu dem ein oder anderen Glas „überreden“ lassen.

      Alpirsbacher unhatebar (beweist mich falsch)

    • Vor 7 Monaten

      "Das ich langsam alt werde merke ich daran dass ich keine Lust mehr habe bei Bierdiskussionen meine abgedroschenen Oettinger Lines zu droppen (hör ich enttäuschte Aufschreie?)"

      :mad: :cry: :mad:

    • Vor 7 Monaten

      Ein gut temperiertes, herbes Pils ist der einzig gangbare Weg um mit Bier einen veritablen Rausch herbeizuführen. Helles ist geschmacklich zu flach und macht einen fiesen Blähbauch, um davon größere Mengen zu konsumieren. Weizenbiere, dunkle oder unfiltrierte Sude schmecken zwar, machen aber satt und am nächsten Tag bei übermäßigem Genuss idR einen üblen Brummschädel.
      Pils hingegen ist auch in größeren Mengen frisch und bekömmlich, und verursacht nichts, was am nächsten Morgen nicht mit einer salzigen Speise und einem gepflegten Schiss zu reparieren wäre.

    • Vor 7 Monaten

      Wie kann ein Mensch gleichzeitig Bierkonsum verherrlichen aber dann nur drei oder vier Sorten kennen? Was ist mit Lager, Kölsch, Alt, Porter, Bockbier, Export, Rauchbier, Ale, Pale Ale, Brown Ale, Indian Pale Ale, Dubbel, Trippel, Kellerbier, Landbier, Schwarzbier, Starkbier....?

    • Vor 7 Monaten

      Was Caps sagt. *rülps*

    • Vor 7 Monaten

      Darf zwar gesundheitsbedingt nix Alkoholisches mehr zu mir nehmen, aber will mal den überflüssigen (haha) Streit der Biersorten anzetteln:

      Alt ist kein Bier, sondern Vita Malz ohne Zucker und Alk.

    • Vor 7 Monaten

      Ich habe mich auf die gängigen Sorten beschränkt, die normalerweise auf Festivitäten angeboten werden. Kölsch und Alt sind regionale Erscheinungen, die anderen Sorten aus der Aufzählung eher was für eine Bierprobe im Craft-Beer-Laden, und lassen sich - außer Export - unter dunkel und/oder unfiltriert subsumieren.

    • Vor 7 Monaten

      Das ist ausgemachter Quatsch, Horst. Dir ist wohl das Paderborner nicht bekommen. Erstmal ist das abhängig davon, was für Festivitäten mensch so besucht. Dein Biermenü klingt sehr nach Wacken, RaR oder Schützenfest. Und die lassen sichbkaum alle unter "dunkel und/oder unfiltriert" zusammenfassen. Erstmal weil da auch filtrierte, helle Sorten bei sind (bzw es manches davon auch in hell und filtriert gibt), dann noch weil du überhaupt nicht in ober- und untergärig unterscheidest und letztlich weil du einen Haufen sehe verschiedener Sorten einfach nur aufgrund geringer Verbreitung und/oder Unwissen zusammemfasst. Alles aufgezählte gibt es bei mir in der Gegend übrigens mindestens im Supermarktregal, etwa die Hälfte auch in der Gastronomievrecht regelmäßig im Ausschank.

    • Vor 7 Monaten

      Helles ist ne typische Sorte im Süden. Hat auch jede fränkische Brauerei im Angebot. Und das ist ist halt auch Schankbier, also zum Essen und zur Brotzeit zu trinken, oder nach Feierabend. Da brauch ich keine herausragende Geschichte on Hopfen und Malz samt Speiseempfehlung, wie bei diesem Craftbeermist, der am Ende doch nur herb und nach Zitrone und zu kräftig schmeckt... Haben die meisten regionalen Brauer mal probiert, is aber nich gelaufen.

    • Vor 7 Monaten

      Hier in Augsburg trink ich immernoch hanseatisches bier seit ionen. Keine Ausnahme. Warum, Fragen mich die süffelnden schwaben? Weil ich es kann.

  • Vor 7 Monaten

    Die ausgewählten Zeilen klingen wie von einer Harald Juhnke-Gedächtnisplatte. Der Depressionslifestyle wird mit der Brechstange vermittelt aber Hauptsache mal wieder einen gekippt, dann geht's einem besser. Richtiger Müll.

  • Vor 7 Monaten

    bausa und casper sollten battlen, wem es schlechter geht.

    geständnis: das finde ich niedlich
    https://www.youtube.com/watch?v=tnuT9Vk7YgU

  • Vor 7 Monaten

    Ich habe vor ein paar Jahren mal ein sehr unangenehmes Gespräch mit 2 Ottos geführt, die 60 Euro für ne halbstündige Clubshow mit Vollplayback von dem Kerl gezahlt haben und mir alles in Sachen Selbstkontrolle abverlangt haben, da die sich kein bisschen verarscht gefühlt haben. Die waren regelrecht beleidigt, als ich das Preis-Leistungsverhältnis dezent in Frage gestellt habe.