Seite 2 von 26

"Donda 2": Track by Track

Weiter zur Musik: Ich würde ja gerne behaupten, Yanniks Indifferenz gegenüber Kanyes jüngst veröffentlichter unfertiger Musik zu teilen, und auch wenn ich noch nicht an dem Punkt angekommen bin, 200 Kröten für einen runden, bunt blinken iPod zu zahlen, stellte ich mir vor zwei Wochen eben doch wieder einen Wecker auf fünf Uhr morgens, um die Listening Party zu "Donda 2" live mitverfolgen zu können.

Seitdem folge ich trotz meiner anfänglichen Ablehnung der Entwicklung, die das Album durchmacht, leidenschaftlicher als es mir lieb ist. Deswegen sprechen wir "Donda 2" jetzt Track für Track durch und wagen eine Prognose, ob das Projekt bereits jetzt nicht mehr zu retten ist, oder ob es sich vielleicht doch als Rohdiamant entpuppt.

Ich würde die jeweiligen Songs gerne verlinken, aufgrund der Stemplay-Exklusivität des Ganzen ist das mir allerdings leider nicht möglich. Falls ihr die Songs aber trotzdem hören wollt ...


(Ihr habts nicht von mir.)

True Love (feat. XXXTentacion)

Vielleicht der rundeste Track der gesamten LP. Als erster Song der Listening-Party ließ er binnen Sekunden jegliche Zweifel vorerst wieder verfliegen. Es schien wirklich so, als präsentiere uns Ye ausnahmsweise ein fertiges Produkt. Dass er für die Hook alte Archivaufnahmen von XXXTentacion ausgrub, lässt zwar vermuten, dass der Song bereits im Rahmen der Yandhi-Sessions entstand und bereits eine Weile auf dem Studioboden verweilte, aber im Falle von "True Love" kommt das dem Ergebnis zugute.

Das Endprodukt klingt nämlich durchaus stimmig. Kanye liefert mit seinem Part ordentlich ab, und Xs gespenstische Vocals sind ein hervorragender Mood-Setter. Für ein emotional beladenes Album über Liebe, Trennung und Schmerz eignet sich "True Love" einwandfrei als Opener.

Broken Road (feat. Don Tolliver)

"Broken Road" greift die eröffnende Melancholie auf und spinnt sie auf wenig aufregende, aber solide Art weiter. Der Track fungiert als Interlude durchaus passabel, für ein vollwertiges Stück fehlen mindestens ein weiterer Verse und eine etwas dynamischere Songstruktur. Der Sound dieser Skizze klingt sehr stark nach "Donda", wäre darauf aber zwischen Nummern wie "Moon" oder "24" komplett untergegangen. Hieraus könnte etwas Großartiges entstehen, in diesem Zustand ist der Song allerdings nicht wirklich der Rede wert.

Get Lost

Jetzt erreichen wir den Moment, an dem es offensichtlich wird, dass das Album noch nicht einmal annähernd fertig ist. Mit seinen in Autotune ertrinkenden Vocals erinnert "Get Lost" stark an den verwaschenen Sound von "808s", und in den ersten Sekunden entfacht der Song tatsächlich etwas von dessen Magie. Kanye klingt müde, und Zeilen wie "Do I still cross your mind? If not, then nevermind" zeugen in der genuschelten Art, wie er sie vorträgt, von genuiner Traurigkeit.

Das anfängliche positive Gefühl kippt allerdings relativ schnell in Verärgerung, wenn man erkennt, dass der Song seine eine musikalische Idee über zwei Minuten solange wiederholt, bis sie ihren Reiz verliert. Erneut: Auf halber Länge würde das als Interlude funktionieren, aber musikalisch müsste doch noch einiges geschehen, um mein Interesse über die gesamte Spielzeit aufrecht zu erhalten.

Seite 2 von 26

Weiterlesen

Noch keine Kommentare