Gestern gab der Toten Hosen-Sänger in Düsseldorf sein Debüt als Gastprofessor. 30.000 hatten sich für die Vorlesung beworben.

Düsseldorf (jmb) - Toten Hosen-Sänger Campino hat gestern sein Debüt als Gastdozent an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität (HHU) gegeben. "Kästner, Kraftwerk, Cock Sparrer. Eine Liebeserklärung an die Gebrauchslyrik" lautete der Name der Vorlesung.

Zur Vorbereitung der Vorlesung habe er "hunderte Gedichte" gelesen, erzählte der Sänger und trug einige auswendig gelernte Zeilen des Fontane-Gedichts "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" vor. Mehrmals stimmte Campino zudem Hosen-Songs an, zum Beispiel "Europa" und "Nur Zu Besuch", das er für seine verstorbene Mutter geschrieben hat. Campino lobte außerdem Erich Kästner, dessen Schriften seiner Band den Mut gegeben hätten, sich politisch zu positionieren.

Punk als Abrechnung mit den Nazis

Campino erinnerte zudem an die zahlreichen jüdischen Kunstschaffenden, die in der NS-Zeit verfolgt wurden: "Nach zwölf Jahren Nazi-Diktatur war nicht viel übrig geblieben, was frech war. Die jüdischen Künstler waren vertrieben oder ermordet. Die Jugend hatte sich von der deutschsprachigen Musik abgewandt. Unser Lebensgefühl kam aus England." Punk sei die Abrechnung der Jugend mit der Nazi-Vergangenheit der Elterngeneration gewesen.

30.000 Interessierte hatten sich am Verlosungsverfahren für einen Platz im Hörsaal beworben: 650 Personen passten in den Raum. Campinos Bandkollege Kuddel begleitete Campino an der Gitarre, die beiden performten den Hosen-Hit "Opelgang".

Campino sei als Gastprofessor eine fast zwingene Bestetzung, so Rektorin Anja Steinbeck, die an diesem Tag ein Tote Hosen-Shirt trug. Auch Heinrich Heine sei gegen verstaubte Konventionen angetreten. Im Pressegespräch erinnerte sich Campino an seine wilde Jugend. Als die Toten Hosen 1985 in der HHU-Mensa spielten, sei diese demoliert worden. Deckenleuchten und Klos gingen damals zu Bruch. "Ich war es nicht", beteuert der Sänger. Als Systemkritiker könne er heute aber kaum noch herhalten, kommentiert Campino. Als Lehrer sehe er sich aber auch nicht: "Ich bringe nichts mit außer Begeisterung."

Die Heinrich-Heine-Universität vergibt seit 1991 jedes Jahr eine Gastprofessur an eine prominente Persönlichkeit. Neben Campino zählen unter anderem Helmut Schmidt, Juli Zeh, Wolf Biermann, Siegfried Lenz, Joschka Fischer, Antje Vollmer, Karl Kardinal Lehmann, Ulrich Wickert, Joachim Gauck und Marcel Reich-Ranicki zu den bisherigen Gastdozenten.

Am 23. April folgt Campinos zweite Vorlesung, dieses Mal zum Thema "Alle haben was zu sagen. Die Kakophonie unserer Zeit". Darin kommt der Sänger mit dem Spiegel-Journalisten und Autor Philipp Oehmke ins Gespräch. Die Platzvergabe wird wieder per Losverfahren entschieden. Interessent:innen können sich bis zum 9. April auf der Website hhu.de/gastprofessur registrieren.

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Die Toten Hosen

Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof) Die Toten Hosen,  | © laut.de (Fotograf: Rainer Keuenhof)

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4 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 25 Tagen

    grundsätzlich ist systemkritik dieser tage ja ein schwieriges thema. allzu oft wird man von den üblichen verdächtigen in eine rechte ecke gestellt, wenn man kritik übt, selbst wenn diese konstruktiv ist. das campino kein systemkritiker mehr sein kann, ist auch klar, zu oft war er in den letzten jahren in rotgrüne kampagnen verwoben. trotzdem, für sein werk verdient er allen respekt!

    • Vor 25 Tagen

      Die Leute, die sich heute gerne als "Systemkritiker" sehen, äußern halt idR keine Systemkritik, da sie an der grundsätzlichen Überwindung des derzeitigen Systems überhaupt kein Interesse haben.
      AfDullis, Querdenker, Pegidioten usw. wollen vielmehr die bestehenden Verhältnisse zementieren, bzw. die Verhältnisse einer vermeintlich "guten alten Zeit" zurück haben. Diese Leute sind an keiner grundsätzlichen Verbesserung der Lebensumstände interessiert, die auch Menschen außerhalb der eigenen Blase einschließt, sondern nur daran, ihren Teil vom Kuchen zu bekommen, der ihnen - warum auch immer - zustehen würde.
      Als Systemkritiker im eigentlichen Sinne könnte man heute allenfalls die Klimakleber sehen, aber bestimmt nicht diese ganzen Ego-Schweine, die im Grunde nur "ich, ich, ich" meinen, wenn sie "Wir sind das Volk" krakeelen.

    • Vor 25 Tagen

      Horst 1 : Borst 0.

