Porträt

laut.de-Biographie

Sergio Mendes

Es soll ja noch Menschen geben, die bei Brasilien nicht umgehend an Fußball denken müssen. Schließlich hat das Land neben Ball- auch andere Virtuosen und zudem Samba und Bossa Nova hervorgebracht. Sergio Mendes gelingt das Kunststück, beides mainstreamkompatibel aufzuarbeiten. Er macht brasilianische Musik erst in den USA, dann weltweit populär und gilt bis heute als erfolgreichster Künstler Brasiliens.

Sergio Mendes - Magic
Sergio Mendes Magic
Bei Brasiliens James Last findet Herr Rossi sein Glück.
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Geboren am 11. Februar 1941 in Niterói, einer Satellitenstadt Rio de Janeiros, besucht Sergio Santos Mendes das örtliche Konservatorium. Der Sohn eines Arztes erhält eine Ausbildung zum klassischen Konzertpianisten, arbeitet aber zunächst bei einer großen Textilfirma. Im Rahmen von Modeschauen sorgt er für die musikalische Untermalung. Schon bald weckt der Jazz sein Interesse. In den späten 50ern tritt er in Clubs und Bars auf und spielt gemeinsam mit Antônio Carlos Jobim und João Gilberto.

Mendes erlebt die Anfänge einer neuen Stilrichtung: Bossa Nova kommt auf und stellt den Samba in Frage. Jahre später erinnert er sich im Interview mit der taz: "Für brasilianische Musik war Bossa Nova das, was Bebop für den Jazz gewesen ist: das Tor zur Moderne." Mendes gründet sein Sexteto Bossa Rio und spielt schon ab Anfang der 60er mit zahllosen Jazzgrößen zusammen.

Mit "Dance Moderno" startet er 1961 seine Aufnahmekarriere. Zahllose weitere Platten sollen folgen. Ein Jahr nach dem Debüt-Album steht Mendes' Band bereits im legendären New Yorker Birdland auf der Bühne. Mendes macht Aufnahmen mit Cannonball Adderly und Herbie Mann und unternimmt Konzertreisen nach Europa und in die USA. 1963 sind Mendes und sein Trio auf verschiedenen europäischen Jazz-Festivals zu hören. Auch hier erweist sich das Interesse an Bossa Nova als erheblich. Im folgenden Jahr übersiedelt Mendes nach Kalifornien.

Nach den ersten Alben mit seinem Sexteto Bossa Rio, die bei Capitol und Atlantic erscheinen, findet Mendes in Herb Alpert einen Fürsprecher. Er wechselt zu dessen Label A&M Records. Seine Ende 1965 gegründete Band Brasil '66 mausert sich zu einer Art brasilianischem Gegenstück zu Herp Alberts Tijuana Brass; Sängerin Lani Hall wird später Alperts Ehefrau.

Mit tatkräftiger Unterstützung Herb Alperts erscheint 1966 "Sergio Mendes And Brasil". Das Album enthält eine neu arrangierte Version der Nummer "Mas Que Nada" von Jorge Ben. Mendes landet hiermit einen weltweiten Hit. Erstmals schafft ein portugiesisch gesungenes Stück den Sprung in die Billboard Charts. Single wie Album werden zu Platin veredelt.

Die nachfolgenden Jahre gestalten sich arbeitsreich. Mendes und Combo touren als Warmup-Act mit Tijuana Brass, nehmen weiterhin auf und sind in zahllosen TV-Shows zu sehen. 1967 geht er gemeinsam mit Frank Sinatra auf Tour, 1968 wird Sergio Mendes für seine Interpretation von Burt Bacharachs und Hal Davids "The Look Of Love" für einen Oscar nominiert. Die nachgeschobenen Singles "The Fool On The Hill" (im Original von den Beatles) und "Scarborough Fair" (Simon & Garfunkel) verzeichnen ebenfalls gute Absätze.

Spätestens jetzt gilt Mendes als größter brasilianischer Star aller Zeiten. Er erfreut sich in Brasilien, den USA, Europa und in Japan gleichermaßen immenser Beliebtheit. Sein Song "So Many Stars" findet Eingang unter die modernen Jazz-Standards. Die Kombination aus traditionellen Klängen aus Brasilien mit moderner amerikanischer Pop-Musik macht sich zahllose Fans. Mendes' Kollaborationen mit Stevie Wonder, der ihm "The Real Thing" auf den Leib schrieb, zeigt maßgebliche Auswirkungen auf den Soul.

1971 gruppiert er seine Band zu Brasil '77 um. Mit neuem Lineup und neuer Jahreszahl nimmt er etliche Alben für Elektra auf. Die Verkaufszahlen erweisen sich jetzt allerdings weniger bombastisch, es fehlen die großen Hits. Mendes' Popularität in Südamerika und Japan aber bleibt ungebrochen.

