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(Foto: Justus Grotenhöfer. Dankeschön.)

Bleiben wir kurz bei diesem Thema. Kollegin Dani Fromm hat sich ja auch schon mit dem Kollabo-Projekt von Liser und Taby beschäftigt und irgendwie sind wir uns schnell einig geworden, dass trotz Sympathien irgendetwas noch nicht so recht daran klickt. So hat sich beim Redigieren der Doubletime parallel ein Gespräch darüber aufgetan, warum das so für uns nicht zündet. Und weil die Punkte darin eigentlich ganz sinnvoll klangen, habe ich es hier hereintranskribiert:

Dieser Yannik™: Magst du dir auch mal den Liser-Taby-Song anhören und mir sagen, ob ich da was voll Offensichtliches nicht raffe oder ob das echt einfach sehr random ist, bitte?

Yo Grandma Fromm: Yo, mach ich gleich, sobald ich hier durch bin.

Yo Grandma Fromm: Ich muss ja erst mal ALLE Porträts verlinken, in deiner Kolumne, das hast du ja konsequent vergessen. ;)

Dieser Yannik™: Ups.

Yo Grandma Fromm: Und nein, dieses Liser-Taby Pilgrim-Ding kann ich auch nicht erklären. Verfolge das ja schon von Anfang an (hatte auch schon mal eins in der Doubletime), find' das auch ganz gut gemacht, aber auch so gewollt und aufgesetzt, alles, dass es irgendwie gar nicht zündet.

Dieser Yannik™: Es fühlt sich für mich echt wie eine Mischung aus Unireferat und YouTube-Musikvideoparodie von 2012 an. Das Handwerk stimmt, der Inhalt ist an sich cool, aber es hat keinen Impact. Ich schau' mir das an und denke: Ja, da sind definitiv gerade Dinge passiert.

Yo Grandma Fromm: Es ist halt einfach viel zu viel Kasperletheater drumherum, das von den Tracks selbst ablenkt. Wenn ich einen Song hören will, will ich mich nicht erst zwei Minuten durch einen gespielten Witz hangeln müssen!

Dieser Yannik™: Der Song selbst ist aber ja konsequent auch Kasperletheater. Sie hatten eine Idee, die Idee ist verpackt in diese Wild-West-Kostümparty, daraus bauen sie dann einen Storyteller, der aber viel zu wenig Platz zum Wirken hat, denn ein Großteil des Songs sind trotzdem wieder Slogans, die aber aus dem Mund der Figur im Text in diesem Thementrack-Rahmen kommen. Und das ist dann so viel gleichzeitig, dass es mir wirklich schwerfällt, mitzunehmen, worum es eigentlich gehen soll.

Dieser Yannik™: Ich sage nicht, dass Rap nicht kompliziert sein darf, aber ich glaub', je komplexer und vielschichtiger du etwas machen willst, desto stärker muss dein konzeptuelles Verständis sein, was genau du machen willst. Und ich werde hier das Gefühl nicht los, dass die ganze Kostümparty und die Ironie davon ablenken sollen, dass sie eben nicht den ganzen Weg gegangen sind, zu Ende zu denken, was dieser Song erreichen will.

Yo Grandma Fromm: Ich glaube, dieses Ironie-Ding stört mich am meisten. Das ist einfach, egal, wo es eingesetzt wird, immer feige. Entweder will ich etwas genau so machen, Schlager, Cowboykasperletheater, Dorfdiscorummelbumms, egal! Dann muss ich es aber aus vollem Herzen machen und nicht so ein Sicherheitsnetz dahinterfädeln, in das man sich dann fallen lassen kann, wenn jemand sagt, diesdas sei nicht so cool.

Yo Grandma Fromm: Und da wären wir mal wieder am Punkt: Genau deswegen liebe ich Scooter. Die wollen einfach genau das machen, das sie da machen. Nicht wie Fatoni, der offensichtlich Trap machen will, das aber irgendwie unter seiner Würde zu finden scheint.

Dieser Yannik™: Hahaha, ja, genau das ist es aber, was mich daran auch so stresst. Diese "have your cake and eat it too"-Menatlität.

Yo Grandma Fromm: DANN MACH DOCH TRAP, ES IST OKAY, JUNGE!

Dieser Yannik™: Zu viele deutsche Rapperinnen und Rapper haben diesen Bezug zu Trap, dieses "Ich bin besser und klüger als Trap (aber höre es den ganzen Tag und finde, es klingt richtig geil), sowas würde ich ja nie machen (oder? doch?? [neinnn, echt nicht] {UNLESS?!}])"

Dieser Yannik™: Und gerade bei Liser und Taby kommt dazu, dass man doch eben einfach merkt, dass sie verunsichert sind.