    • Vor 25 Tagen

      "Wo Egoschweine erst alleine
      Und dann zusammen, nur an sich denkend
      Sich zu einem Wir verlieren"

    • Vor 25 Tagen

      Die AFD will schon ein anderes System etablieren das sind Systemfeinde die die Demokratie abschaffen wollen. Daher kann man den Punkt schon geben allerdings ist es halt kein konstruktive Kritik die dort geäussert wird sondern destruktive und wenn man dann in die Rechtsextreme Ecke gestellt wird ist man dort goldrichtig. Die AFD mag einzelne Punkte ansprechen die durchaus berechtigt sind aber man kann mit jedem Extremisten Gemeinsamkeiten finden bei denen man auf einer Linie liegt und wenn es dabei auch nur um beliebige Allgemeinplätze geht. In den anderen Parteien wie CDU und Grünen gibt es auch vereinzelte Populisten die an den Rädern nach Stimmen fischen aber im Unterschied zur AFD kann man hier sicher sein dass die Parteien grundsätzlich niemals die Demokratie aushöhlen oder abschaffen wollen.
      Die Systemkritik der AFD will die gute Alte Zeit zurück indem Sie bei politischer Mitverantwortung zunächst Neuerungen blockieren und bei absoluter Mehrheit einen aktiven politischen Rückbau betreiben würden und das ist unfassbar gefährlich.
      Systemkritik von Links gibt es dagegen fast gar nicht mehr da hat man sich mit dem Status Quo abgefunden und rangelt mit der AFD um die Stimmen von abgehängten die von globalem Klassenkampf nichts wissen wollen sondern denen es nur um den eigenen Arsch geht. Vielleicht geht nach der Abspaltung der BSW wieder irgendwann mehr aber auch die werden zurecht Gesellschaftspolitisch als Rechts eingeordnet weil Sie Minderheiten gegeninander ausspielen und damit Hierarchisches Denken befeuern.
      Vom Grundsatz her ist es eigentlich ganz einfach: Wer solidarisch für die rechte aller Systemkritik übt ist links und wer nach unten tritt und nur eigene Vorteile rausholen will kann getrost und folgerichtig als rechts eingestuft werden und sollte dann nicht rumheulen wenn das auch so benannt wird.

    • Vor 23 Tagen

      Mango lass I mol a "Word!" da - wie in den guten alten Zeiten! :kiss:

  • Vor 24 Tagen

    Dieser Kommentar wurde vor 24 Tagen durch den Autor entfernt.

  • Vor 24 Tagen

    Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.

  • Vor 24 Tagen

    Düsseldorf – Innenminister Herbert Reul (CDU) hat die Polizeiliche Kriminalstatistik für das vergangene Jahr für Nordrhein-Westfalen vorgestellt.

    Demnach gab es im vergangenen Jahr 1,4 Millionen Straftaten in Nordrhein-Westfalen – eine Zunahme um 3,4 Prozent. Die Zahl der Tatverdächtigen stieg um 3,9 Prozent auf 484 642. Ein Drittel (34,9 Prozent) hatte keinen deutschen Pass, sondern oft einen algerischen oder türkischen. Unter den schlimmsten Intensivtätern lag der Ausländer-Anteil sogar bei 40 Prozent – bei einem Ausländer-Anteil an der Bevölkerung von 15,6 Prozent.

    https://www.bild.de/regional/nordrhein-wes…

    • Vor 24 Tagen

      Lösch dich, Schmutz!

    • Vor 24 Tagen

      Dazu, was die Polizeiliche Kriminalstatistik aussagt (und vor allem: was nicht):

      https://www.spiegel.de/panorama/justiz/pks…

      Es gibt ein paar Punkte/Entwicklungen, die auch aus meiner Sicht dringend anzugehen sind, insbesondere die zunehmende Tendenz (so jedenfalls die Wahrnehmung sehr vieler an Strafverfahren professionell Beteiligter; ob es dazu valide Statistiken gibt, weiß ich nicht) beim Verlassen des Hauses ein Messer mitzunehmen.

      Im Übrigen ist - soweit ich das weiß - weiterhin grds. kriminologischer Konsens, dass nicht die "geographische Herkunft" - und sei es die der Eltern oder Großteltern - an sich ursächlich für eine strafrechtlich relevante "Karriere" ist, sondern Faktoren wie die finanziellen, sozialen, familiären Verhältnisse. Mit anderen Worten: wenn Peter und Mustafa in entsprechenden Verhältnissen aufwachsen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie straffällig werden, in etwas gleich hoch.

    • Vor 24 Tagen

      "in etwa", Edith.
      Prof. Dr. Skinny Finsta hat es einst zutreffend zusammengefasst:

      https://youtu.be/-ROqsEOVY_U?si=AtT9v2I9Eu…

    • Vor 24 Tagen

      Aber schön, dass laut.de inzwischen Nadsi-Schmutz konsequent und schnell bannhammert.

    • Vor 24 Tagen

      Die Mär der Ausländerkriminalität wird immer wieder von Rechten durch die Medienlandschaft getrieben und ist seit Jahrzehnten sozialwissenschaftlich bestens untersucht und widerlegt. Ausserdem könnte man dass ja auch als Vorlage für systematische Diskriminierung deuten die als monokausale Ursache herangezogen werden könnten was dann komischerweise komplett abgeblockt wird auch wenn es dafür Belege gibt da das dann natürlich nicht in das abgefuckte Bild inkompatibler Kulturen passt dass die Rechten narrativ unterfüttern wollen. Jeder der sich schon mal grundsätzlich mit Statistiken beschäftigt hat und Korrelation von Kausalität unterscheiden kann weiss dass man einzelne Statistiken nicht isoliert als Handlungsgrundlage heranziehen kann weil das immer eingeordnet und analysiert werden muss. Also löcht euch einfach wenn Ihr das aus ideologischen Gründen macht oder kauft euch mal ein gutes Grundlagenbuch über Statistik falls es einfach an dem nötigen Wissen fehlt.

    • Vor 23 Tagen

      Ergänzend hier noch ein sehr lesenswerter Artikel zur Einordnung der PKS:
      https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgesch…