laut.de-Kritik

Dem Pop-Zeitgeist die Stirn bieten.

Review von

Am linken Rand des Covers von "Shades Of Joy" drängt sich ein Kontrabass ins Bild, von rechts eine halbierte Gitarre mit Tremolo-Hebel. So ein Tremolo hört man in "Leaving Home", es mischt sich zart unter die Hammond-Orgel, ab Minute 2'07". Die fast schon vergessenen Vaya Con Dios aus Belgien liefern auf ihrem (erst) siebten Album in 37 Jahren sehr handgemachten Sound mit der Wärme und dem rhythmischen Drive von Latin-Musik, mit der Intimität von Chansons. Eingestreute Teile droppen die Wucht von Rock in dieses Setting - ganz fein dosiert.

Die Farbsättigung und aufgeräumte Klarheit des einladenden Artworks spiegeln sich durchgehend in den ausgefeilten Arrangements des Albums: prägnantes Akkordeon in "La Vie" und "Dancing In The Rain", elegant führendes Saxophon in "Through With Love", dumpf grunzende Verstärker in "The Thought Of Him".

Als stimmig erweisen sich auch weitere Kombinationen von Ton und Bild. Passend zur 70er-Jahre-Stehlampe könnte man sich beim Hören in der Stadt der Liebe wähnen, wenn sich in Pariser Straßenmusik-Stil das Schifferklavier in wehmütiger Schunkelei wiegt und die Zeit stehen bleibt, sagen wir zum Beispiel bei einem alten Gérard Depardieu-Film. In solchen Momenten blüht eine Kulisse auf, die im vielfach überproduzierten und technisierten Pop unseres Zeitgeistes selten eine Chance hat. Da geht's um die Mellowness, diese Gefühle, die man aus dem französischen Kino kennt, den stillen Umgang mit Erinnerungen, Enttäuschungen ("we hope for the best / we all make mistakes (...) time will put it all in its place") und Fehlern ("life is for learning / I learned the hard way"), um die Abrechnung mit Lebenslügen ("in the mine fields of love / no one is safe"). In einem Soundtrack nach Machart von Yann Tiersens Score "Die Fabelhafte Welt Der Amelie" würde sich diese Musik hier gut machen.

Wo auf dem CD-Artwork die Farben geschmackvoll matchen - Varianten in Rost-Orange und einem Ton zwischen Lachs und Karamel lassen das Mobiliar einladend erscheinen, Dani posiert ganz in Weiß auf einem Laminatboden in Fischgrät-Muster mit edlem Kastanien- und Haselnussbraun - da ergehen sich auch die Kompositionen in harmonisch-ästhetischem Wohlfühl-Sound. Und die Tonqualität des Albums fasziniert. Als stünde man direkt im Studio.

"La Vie" lebt von Serge Gainsbourg-Charisma und Bassläufen, dennoch handelt es sich hierbei um einen Song aus der Feder von Dani Klein und ihren Schreib-Mitstreitern. Mitgewirkt haben Thierry Plas, François Garny und Baï Kamara Jr., lokale Musiker aus der Brüsseler Szene, aus den Segmenten Prog, Fusionjazz und Blues. Der Titelsong "Shades Of Joy" geht als groovy Dance-Funk in die Beine. "Always Something Missing" zitiert Psychedelic Rock und zeitgemäßen Blues, "The Thought Of Him" verwaschenen Wüstenrock mit einem Amplifier, der knattert wie ein alter Trabi-Zweitakt-Motor aus der DDR. Das Budapest Art Orchestra reichert "Una Mujer" mit Geigen und mit Melancholie an.

Danis Stimme überzeugt mit ihrer Range und ästhetischen Brüchigkeit, z.B. in "The Thought Of Him" oder "Kissing Slow" mit einem Touch Marianne Faithfull. Mit Leichtigkeit schwenkt Klein vom Englischen ins Spanische oder Französische. Aus der abwechslungsreichen Scheibe nimmt man zahlreiche Ohrwürmer mit. Ein Album für Genießer*innen!

Trackliste

  1. 1. Kissing Slow
  2. 2. Shades Of Joy
  3. 3. Leaving Home
  4. 4. La Vie
  5. 5. Through With Love
  6. 6. Dancing In The Rain
  7. 7. Always Something Missing
  8. 8. The Thought Of Him
  9. 9. Una Mujer
  10. 10. Maybe
  11. 11. It Isn't Gonna Be That Way

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