laut.de-Kritik

"Bist du nur noch ein Arschloch, wirst du Journalist."

Review von

Hoffnung auf musikalische Geniestreiche und lyrische Reflektionen keimt bei einem Bandnamen wie BRDigung selbstredend nur wenig auf. Vielmehr offenbart die provokante Wortfusion die zentralen und eng gesteckten Themenbereiche der Rockband - fleißige Rebellion gegen das scheiß(deutsche) System eben. Auch auf dem sechsten Album der Kempener geht es gewohnt angriffslustig zur Sache.

Über weite Strecken treiben schmutzige Klampfen und harte Drums den rauen Gesang nach vorne, der in den Refrains nur selten Ohrwurm-Qualität erreicht, während die Worte oftmals zu mechanisch in die Melodien purzeln. Die obligatorischen Schläge gegen Gesellschaft und Medien lassen dabei nicht selten Witz oder Einfallsreichtum vermissen.

Während sich "Alles anders" mit Phrasen wie "Bist du nur noch ein Arschloch, wirst du Journalist" oder "Fickt euch, wir sind nicht das, was ihr wollt" rasch als aufgebrachtes Sammelbecken für Schimpftiraden entpuppt, wirken die plumpen "Huuuureeensooohn"-Sequenzen im Fast-A cappella aus "Mein Lied im Radio" auch mit Augenzwinkern lediglich penetrant und stumpfsinnig. Die explizit aggressive Wortverwaltung in den Lyrics als Gesellschaftskritik zu bezeichnen, ist reiner Euphemismus. Bei all dem Zorn muss natürlich ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein her, das sich beispielsweise in der Trennung von alten Vorbildern manifestiert wie in "Meine Idole sind tot".

Zwischendurch lockern ruhigere Nummern die sonst recht monotone Platte auf, etwa die fast schon countryeske Akustikgitarre im rastlosen "Nur noch ein Wort". Auch die Atempause "Neues Leben" kommt zunächst im erfrischenden Unplugged-Gewand daher, auch wenn das simple Piano-Arrangement verrät, dass die Kompetenzen der Band eindeutig im Gitarreschwingen liegen.

Die Zwischenstation "Pures Gift für mich" erweist sich dagegen als selbiges: Umringt von anstrengenden Autotune-Tapeten bietet Sänger Julian Cistecky profanes Storytelling, das in Zeilen wie "Ich liebe sie, sie liebt mich nicht" gipfelt.

Dass die Kempener ihre textliche Spannweite durchaus erweitern könnten, zeigt das lyrische "Ikarus oder Peter Pan", in dem sich die Klampfen von den gedämpften Powerchords lösen und die überwiegend persönlichen Zeilen auch mal klar untermalen. Derartige Episoden stellen jedoch die Ausnahme dar, denn größtenteils hetzt die Scheibe in knapp einer Stunde durch literarische Engpässe mit zu gewollter Aggression und musikalischer Einfachheit.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Mittelfingerautorität
  3. 3. Kampf gegen die Leere
  4. 4. Ikarus oder Peter Pan
  5. 5. Die Hände hoch
  6. 6. Mein Lied im Radio
  7. 7. Lebst du noch
  8. 8. Nur noch ein Wort
  9. 9. Tanzen im Regen
  10. 10. Pures Gift für mich
  11. 11. Alles anders
  12. 12. Neues Leben
  13. 13. Kraft Liebe Hoffnung
  14. 14. Meine Idole sind tot
  15. 15. Im freien Fall
  16. 16. Outro

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14 Kommentare mit 31 Antworten

  • Vor 6 Jahren

    der übliche scheißdreck, daher natürlich 1/5.

  • Vor 6 Jahren

    Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 6 Jahren

    interessant ist bei diesr sorte klischeebands, dass fast immer dieselben kompnenten auftreten:

    - extrem geschlossene welt- und menschenbilder werden notdürftig als mutige sozialkritik getarnt und platteste, stereotypen als große reflexion ausgegeben.

    - die handwerklichen musikalischen fähigkeiten und einfälle sind ähnlich limitiert wie die obige einstellung.

    - was als große befreiung auftrumpft, entpuppt sich meist als denkfaule verallgemeinerung, die nur zu männerbündlerischer mobbildung oder sektengetüdel taugt.

    - absoluter bierernst paart sich mit pseudorevolutionärer attitüde; so konstruktiv wie ne kneipenklopperei.

    immer traurig, wenn kunst den blickwinkel nicht rweitert, sondern verengt. musik, denen wahnwichtelszene und trumpismus noch zu komplex ist

  • Vor 6 Jahren

    Sind das poltisch gesehen jetzt eigentlich böhse Nachfahrenz oder die socialmediaversion von WIZO abzüglich Wortwitz und Intellekt?

  • Vor 6 Jahren

    rookies und kings sind übrigens das freiwild label. aus diesem grund bekommt man hier etwas, was der angepassten und gleichgeschalteten deutschen musikszene sonst fehlt, nämlich eine eigene kritische meinung. das rituelle aufgejaule der üblichen verdächtigen bestätigt einen doch nur darin, dass es sich hier um ein wichtiges stück musik handelt. musik für menschen die von den systemlügen die nase voll haben.

    • Vor 6 Jahren

      ungeachtet davon, aus welcher politischen ecke die jetzt gekrochen kommen, ist die musi einfach scheiße.
      gebe dir aber insofern recht, das sputum wie feine sahne oder donots hier schon aus prinzip besser bewertet werden, weil sie tüchtig das rote fähnlein schwingen, obwohl natürlich keinen deut besser als der hier vorliegende dreck.