Ein weiterer Besetzungswechsel ergibt The New Brasil '77. Mendes kehrt 1982 zu A&M zurück. Ein Jahr später erlebt er mit "Never Going To Let You Go" ein mächtiges Comeback. Der Song schießt gleichermaßen in die Pop- und die Black Music-Hitlisten und hält sich lange Zeit an der Spitze der Adult Contemporary-Charts. Mehrere nachfolgende Alben profitieren von diesem Hit.

Sergio Mendes tritt im Lauf seiner Karriere zweimal im Weißen Haus auf: Die Präsidenten Nixon und Reagan erfreuen sich seiner Kunst. In den frühen 90ern verändert sich sein Stil ein wenig: Die Band, inzwischen Brasil '99, bewegt sich wieder weg vom Pop und räumt Funk, Jazz und den brasilianischen Ursprüngen wieder mehr Raum ein. 1992 veröffentlicht Mendes "Brasileiro", das im Jahr darauf mit einem Grammy für das beste World Music-Album ausgezeichnet wird: eine Ehre, die überfällig war.

Das Ende der 90er stattfindende Lounge Music-Revival verpasste der Musik des Meisters des poplastigen Brasil-Jazz nochmals einen Popularitäts-Schub. Besonders die klassischen Alben mit Brasil '66 kommen hierbei ein weiteres Mal zu Ehren. "Oceano" (1996 auf Verve erschienen) knüpft nochmals an der Erfolg von "Brasileiro" an. Danach wird es ruhig: Sergio Mendes blickt auf eine mehr als 30 Alben umfassende Aufnahme-Karriere zurück.

Das soll alles gewesen sein? Mitnichten! Beinahe zehn Jahre später kommt - wieder über die segensreiche Hilfe des Labels A&M - der Kontakt zwischen Sergio Mendes und Will.I.Am zustande. Der junge Hip Hop-Produzent aus den Reihen der Black Eyed Peas outet sich als Fan des brasilianischen Altmeisters: Der erste Track, den er jemals gesamplet haben will, soll "Slow Hot Wind" gewesen sein, das unter dem Titel "That Heat" auf "Timeless" zu finden ist. Er bittet Mendes, den Klavierpart zu "Sexy" (erschienen auf dem Black Eyed Peas-Album "Elephunk") einzuspielen. Aus dieser Kollaboration entspringt die Idee zu einer weiter reichenden Zusammenarbeit: "Timeless" erscheint 2006 und präsentiert diverse Klassiker im minimalistischeren, moderneren Gewand.

Die Gästeliste liest sich wie das Who-is-Who der aktuellen Black Music-Szene: Chali 2na von den Jurassic 5, Erykah Badu, Justin Timberlake, Q-Tip, Jill Scott, Pharoahe Monch, Black Thought von den Roots, India Arie, John Legend und Mr. Vegas finden sich da. Daneben, aus Brasilien, Mendes' Ehefrau Gracinha Leporace, der Gitarrist Guinga sowie Marcelo D2, der derzeit wohl populärste brasilianische MC. Stevie Wonder, der während der Aufnahmen zufällig im Nachbarstudio arbeitete, bringt seine Mundharmonika vorbei.

"Nachdem wir 'Timeless' fertig gestellt hatten, fragte Will mich immer wieder: 'Wann fangen wir mit dem zweiten Teil an?'", lacht Mendes im Interview 2008. "Diesmal empfand ich es als sehr wichtig, ihn mit nach Brasilien zu nehmen, zu meinen Wurzeln." Die Zusammenarbeit klappt auch in der nächsten Runde bestens.

"Encanto", zu deutsch "Verzauberung", wartet abermals mit einer illustren Gästeliste auf: Fergie, Siedah Garrett, Carlinhos Brown, Till Brönner, Natalie Cole, Jovanotti, Lani Hall, Juanes, Zap Mama, Herp Alpert und Gattin Gracinha Leporace.

Danach ist jedoch erst mal Schluss mit Will.I.Am. Mit "Bom Tempo" legt der mittlerweile fast 70-jährige das Hauptaugenmerk wieder auf eigene Produktionen und Arrangements mit vorwiegend brasilianischen Künstlern und Künstlerinnen. Klassischer Bossa Nova kommt Mendes indes dennoch nicht in den Sinn. Beinahe die komplette Platte ist auf Dancefloor, gutes Wetter und gute Laune gebürstet. Frei nach seinem eigenen Motto: "Meine primäre Motivation ist es, schöne Songs aufzunehmen."

Alben

Sergio Mendes - Magic: Album-Cover
  • Leserwertung: 3 Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2014 Magic

Kritik von Sven Kabelitz

Bei Brasiliens James Last findet Herr Rossi sein Glück. (0 Kommentare)

Sergio Mendes - Bom Tempo: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 2 Punkte

2010 Bom Tempo

Kritik von David Hilzendegen

An den Haaren herbeigezogene gute Laune. (0 Kommentare)

Sergio Mendes - Encanto: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2008 Encanto

Kritik von Dani Fromm

Traditionelle Kompositionen und Rhythmen in aktuellem Gewand. (0 Kommentare)

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