laut.de-Kritik

Selbst schuld, wenn ihn keiner versteht.

Review von

Reezy fühlt sich missverstanden, und da kann er auch wirklich, wirklich überhaupt nichts für. Er rappt darüber, dass er ein emotionsloser Player ist. Und dann denken alle, dass er ein emotionsloser Player ist, er kann einem leid tun. Dabei ist Reezy doch eigentlich ein Romantiker: "vielleicht mach' ich mit dir heut Nacht ein Baby".

Einer der wenigen Leute, die Reezy verstehen, ist der Synchronsprecher von Samuel L. Jackson, der stellt uns auf dem "Heartless Skit" nämlich die Frage: "... was, wenn dieser Mann ohne Herz, einfach falsch verstanden worden ist, wenn es einen Grund für sein kühles Sein gibt, wenn er doch ganz anders ist und eigentlich nur Liebe will?" Jeder andere würde jetzt wohl diese Prämisse nutzen, um uns zu erzählen, warum er so "Heartless" geworden ist, aber nicht Reezy. Nein, der Meister erotischer Lyrik lässt diese Frage offen und rappt einfach weitere 14 Tracks über sein Sexleben. Ein gottverdammtes Genie dieser Reezy, schwöre sogar.

Okay jetzt mal ganz im Ernst, Reezy ist ja ein handwerklich guter Rapper, und wenn man auf Drill, Trap und etwas R'n'B steht, dann wird man sicher an dem ein oder anderen Track auf dem Album Gefallen finden. Die Instrumentals sind ausnahmslos gut, einige Tracks haben Beat-Switches, die teilweise mitten im Song den kompletten Vibe ändern, aber trotzdem nie deplatziert wirken. Auf dem "Crib Allein Interlude" gibt es ein Gitarren-Solo, und auf "Tiger" singt Reezy eine R'n'B-Bridge.

Das von Miksu/Macloud produzierte "Baby Du Weisst" sampelt zu Beginn "Es ist nicht leicht, ein Clown zu sein" von Mary & Gordy, bevor es dann zu einem Ukulelen Trap Beat übergeht. All das zeigt, dass sich jemand wirklich Gedanken über den Sound von "Mr. Misunderstood" gemachten hat. Um so bedauerlicher, dass das Album inhaltlich so schwach ist.

Klar, nur weil etwas plump ist, muss es ja noch lange nicht schlecht sein, aber es fehlt Reezys Lines an Humor und Kreativität. Er rappt überwiegend punchlinelose Bars über seine One-Night-Stands, denen er nach dem Akt das Herz bricht, aber nicht weil er will, sondern weil er nicht anders kann. Dann gibt es immer wieder Andeutungen auf Skits und in vereinzelten Lines, dass es Gründe für sein kaltes Herz und seinen rauen Umgang mit der Damenwelt gibt. Aber dann nennt er diese Gründe nicht.

"Mr. Misunderstood" ist ein gut produziertes Album eines kompetenten Rappers dessen Texte teilweise unangenehm sind. Und, noch viel schlimmer, wirklich langweilig.

Trackliste

  1. 1. Misunderstood Skit
  2. 2. Dripped Out In Designer
  3. 3. Steady
  4. 4. Shoot
  5. 5. Heartless Skit
  6. 6. Alentine
  7. 7. One Night In Paris/Deep Down
  8. 8. Trusss Mee/Lachs
  9. 9. How Long Skit
  10. 10. Crib Allein Interlude
  11. 11. Tiger
  12. 12. Playa's Circle
  13. 13. Healing Scars Skit
  14. 14. Rude Baby
  15. 15. Red Flags
  16. 16. Doctor
  17. 17. Expensive Shit
  18. 18. Baby Du Weisst
  19. 19. Moodswings
  20. 20. Circle Of Life Skit

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4 Kommentare mit 2 Antworten

  • Vor 10 Monaten

    Hab durchgehalten und durchgehört. Gibt mir nichts. Auf Bewusstseinsebene ist das sehr materiell und primitiv. Lil' Baby's - Go Hard schrottet für mich das ganze Album. Das gibt mir Motivation auch Gas zu geben. Generell haben die Amis einen motivierenderen Hype bzw feiern ihre Erfolge, das find ich geil. Metro Boomin, 21 Savage etc. Ufo 361 kann da auch mitmischen. Da wird man in den Film hineingesogen.

    Dann gibt es noch sowas wie The Underachievers und überhaupt der Flatbush district, der auf vielen Ebenen die Fans bedient. Common Leakers Freestyle hat auch einen Mehrwert.

    Die Produktion und Qualität kann ich auf jeden Fall respektieren und als Inspiration sehen, die Delivery fehlt mir aber. Mal schauen was er mit dem nächsten Album droppt.

  • Vor 10 Monaten

    Für euch ist aber auch jeder ein handwerklich guter Rapper, der einen langweiligen, zigfach gehörten Style ohne Stottern vortragen kann, oder? Da hatten selbst so lächerliche Figuren wie Schnabel oder Illo früher mehr Eigenständigkeit und Skills. Und die hatten definitiv keine Eigenständigkeit und Skills.

  • Vor 10 Monaten

    Vocals teilweise zu laut gemixt und der Sound ein wenig zu sehr von Drake gebitet, als dass man da was vor sich liegen hat, was man in ein paar Jahren nochmal hören wollen würde.

  • Vor 10 Monaten

    Mochte anfangs seine Stimme und fand seine -teilweise selbst produzierten- Beats nicht schlecht. Seitdem hab ich immer das Gefühl, dass da viel mehr drin wäre, aber irgendwie ist er vom Sound her trotzdem einfach ein weiterer generischer Deutschrapper mit auffällig schwachen Lyrics. Das ist auch bei diesem Album nicht anders, hab nicht das Gefühl, dass da irgendeine Weiterentwicklung zu erwarten ist.