Ein US-Bundesgericht entschied am Dienstag, dass Provider künftig Kundennamen auf Nachfrage der Musikindustrie herausgeben müssen.

USA (dvp) - Ein Präzedenzfall an einem amerikanischen Bundesgericht könnte ernste Konsequenzen haben: Richter John Bates gab dem amerikanischen Musikbranchenverband RIAA das Recht, den Namen eines Benutzers des Internet-Servicedienstes Verizon zu erfahren, der über 600 Musikstücke über die Tauschbörse Kazaa im Internet zum Download angeboten hatte. Der Richter begründete seine Entscheidung mit dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) von 1998. Danach ist ein Provider verpflichtet, urheberrechtliche Inhalte zu entfernen, sobald er von dem Rechteinhaber von dem Missbrauch aufmerksam gemacht worden ist.

Dieses Gesetz, wie auch das Urteil, ist umstritten. Der Online-Dienst Verizon hat gegen die Entscheidung bereits Berufung eingelegt. Er sieht darin eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre der Benutzer. Mit dieser Meinung steht Verizon nicht alleine da - auch andere Internetfirmen und Bürgerrechtsgruppen kritisieren das Urteil. Die Musikindustrie allerdings begrüßt die Entscheidung des Gerichtes sehr, denn sie gibt ihr Mittel in die Hand, gegen sogenannte Musikpiraten vorzugehen, die im Internet Musik zum kostenlosen Download anbieten und damit die Industrie erheblich schädigen.

Dateien nicht nur herunter zu laden, sondern auch anzubieten, gehört in der Welt der Musiktauschbörsen allerdings fast zum guten Ton, Millionen von Usern geben bestimmte Ordner auf ihren Rechnern frei, während sie sich im Netz bewegen. Den Eindruck, dass nach den kommerziellen Diensten nun auch der einfache User ins Visier gerät, versucht die RIAA zu zerstreuen: es handle sich eben um einen besonders schweren Fall.

Doch damit verstärkt sie nur die Verunsicherung durch Willkür. Würde die RIAA auch in der letzten Instanz gewinnen, sähe es für die Millionen "Musikpiraten" schlecht aus. Die Musikindustrie könnte diese User ohne Klage identifizieren und zur Verantwortung ziehen. Fiele aber das Interesse an Tauschbörsen aus Angst vor möglichen Folgen weg, bräuchte niemand mehr DSL, Satelliten-Connects oder ähnliches; Verizon malt drohend eine weitere Abwärtsspirale in der Internetwirtschaft an den Horizont.

Die rund sieben Millionen User in Deutschland sind vorerst noch sicher vor strafrechtlicher Verfolgung. Doch aus der Europäischen Copyright-Verordnung, die nach Angaben des Spiegels dem Bundestag derzeit zur Beratung vorliegt, geht hervor, dass auch die deutsche Musikindustrie Zugriff zu Benutzerdaten haben soll. Allerdings soll in Deutschland zuvor eine Strafanzeige vorliegen.

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