    • Vor 6 Jahren

      "was der angepassten und gleichgeschalteten deutschen musikszene sonst fehlt, nämlich eine eigene kritische meinung"

      Junge junge junge, bei dir ist doch ganz ehrlich Hopfen und Malz verloren. Glaubst du so einen Müll wirklich oder ist das hier alles nur preisverdächtiges Rumgetrolle?

    • Vor 6 Jahren

      Sodi hat das Publikum, das ihn verdient.

    • Vor 6 Jahren

      hehe, schön in der rolle geblieben, sodi-schnuckel.

      du sagst: "nämlich eine eigene kritische meinung".

      eben nicht! das st ja der trugschluss. vgl. nur meinen einstiegscomment.

      ich habe aber auch 2 andere gegenargumente.

      1. wäre das tolles kritisches zeug, dass zum nachdenken anregt, würde ich das ja geil finden. finde ich aber nicht; isses dann wohl auch nicht. :smoke:

      2. aber im ernst: deinen gedanken zuende gedacht, müsstest du eigentlich eine hohe gemeinsame schnittmenge des wohlwollens für derartige politische genreplatten empfinden, die eddy mitunter recht positiv bewertet; zuletzt etwa von hämatom oder in milderer form eisbrecher.

      sollte ich diese gemeinsamkeit eine volle dekade lang übersehen haben? falls ja, wäre das natürlich unentschuldbare unaufmerksamkeit meinserseits. :)

    • Vor 6 Jahren

      @dba: mir geht es hier nicht um die musik. ich kann diesen deutschrock kram nur in bestimmten situationen ab und an mal ertragen...mich regt aber weiterhin das rituelle aufgeheule der gutmenschen auf...hier fehlt eigentlich nur noch skywise...diese leute fordern immer und überall toleranz, aber selbst sind sie kein stück tolerant. ich sehe die gesellschaft immer weiter auseinander driften und einer der gründe ist die intoleranz der politisch korrekten und der gutmenschen, die alles verachten und kleinreden was nicht so tickt wie sie selbst

    • Vor 6 Jahren

      serum 114 waren auch auf dem label, oder? die waren ganz ok. irgendwie...
      Sodi hat schon recht. eine band wie FSF kann darüber singen, dass die nacht anbricht und die nächste polizeiwache nur einen steinwurf entfernt ist. und bekommt props vom maasmännchen und finanzspritzen aus fördermitteln "gegen rechtsextremismus" von "der Königin".

    • Vor 6 Jahren

      gesetzt den fall, du hast recht, sodi, wertet das diese band(s) und ihre schmierigen zeilen aber nicht auf oder macht sie reflektierter. im grunde müsstest du dann doch sagen: "both crap!" oder?

    • Vor 6 Jahren

      @Sodhahn:
      Ich finde es schön, wenn man Leute pauschal des Pauschaldenkens bezichtigt. Merkst Du überhaupt noch was?
      Gruß
      Skywise

    • Vor 6 Jahren

      das ist im grunde wie mit pirinci. dessen zeilen sind auch nicht deshalb weniger eklig, nur weil teile der medien und/oder der gesellschaft versagen. ich finde, man muss immer aufpassen, dass der zorn auf mißstände nicht die ganz falschen ideologen privilegiert.

    • Vor 6 Jahren

      Sodhahn immer noch bester Mann hier, sollte seit Ionen klar sein. Shouts an den homie!

      Skywise ist nicht ganz so schlimm wie dieser Bastard Ragism, aber meistens schon eher so naja unterwegs. Ragism und gewisse Rezensenten hier sind schon noch um einiges spiessiger.

    • Vor 6 Jahren

      Ja! Sodi ist ein rechtgläubiger Ehrenmann und brudi! Und er spricht wahr! Auch wenn ich für skywise nichts empfinde außer innige liebe

    • Vor 6 Jahren

      "gewisse Rezensenten hier sind schon noch um einiges spiessiger."

      ja klar, sonst wären wir ja keine rezensenten, sondern stünden selbst auf der bühne.

    • Vor 6 Jahren

      naja... brian warner hat ganz zu anfang auch als "Musikjournalist" gearbeitet und rezis geschrieben...unter anderem für seine eigene band :koks: :whiz:

    • Vor 6 Jahren

      und wir sehen ja, wo er damit gelandet ist.

    • Vor 6 Jahren

      naja MM hätte anfang 00 an einer überdosis verrecken sollen. am besten mit dem penis einer negroiden transgender sexabeiter*In im anus und Brian Warner hätte dann weiter "kunst" mit/auf absinth machen können und von seinem verdienten cash leben... und alle wären zufrieden gewesen

  • Vor 5 Jahren

    "Die obligatorischen Schläge gegen Gesellschaft und Medien"... Was erwartet man, wenn man sich das Album einer Punkband anhört? Ja doch ziemlich genau das. Sozial- und medienkritische Texte gehören schon immer zu BRDigung und würde man ihnen nicht im Gegenzug vorwerfen, wenn genau das nicht auf der Platte zu finden wäre? Über den Humorgehalt ihrer Lieder lässt sich sicher streiten. Wer die Jungs mal live erlebt hat, weiß um ihren Fable für Beleidigungen und Flachwitze, nicht nur auf der Bühne. Selbstverständlich ist das dann auch in den Liedern zu hören. Kann man authentisch finden oder banal und geschmacklos, aber das kommt wohl auf den persönlichen Humor an.