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Harlem Cultural Festival

"The revolution will not be televised", brachte es Gil Scott-Heron einst auf den Punkt - auch wenn er später beteuerte, es so schrecklich ernst gar nicht gemeint zu haben: "Ich habe früh gelernt, dass das Publikum Songs so versteht, wie es sie verstehen will, nicht so, wie du dir das vielleicht gedacht hast", zitiert ihn der Telegraph. "'The Revolution Will Not Be Televised', das war Satire. Die Leute kamen und sprachen von der ach so militanten Botschaft. Aber wie militant kannst du denn bitte sein, wenn du sagst: 'The revolution will not make you look five pounds thinner'?"

Satire hin oder her, es passiert aber: Wirklich bahnbrechende Dinge finden medial zuweilen überhaupt nicht statt. Ahmir ?uestlove Thompson, den meisten als Gründer und Drummer der Roots bekannt, wählte den Untertitel für seinen Dokumentarfilm "Summer of Soul" also weise. Er lautet: "... Or, When The Revolution Could Not Be Televised".

Während Woodstock für die meisten Musikinteressierten ein feststehender Begriff ist, hörten sehr, sehr viele Menschen erst Jahrzehnte später zum allerersten Mal vom Harlem Cultural Festival. Das trug sich, knapp 100 Meilen entfernt, ebenfalls 1969 zu. Über 300.000 Besucher*innen strömten zu diesen Konzerten in den Mount Morris Park nach New York - und niemand sprach darüber?

Ein Schelm, wer da vermutet, das Desinteresse könne damit zusammenhängen, dass Line-Up wie Publikum überwiegend Schwarz waren. Unter anderem traten auf: Nina Simone, B. B. King, Sly & the Family Stone, The 5th Dimension, Gladys Knight & the Pips, Stevie Wonder, Mahalia Jackson und viele weitere.

Filmemacher Hal Tulchin dokumentierte das Festival zwar seinerzeit, fand aber keinen Abnehmer für sein Material. Irgendwann gab er frustriert auf und bunkerte die Aufnahmen in seinem Keller, wo sie über Jahrzehnte hinweg verstaubten. 2017 starb Tulchin. Erst als die Produzenten David Dinerstein und Robert Fyvolent Wind von den Mitschnitten bekamen, kam wieder Bewegung in das Projekt.

Sie engagierten Questlove, der mit "Summer Of Soul" sein Regiedebüt hinlegte - und was für eins: Der Streifen feierte 2021 beim Sundance Film Festival Premiere, wo er den Großen Preis der Jury und den Audience Award einheimste. Im Jahr darauf gesellten sich der Oscar für den besten Dokumentarfilm und ein Grammy als bester Musikfilm dazu.

Was lernen wir daraus? The revolution can be televised. Es dauert manchmal nur eben sehr, sehr lange.

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