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Pt. 2

Flowers

Auch dieser Song klingt in keinster Weise fertig, vor allem der Beat benötigt noch einige Stunden harte Arbeit, aber von allem Material, das Ye der Öffentlichkeit bisher zur Verfügung stellte, stimmt mich "Flowers" am zuversichtlichsten, dass "Donda 2" vielleicht doch ein spannendes Album werden könnte. Hier ist endlich einmal so etwas wie eine neue Idee zu hören, die nicht einfach nur wie eine halbgare B-Side des ersten "Donda"-Albums klingt.

Das Sample erinnert an Kanyes alten Produktionsstil, auch wenn es im spärlich bestückten Mix etwas sehr auf sich allein gestellt ist. Kanyes Stimmeinsatz klingt lebhaft und leidenschaftlich, und die Melodie im Kern des Songs ist großartig. Seit Tagen kriege ich die Hook nicht mehr aus dem Kopf. Das Klatschen am Ende hat außerdem das Potenzial dazu, in einer finalen Version einer der größten Gänsehaut-Momente in Yes jüngerer musikalischen Vergangenheit zu werden. Selbst in dieser Fassung mein absoluter Liebling dieses Rollouts bisher.

Security

.. dicht gefolgt von diesem Song. Wie "Flowers" benötigt auch der knöcherne Beat von "Secruity" einiges an Fine-Tuning, aber die Stimmung, die bereits diese Demo versprüht, ist absolut mörderisch. Das Instrumental klingt wie die nächste Entwicklungsstufe von "Yeezus": noch düsterer, noch minimalistischer, noch industrieller.

Sicherlich lässt sich darüber streiten, ob Kanyes fast schon psychopathische Drohungen ("I put your security at risk", "Never stand between a man and his kids") angesichts seiner mentalen Verfassung und jüngsten Social Media-Eskapaden den Song entzaubern und zu einem vor Gericht einsetzbaren Beweisstück für eine einstweilige Verfügung machen. Wenn man das allerdings für einen Moment ausklammert, was einem in ein paar Monaten hoffentlich etwas leichter fallen wird als jetzt, dann muss man festhalten, dass einen Yes aggressives Charisma in diesen knappen zwei Minuten förmlich überrollt. Alleine der Moment, wenn er knurrend in das instrumentale Donnergrollen einsteigt, gibt einem das Gefühl, mit bloßen Zähnen in einen Ziegelstein beißen zu wollen.

We Did It Kid (feat. Baby Keem & Migos)

Welches Feature wollt ihr niemals auf einem Kanye West-Song hören? Bevor ich "We Did It Kid" zu hören bekam, wusste ich auf diese Frage nicht wirklich eine Antwort, weil ich dachte Ye könne wirklich aus jedem Musiker und jeder Musikerin das absolute Maximum herausholen. Nun bin ich mir jedoch ziemlich sicher, auf weitere Kollaborationen zwischen den Migos und Kanye verzichten zu können. Nicht einmal, weil ihr Part besonders schlecht wäre, die drei Jungs bringen aber einfach eine Energie mit, die durch und durch nach Industrie, Trap für Anzugträger und Kalkül mieft.

Es hilft natürlich auch nicht, dass Kanye hier quasi nicht präsent ist und der Song nach einem starken Baby Keem-Intro zu einem mittelmäßigen Migos-Track verkümmert. Wäre das eine Solo-Single des Trios, würde ich das Stück wahrscheinlich sogar loben, aber auf einem Kanye-Album klingt dieser 0815-Trap einfach komplett fehl am Platz.

Pablo (feat. Travis Scott & Future)

Ähnliches gilt für "Pablo". Der Track passt zwar zugegebenermaßen deutlich besser in das düstere Klangbild, das Songs wie "Security" zuvor etablierten, und die Hook ist verdammt catchy, aber unterm Strich unterscheidet sich das nicht allzu sehr vom Output der artistisch eher weniger ambitionierten Trap-Pappkameraden aus Übersee.

Der Verse von Ye ist zudem trotz einiger cooler Flows ein kompletter Throwaway, und Future klingt auf diesem Beat einfach mal so überhaupt nicht präsent. Im Gegensatz zu "We Did It Kid" lässt sich hier zumindest ein wenig mehr Potential erkennen, aus diesem Konzept noch etwas Interessanteres herausholen zu können. Allzu große Hoffnungen würde ich mir diesbezüglich aber nicht machen.

Louis Bags (feat. Jack Harlow)

Der Bodensatz ist allerdings erst mit "Louis Bags" erreicht. Das ist nicht einmal eine Demo, das ist eine Frechheit. Kanye wiederholt die an und für sich starke Line "I stopped buying Louis bags after Virgil passed" für zwei Minuten über einen absolut nichtssagenden Beat, bis einem die Füße einschlafen, und lässt dann hinten raus Jack Harlow mit einem bestenfalls durchschnittlichen Verse den Karren aus dem Dreck ziehen.

Es ist nicht abzusehen, wie dieser Song in einer fertigen Version klingen könnte, dafür hat er einfach viel zu wenig Struktur und System. Aber sollte es auch nur ungefähr so klingen wie das hier, muss "Drunk & Hot Girls" den Platz des schlechtesten Tracks in Kanyes Diskographie freiräumen. Immerhin musste ich über das Kamala Harris-Sample lachen, als ich "Louis Bags" das erste Mal hörte.

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