Dieser Yannik™: Sie würden wohl wirklich gerne cool und badass und keine Ficks gebend rüberkommen.

Yo Grandma Fromm: ... was sie aber definitiv nicht tun.

Dieser Yannik™: Sie geben offensichtlich Ficks und wollen diese Ironie-Ebene, damit sie sich vor potentieller Kritik abschirmen können. Und das ist ja ein verständlicher Mechanismsus.

Yo Grandma Fromm: Verstehe ich auch, keine Frage. Aber das ist es halt: ein Sicherheitsnetz. Damit man hinterher sagen kann: "Guckmal, hihi, war doch gar nicht so gemeint."

Dieser Yannik™: Das Ding ist ja, die sind offensichtlich talentiert. Gerade bei Liser habe ich echt oft das Gefühl gehabt, dass die richtig geil rappen kann. Wie sie in der Folge davor auf dem Beat mit dem Sims-Sample geflowt hat, war krass! Aber ich habe die beide schon krass rappen gehört!

Yo Grandma Fromm: Aber das ist halt auch so ein Szene-Mechanismus: Die sind richtig gut und werden trotzdem nicht ernstgenommen. Das ist frustrierend, aber so ein Format hilft ihnen dabei genau nicht weiter.

Dieser Yannik™: Entweder müssen die beiden lernen, den Cringe zu embracen und ohne Sicherheitsnetz ihr Ding zu machen, oder sie müssen das Pferd rückwärts aufzäumen und eine Präsentation anpeilen, in der sie sich Raum für solche Unsicherheiten und Verwundbarkeiten verschaffen.

Dieser Yannik™: Weil selbst abseits von dieser Ironie-Sache: Das ganze Ding hat einfach so viele Schichten, hinter denen sie sich verstecken. Die Kostüme, die Meta-Ebenen, ihre semi-berühmten Freunde, das Format. Die ganze Hihi-Attitüde. Das ist temporäre Hilfestellung dagegen, dass es absolut terrifying ist, eine öffentliche Rapperfigur zu sein, aber langfristig macht es ihnen das an allen Fronten nur schwerer.

Dieser Yannik™: In ihrer Beschreibung steht: 'Die beiden Rapperinnen Liser und Taby Pilgrim haben sich das 'JA'-Wort gegeben. Bis zum 22. Juli veröffentlichen sie alle zwei Wochen einen neuen Song und eine Episode ihrer Mini-Serie. Mit diesem audiovisuellen Projekt verhandeln sie satirisch die Frage, wie es eigentlich so ist, als Frau im Rap – und setzen sich gemeinsam gegen die Tücken des Musikbusiness durch.' Und das Ironische ist: Irgendwie machen sie damit genau das Gegenteil davon.

Yo Grandma Fromm: Ja. Echt bitter schade.

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2 Kommentare mit 2 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Die größte Tücke, die in einem Musikbusiness vorherrscht, ist in erster Linie gute Musik zu machen. Wenn du das nicht hinkriegst, brauchst du dich auch nicht über strukturelle Probleme beschweren.

    Ich hab immer das Gefühl, dass diese ganzen Feminismus-Rapperinnen glauben, dass sie tatsächlich eine Schnitte hätten, wenn all der System-Bums nicht da wäre. Aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass eine Sookee oder die beiden hier auch in einem solchen Parallel-Universum nur Randerscheinungen wären, eben weil niemand mit ihrem didaktischen Von-oben-herab-Rap vibet.

    Man kann sich ja auch die misogynen Rapper mal ansehen und schauen, was sie so erfolgreich macht: Sie halten keine Vorlesung darüber, wie scheiße sie mit Frauen umgehen und warum das für sie richtig ist, sie rappen einfach sexistisch über Frauen. Wenn Farid Bang jetzt noch eine Power Point zu jedem Song mitliefern würde und irgendwelche unlustigen Filmchen in seine Songs packt, würde das auch keine Sau schauen.

    Vielleicht sollte man sich mal im Klaren sein, was Musik in erster Linie sein will: Ein gelebter Gefühlsausdruck. Alles andere lenkt davon ab. Wer fundierte Meinungen zu etwas äußern will, sollte lieber Bücher schreiben oder Podcasts halten. Musik ist dafür in vielen Punkten einfach ein undankbares Format.