laut.de-Kritik

Perfekt und poppig produziertes Retro-Album.

Review von

Norah Jones überrascht auf "Visions" mit einer luftigen Mischung aus einem Allerlei, das sich zu einem gut durchhörbaren Ganzen fügt. Es purzeln durcheinander: Lockeres Easy-Listening-Slower Midtempo wie in "That's Life", rockig gestaltete Momente in "Staring At The Wall" mit Understatement und Garage-Surf-Bass, sonniger Westcoast-Soul in "All This Time" und im Schlafzimmer-Song "I'm Awake". Auch lebt die 44-Jährige einige Sixties-Beat-Reminiszenzen aus, z.B. in "Paradise" mit je einem Hauch von Chanson, Psychedelic und Stehblues, im Falle von "Queen Of The Sea" sogar noch mit einem Schuss Country on top.

"Swept Up In The Night" atmet Kirchenluft im angejazzten Gewand. Mit Vocal Jazz im engeren Sinne hat die Platte relativ wenig bis fast gar nichts zu tun, am ehesten noch das hingebungsvoll vorgetragene "Alone With My Thoughts" am E-Piano, sowohl gesanglich als auch in der Gestaltung der stillste, aber spannendste Beitrag des wenig aufregenden, zugleich sehr schönen Albums. Die letzte Platte "Pick Me Up Off The Floor" und das zurück liegende Live-Album wirken meilenweit entfernt auf der Landkarte der Musik-Genres. Hier hat die Künstlerin sich vom Ballast irgendwelcher Erwartungen frei gemacht und was Neues eröffnet.

"On My Way" ist Flirt-Softpop, der in seinen brokaten, üppigen Passagen theoretisch von Phil Spector produziert sein könnte. Gesampeltes Vögelzwitschern und ruhige Abschnitte lösen sich von dessen Wall of Sound-Textur. In den Lyrics bezirzt die Protagonistin ihren Lover sanft mit Statements wie "Im Dunkeln brauchst du keine Angst haben / in der Nacht kannst du lernen zu lachen und zu spielen", wobei Norah jeweils ein Wort pro Zeile doppelt: "In the dark-dark (...) / in the night-night (...) / in the light-light (...) / we make it right-right" usw. Anspruchslos, aber süß!

Das Titelstück "Visions" bringt als reduzierte Ballade die Norah-typische versunkene, innige Ruhe in den Flow der Platte ein, verbreitet vor allem Vocals, Trompete und gezupfte Gitarren. Besonderes Highlight schon aus rhythmischen Gründen ist der Piano-Pedal-Soul "Just Wanna Dance" mit angenehm groovender Bassline, üppiger Americana-Pop-Instrumentierung und diesem wohligen Coming-Home-Gefühl von on-the-road-Balladen der 70er. In Summe: Viel Retro!

Die Künstlerin aus Manhattan spielt auf den meisten Stücken Bassgitarre, E-Gitarre, Keyboards, Klavier, singt, hat getextet und die Songs komponiert und arrangiert. Drummer, Ko-Gitarrist und Baritonsaxophonist ist Leon Michels, der sich auch an der Produktion beteiligt. Leon genießt Bekanntheit durch seine Arbeit mit den Black Keys, The Arcs, der Menahan Street Band, Aloe Blacc, Lady, Lee Fields, dessen Expressions, Hanni El Khatib, Sharon Jones und Charles Bradley. Er hat auch früher schon mit Norah musiziert. Den beiden gelingt hier eine sehr schöne Platte, die zwar gefällig und Mainstream-tauglich, aber über jede Kritik erhaben ist.

Trackliste

  1. 1. All This Time
  2. 2. Staring At The Wall
  3. 3. Paradise
  4. 4. Queen Of The Sea
  5. 5. Visions
  6. 6. Running
  7. 7. Just Wanna Dance
  8. 8. I'm Awake
  9. 9. Swept Up In The Night
  10. 10. On My Way
  11. 11. Alone With My Thoughts
  12. 12. That's Life

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3 Kommentare

  • Vor einem Monat

    Puuuuuh... Ist das langweilig... Richtig ödes Songwriting, saudumme Texte, unmotivierte Melodien, komplett hookbefreit.

  • Vor einem Monat

    Ich bin auch enttäuscht von der Scheibe. Eigentlich mag ich NJ und ihre Musik sehr. Auch als Metaller schaut man gern über seinen Tellerrand. Musikalisch hält sie sich an die Klischees, die hoffentlich funktionieren. Klar, das Ganze ist handwerklich gut gespielt, keine Frage. Ihre Stimme ist auch immer noch schön zu hören. Aber ich hätte mir musikalisch ein paar Experimente mehr erhofft. Das Album driftet irgendwo. Die Songs sind nicht schlecht, aber das gewisse Feuer fehlt.
    Ich würde die Platte nicht als Fall für den Mülleimer einstufen. Aber bestimmt auch nicht als eine Scheibe, die in Rotation laufen würde. - Meine Tipps:
    Staring at the Wall, Queen of the Sea und Alone in my Thoughts. Die Songs sind keine Übernummern, aber sie haben was.
    Seien wir mal nicht zu hart - es ist sehr schwierig, der modernen Unterhaltungsmusik noch neue Akzente hinzu setzen können.
    Das Album ist sicher kein Müll, aber es haut halt auch nicht weg.

  • Vor einem Monat

    Bin auch eher zwischen gefällige Frühstücksmusik und meh.
    Positiv formuliert gibt das Album einem keinen Grund, stattdessen nicht einfach ihr bestes (Little Broken Hearts) aufzulegen.