laut.de-Kritik

Vom Mangel an Self-Awareness.

Review von

Seit Jay-Zs Spruch, er sei kein Business-Man, sondern ein "business, man", ist eine neue Kaste Rapperinnen und Rapper emporgestiegen, die keinen Hehl daraus macht, worauf sie in der Szene aus sind. Sie wollen das Geld. Je schamloser dahin, um so besser. Loredana ist eine von diesen Artists, die im Grunde kaum Prätentionen auf Kunstkacke haben.

Die Frau kauft sich Jahr für Jahr trendige Beats von bewährten Producern ein, macht darauf Songs, von denen man realistisch erwarten kann, Hits zu werden und flext dann darüber, genau das zu tun. Ihre Musik könnte auch als ihr ökonomischer Jahresbericht durchgehen. Und das wäre alles völlig okay, es scheint ja auch zu laufen. Man fragt sich beim Hören nur eines: Warum ist diese Frau trotzdem so dermaßen wehleidig?

Am Anfang steht eine Voicemail des Inhalts, dass sie gerade schon wieder "richtig übel Hate" abbekomme. Und diese Energie trägt sie durch das Album. Alle sind gemein zu ihr, alle hassen sie, alle verarschen sie, niemand ist nett zu ihr. Es ist ein so penetrantes Thema, dass man sich kaum auf etwas anderes konzentrieren kann. "Die Last auf mein'n Schultern (Hah) wird immer schwerer", "Ihr seid mir alle zu gottlos", "bin kein Fan von dei'm Produkt / Du rippst die Kids so wie Scammer in der Hood", rappt sie. Und es tut mir Leid, das bringen zu müssen, aber können wir uns daran erinnern, dass Loredana vor nicht allzu langer Zeit eine alte Frau um eine sechsstellige Summe gebracht hat?

Ja, ja, sie haben sich außergerichtlich geeinigt, und normalerweise rege ich mich nicht darüber auf, wenn Gangster-Rapper schlimme Sachen machen, und ich glaube tatsächlich, dass Loredana dafür überproportional viel Hate abbekommen hat, unter anderem weil sie eine Frau ist. Aber: Sie ist kein Gangster-Rapper. Auf diesem Album will sie ein familienfreundlicher Vorbild-Mutter-Boss-Frau-Rapper sein. Und sie haut kreuz und quer die Moralkeule auf alles, was sich bewegt und fühlt sich gleichzeitig noch vom Universum ungerecht gestraft, wahrscheinlich unter anderem, weil die Leute ihr diese Geschichte noch nachtragen. Würde man wahrscheinlich nicht so sehr, würde sie sich nicht konstant so vehement und aufdringlich selbst bemitleiden.

Andererseits: Immerhin ist dieser sich aufdrängende Mangel an Self-Awareness wenigstens irgendetwas über dieses Album, über das man sprechen könnte. Sonst ist da nicht wahnsinnig viel zu holen. Musikalisch hat Loredana, wie am Anfang erwähnt, nicht viel Gesicht. Sie ist, positiv formuliert, ein Chamäleon, negativ: eine Trittbrettfahrerin. Im ersten Drittel des Tapes gibt es ein paar Jersey Club-Beats, die sie solide berappt, genauso wie sie auf den typischen Deutschrap-Modus Mio-Trap & Dancehall-Beats gut unterwegs ist. Das Gemeine: Sie hat eigentlich eine coole Stimme und ist handwerklich überhaupt nicht schlecht, mehr als einmal entwickelt sie richtig schöne Flows und hat ein Händchen für gerappte Pop-Hooks, an dem sich manch anderer eine Scheibe abschneiden könnte. Sie könnte von den Chart-Rappern einfach nur über handwerkliche Kompetenz locker eine der besten sein.

Was sie leider nicht zu haben scheint, ist wirkliche Leidenschaft für Musik. Sie rappt über alle Produktionen gleich, das Album hört sich original wie eine wahllose Stichprobe aus einer großen Playlist an. Es gibt keine Kuration, keine Spielerei, keine Hommage. Das äußert sich schon in Kleinigkeiten. Die letzten Jahre gab es diesen Trend, sich zum Star eines Genres zu ernennen, es gab große Songs namens "Rockstar", "Popstar", "Trapstar" oder "Rapstar". Loredanas Iteration heißt einfach "Superstar", weil sie im Grunde keine musikalische Basis, kein Genre hat, deswegen nicht mal so recht experimentieren kann, weil ihr ganzes musikalisches Fundament bereits so Algorithmus-gesteuert wirkt.

