Der erfolgreichste Popstar des frisch vergangenen Jahres begibt sich in die Battle um die Kinos dieser Welt. Mit einem Hip Hop-Film der Extraklasse.

Kino (stj) - Gleich als sich der Vorhang hebt, herrscht Kopfnicker-Ausnahmezustand im Kinosaal, denn Mobb Deeps hypnotisch-harter Klassiker "Shook Ones Part 2" pumpt so gewaltig aus den Boxen, dass selbst Brit-Popper unbewusst mitwippen. Und während der freudig erregte Hip Hop-Head noch munter auf Havocs Beat abgeht, betritt Hauptdarsteller Eminem alias Rabbit die Leinwand. Mit Walkman und Kopfhörer bewaffnet übt er stumm vor einem versifften Klospiegel für ein bevorstehendes Battle.

Sehr geschickt vereint Regisseur Curtis Hanson ("L.A. Confidential", "Wonder Boys") hier den ebenfalls nur in Gedanken mitrappenden Kinobesucher mit seinem noch stummen Star. Die weiße Mehrheit der amerikanischen Jugendliche identifiziert sich eben mit Eminem, und Hanson verstärkt diese Verehrung noch. Die Vorwürfe einiger weniger Hip Hop-Intellektueller, dass "8 Mile" den Afroamerikanern die Hip Hop-Kultur gar entreiße wie Elvis ihnen einst den Rock'n Roll erweist sich jedoch als haltlos. Nicht die Hautfarbe ist entscheidend sondern die Skillz, wie u.a. der traurig-komische White Trash-Charakter des etwas dummen Cheddar Bob zeigt.

Aber zurück zur Story: Rabbit verliert das erste Battle dann durch einen totalen Blackout, doch seine Homies von der 313-Crew (Future, Cheddar Bob, Sol George, DJ Iz) lassen ihn trotz Publikumsspott nicht im Stich, und ehe man sich versieht, steckt man mittendrin in der Detroiter Rap-Szene des goldenen Hip Hop-Jahres 1995. Billige Blechbuden, Biggie-Tracks, Street-Battles, beschissene Berufe, Partys, Prügeleien und private Probleme dominieren den Alltag auf der schwarzen, armen Seite der "8 Mile"-Road. Nur die Chance auf einen Plattendeal hält die Hoffnung auf "Raus aus dem Ghetto" am Leben.

Auch Rabbit, der mit seiner kleinen Schwester Lily und der ständig alkoholisierten Mutter (grandios gespielt von Kim Basinger) sein Dasein fristet, träumt von einer Karriere im Rapgame. Zwei Wege stehen ihm offen, um ein "fetter Rapper" zu werden: Entweder folgt er seinem windigen Managerfreund Wink, der ihm das Blaue vom Himmel verspricht, oder er hört auf seinen besten Kumpel und Mentor Future, der ganz im Einklang mit dem Hip Hop-Spirit die Battle-Events in Detroit organisiert.

Zuerst folgt Rabbit Wink, da dieser ihm ein Studioaufenthalt bieten kann. Doch nachdem ihn der falsche Fuffziger schamlos hintergeht, merkt Rabbit, dass im Hip Hop nicht umsonst die Phrase "Keep It Real" geprägt wurde. Er überwindet er seine Furcht zu versagen und meldet sich zum Battle an. Der Kreis schließt sich, denn im Finale rächt er sich für die Schmach vom Anfang und zerlegt im Finale seinen Gegner wiederum über Mobb Deeps "Shook Ones Part 2" in alle Einzelteile. Können siegt über Hautfarbe.

Auch wenn das Ende bereits eine Fortsetzung förmlich erzwingt, Eminem ein wenig zu glattgebügelt daherkommt und Hollywood'sche Zutaten ebenfalls reihenweise verbraten wurden, haben Hanson und Eminem dank der stimmig-realen Szenenbeschreibung einen (Hip Hop-) Film der Extraklasse geschaffen. Die schauspielerischen Leistungen lassen nichts zu wünschen übrig, und auch die deutsche Sychronisation kann überzeugen. Mit Grausen erinnere ich mich da an das "Black And White"-Machwerk, wo selbst die Raps übersetzt wurden.

Fotos

Eminem

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