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Skinny, please help!

Aber fangen wir mal mit leichtem Skandalisieren an. Skinny, den ich eh ganz gerne mag, entpuppt sich noch mehr als mein Homie, indem er im Intro seiner neuen Kolumne darüber redet, mit masochistischem Eifer Kommentarbereiche zu lesen. Weil ich das ähnlich religiös betreibe und mich genauso gerne in die Bresche werfe, um den neuesten Mainstream-Kram vor dem Volk zu verteidigen (Wir erinnern uns!), habe ich diese Folge seiner Abrechnung tief im Herzen gefühlt:

Na, gut. Zumindest irgendwo in der Gallenblase. Seine Argumentation leuchtet mir nämlich nicht zu hundert Prozent ein. Wenn ich es richtig verstehe, lautet seine Aussage, dass Erfolg (bei einer Zielgruppe) schon irgendwie verdient sein wird und die Leute mal nicht so nörgeln sollen. Cosign auf letzteres: Ist ja nicht so, dass die Leute vehement gezwungen werden, Trap zu hören. Es ist in der Tat nervig, unter jedem einzelnen Thread über einen Rapper der neueren Schule regelmäßig die selbe Grundsatzdebatte - Autotune: ja/nein? Und ist das noch Hip Hop? - führen zu müssen. Kann jeder sehen, wie er will, aber irgendwann müsste man sich doch damit abgefunden haben, dass Trap halt existiert und eine Menge Menschen das mögen.

Werden die Leute aber nicht. Die Leute meckern alle viel zu gern, um es einfach bleiben zu lassen. Da wäre doch viel interessanter, zumindest einen Erklärungsansatz dafür zu geben, warum Capital Bra gerade so vielen gefällt. Nur zu sagen, dass er ja "nicht schlecht" sei, reicht nicht, um zu rechtfertigen, warum er diesen riesigen Hype genießt. Genauso rechtfertigt zehnmal auf besagten Hype zu verweisen nicht, warum er ihn hat. Das ist nämlich so ein blödes Argument: "Er ist der erfolgreichste, aber ist er auch der beste?", fragt Typ A und Typ S (für Skinny) antwortet: "Er muss doch gut sein, weil er erfolgreich ist."

Genau diese Geschichte könnte man doch einmal aufdröseln. Die Korrelation zwischen "Gut" und "Erfolgreich" geht nämlich nur so weit. Genauso wie es kein objektives "Am Besten" gibt, fächert sich populäre Musik irgendwann in andere Fragen auf. Wie gut ist etwas handwerklich? Wie innovativ ist es? Welchen emotionalen Ton schlägt etwas an? Womit können zum Beispiel gerade die Kids an etwas connecten? Was strahlt es aus? In welchem Kontext steht es? Irgendwo in diesen Fragen muss eine Antwort dafür liegen, warum gerade Capital Bra den größten Hype der jüngeren Deutschrap-Geschichte genießt. Ich wüsste das wirklich gerne. So richtig verstehe ich den Hype selbst nämlich auch nicht. Skinny, please help!

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9 Kommentare mit 9 Antworten

  • Vor 5 Jahren

    "GEH BEISEITE!" möchte man diesem Evolutionsunfall gerne zurufen.

  • Vor 5 Jahren

    Menschen, die sich mit dem absolut unnötigen Rotz beschäftigen, mit dem sich andere Menschen beschäftigen, die sich mit absolut unnötigem Rotz beschäftigen. Skinny hat eine Denkweite von einer Kuchengabel...

  • Vor 5 Jahren

    "Früher" war das alles noch etwas einfacher, heute versucht man wirklich alles zu kategorisieren, um sich irgendeine vermeintlich komplexe Erklärung herbeizusinnieren. Das kommt mir besonders aus religiösen Bereichen äußerst bekannt vor, also hat Skinny scheinbar endlich seine Ersatzreligion darin gefunden, nahezu jedes Thema künstlich aufzublasen, um sich auf dem eigens eröffneten Schlachtfeld als großer Feldherr zu gerieren. Um es etwas abzukürzen: Ist man schon ein Hater, wenn man Capital Bra einfach nur scheiße findet? Nö.

    • Vor 5 Jahren

      Zumal ich es durchaus lustig finde, dass man gerade seitens rap.de - Stichwort: Kompetenz! - wirklich alles kritisieren möchte, was irgendwie Potenzial auf einen Clickbait hat und dann solche albernen Artikel veröffentlicht, die das gesamte Konzept torpedieren. Denn nur weil man etwas gehobenere Töne als Youtube- oder Facebook-Kommentatoren anschlägt, ändert das ja nichts im Inhalt. Einigen mag das nicht auffallen, aber so schwer ist das auch nicht zu entlarven.