In Hunderten von Tracks, u.a. von Bad Bunny und J Balvin, soll der Dembow-Rythmus aus dem Hit "Fish Market" unrechtmäßig verwendet worden sein.

Los Angeles (ace) - Stars der Reggaeton-Szene versuchten am vergangenen Freitag bei einer Anhörung vor einem Gericht in Los Angeles, eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung abzuwenden: Das jamaikanische Produzenten-Duo Steely & Clevie behauptet, dass in über 1.600 Songs von mehr als 100 verschiedenen Acts der Dembow-Rhythmus aus ihrem Hit "Fish Market" von 1989 verwendet worden ist - ohne Erlaubnis, ohne Credits oder eine Entschädigung.

Unter den Beschuldigten finden sich illustre Namen wie Bad Bunny, J Balvin, Daddy Yankee oder Pitbull, und viele weitere Künstler. Der zuständige Richter André Birotte Jr. traf noch keine Entscheidung, ob der Klage stattgegeben wird, berichten US-Medien.

Seit 2021 hatten Cleveland "Clevie" Browne sowie die Erben des 2009 verstorbenen Wycliffe "Steely" Johnson über 50 Klagen eingereicht, in denen sie verschiedenen Künstlern vorwerfen, das unverwechselbare Percussion-Muster von "Fish Market" gestohlen zu haben. Der Titel spielte eine wichtige Rolle in der jamaikanischen Dancehall-Szene und inspirierte die Entwicklung des spanischsprachigen Reggaetons.

Der charekteristische Rhythmus sei in ihrem Hit "Dem Bow" mit Shaba Ranks von 1990 enthalten, so das Duo. Dasselbe Muster findet sich auch bei Dennis The Menace Halliburtons "Punder Dub Mix II" wieder, das in der Folge von zallhreichen Reggaeton-Künstlern gesamplet wurde. "Das gesamte Reggaeton-Genre entwickelte sich über 30 Jahre. Haben sie geklagt? Haben sie eine Klage eingereicht? Haben sie etwas unternommen? Nein", wird ein Anwalt der Verteidigung zitiert.

Die Rechstvertretungen beider Seiten diskutierten vor dem Richter über die Schutzfähigkeit des Schlagzeugrythmuses, die Originalität von "Fish Market" und die ungewöhnlich späte Urheberregistrierung, die erst 2020 beantragt wurde. "So einen Fall gab es noch nie", betonte Scott Burroughs, Anwalt der Kläger: "Sie lassen meine Klienten im Regen stehen, während sie Millionen von Dollar mit ihrer Musik verdienen".

Der Anwalt von Bad Bunny wies die Anschuldigungen zurück und erklärte, dass der Schlagzeugrythmus ohne die Wahl der Instrumente und synthetischen Klänge keine schutzfähigen Elemente enthalten würde. Nach dem US-Urheberrecht kann der Rhythmus von "Fish Market" ohne Melodie nicht geschützt werden. Zu der Liste der von Steely & Clevie eingereichten Songs gehören etwa "Un Ratito" und "Una Vez" aus Bad Bunnys Album Un Verano Sin Ti.

Ein weiteres Argument der Verteidigung bezog sich auf die Unklarheit im Urheberrecht bezüglich des Dembow-Rhythmuses. So wurde gegen den Hit "Pounder Riddim" aus dem Jahr 1990, in dem als erstes Steely & Clevies Percussion-Muster verwendet worden war, nicht geklagt. Auch die spätere Version des Songs, die als Vorlage für viele Samples diente, sei nicht moniert worden. Donald Zakarin zufolge, der rund 90 der beschuldigten Artists und Plattenfirmen vertritt, darunter J Balvin, sind die Kompositionen von "Fish Market" und Halliburtons "Pounder Dub Mix II" unterschiedlich und müssten unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden.

Außerdem hinterfragte der Anwalt die Gültigkeit des Urherberrechts für "Pounder Mix II", das erst im März dieses Jahres angemeldet worden war, nachdem sich die Steelys Erben erstmals mit dem Nachlass von Dennis The Menace beschäftigt hatten: Der Song gehöre dem Produzenten, zitiert courthousenews.com Zakarin.

Richter Birotte betonte, er werde mehr als ein paar Wochen brauchen, um die Unterlagen zu prüfen und sich eine Meinung zu bilden, zeigte bei einigen Punkten aber Verständis für die Verteidigung: "Was ist das Ziel? Läuft diese Klage nicht darauf hinaus, die Kreativität zu ersticken? Schauen Sie sich an, welche Auswirkungen dieser Stil auf Reggae, Reggaeton, lateinamerikanische Musik, Hip Hop und so weiter hat. Wird dadurch die Kreativität all dieser Genres unterdrückt?" Eine schwierige Frage, bei der er gleichwohl "Argumente auf beiden Seiten sehe".

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4 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 6 Monaten

    Klage natürlich Bullshit, aber schon auch geil wie das aufzeigt, wie dermaßen limitiert und gleichförmig das ganze Genre klingt, weil es einzig auf ein und demselben Drumbeat basiert und sonst keinerlei sonstige definierende Merkmale hat. :lol:

    • Vor 6 Monaten

      find die mucke in der regel auch ziemlich whack. die idee ein genre um bestimmte patterns zu bauen ist doch aber garnicht soo selten. house, breaks, drill-beats und und und...

    • Vor 6 Monaten

      Genau das war mein Gedanke. Natürlich ist das immer eine Wahrnehmungs-Frage (für einige klingen z. B. sämtliche Trap-Beats gleich), aber gerade Reggaeton und manche 50er-Jahre-Rockabilly-Songs klingen für mich insgesamt schon zu ähnlich. Ich wohne leider an einer Hauptstraße und muss diesen räudigen Rhythmus nicht selten aus vorbeifahrenden Autos hören. Und ich weiß, dass es jetzt voll diskriminierend klingt, aber ich habe den Eindruck, dass hier in Deutschland nur ein bestimmtes Klientel vornehmlich diese Musik hört.

  • Vor 6 Monaten

    Und das fällt denen erst über 30 Jahre später auf? Oder haben die nur fleissig 'Plagiate' gesammelt, damit sich die Klage richtig lohnt bzw überhaupt irgendwer zahlen muss?

  • Vor 6 Monaten

    Seit wann genau kann jemandem ein Rythmus gehören? Ist es denen zu anstrengend geworden sich Harmoniefolgen einzuklagen?

    Dazu maybe interessant: https://www.youtube.com/watch?v=MAFUdIZnI5o

    • Vor 6 Monaten

      Ich finde das auch sehr schwierig, einzelne musikalische Elemente zu copyrighten, das funktioniert eher bei Songs und Ideen im Ganzen und im Zusammenhang.

  • Vor 6 Monaten

    André Birotte Jr.?
    Mich interessiert nur das Urteil des Toriyamafans.