Was will man sagen? Loredanas Fakeness ist so transparent, dass sie fast schon wieder real ist. Sie macht Musik mit einem fetten grünen Punkt drauf, klar für eine Zielgruppe konzipiert und sehr schamlos anbiedernd. Aber wer ist diese Zielgruppe überhaupt? Was für ein Mensch müsste man sein, um dieses selbstzentrierte, den Kopf im Arsch tragende und wehleidige Album sympathisch und interessant zu finden? Wen holt es denn ab, dieser viel zu reichen Frau erst dabei zuzuhören, wie sie ausrollt, wie viel reicher und erfolgreicher sie als man selbst ist, nur um danach trotzdem Sympathie für ihre endlosen Luxusprobleme einzufordern? Und wenn man schon ein Fan von ihr ist, würde man nicht wollen, dass sie ein bisschen mehr aus ihrem offensichtlichen Talent machen würde?

Trackliste

  1. 1. Intro Mixed Feelings
  2. 2. Let's Go
  3. 3. Blicke
  4. 4. Oft Vertraut
  5. 5. Family First
  6. 6. Superstar
  7. 7. Stay (feat. Murda)
  8. 8. Dubai Hoes (feat. Billa Joe)
  9. 9. Er Ist Eine Bitch
  10. 10. Hana
  11. 11. Heimat
  12. 12. Falsch Gedacht
  13. 13. Pinky Promises
  14. 14. Mann Im Haus

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LAUT.DE-PORTRÄT Loredana

Loredana Zefi wächst als Kind albanischer Eltern in der Schweiz auf. In Luzern lebt sie bis 2017 ein ganz normales Leben. Ihr berühmter Freund Mozzik …

8 Kommentare mit 55 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Bildungsferne Kleinkriminelle mit schlechtem (Musik)-Geschmack. Belanglos bis zum abwinken und die Dumpfbacke hat auch noch irgendeinen dämlichen Schweizer Musikpreis gewonnen, just als sie vor Gericht stand.
    Da läuft in Österreich einiges mehr an guter Musik als in CH.

  • Vor einem Jahr

    "Und das wäre alles völlig okay, es scheint ja auch zu laufen. Man fragt sich beim Hören nur eines: Warum ist diese Frau trotzdem so dermaßen wehleidig?" Naja, weil die dämliche Trulla genauso wenig wie auch die Zielgruppe nicht auch nur ansatzweise zu irgendeiner Art von Reflexion fähig ist. Sie bekommt "überproportional viel Hate" ab (wie auch immer man genau feststellen will, was "überproportional" hier genau ist)? Och die Arme, das liegt natürlich auch ganz bestimmt daran, dass sie eine Frau ist und nicht daran, dass ihre Art des Verbrechens nochmal eine andere Qualität von Niedertracht und charakterlicher Ekelhaftigkeit aufzeigt als die üblichen Körperverletzungs- und Drogendelikte ihrer männlichen Genre-Kollegen. Keine Ahnung, warum die Tante nicht längst gecancelt wurde, wie es sich eigentlich gehören würde.

    Ansonsten muss man über die "Musik" hier nicht viel an Worten verlieren, natürlich ist das hier im Prinzip klar ein Produkt statt eines Kunstwerk, designt für Menschen, die keinerlei Anspruch an Musik als Kunst haben, denen Musik eigentlich scheißegal ist, die intellektuell zu nicht viel mehr fähig sind als zu instinktgesteuerter Befriedigung von Konsumbedürfnissen, und die bei den Texten natürlich auch gut relaten können, weil sie zu den gleichen sackdämlichen Denkmustern neigen. Kann weg, die Scheiße.

  • Vor einem Jahr

    So, bin noch nicht ganz durch, aber habe schon genug gehört um die Bombe zu zünden: 4/5.

    • Vor einem Jahr

      Hatte eigentlich Kernschrott erwartet, ist aber das beste Mainstream-Deutschrapalbum, dass ich seit langem gehört habe. Ynk hat Hip Hop noch nie verstanden, aber da sind ein paar sehr eigentümliche Interpretationen in der Rezi.

    • Vor einem Jahr

      Bitte was!?!?!
      Okay, jetzt muss ich mir das anhören.

    • Vor einem Jahr

      YNK sollte aufhören, Musikjournalismus mit Soziologiedoktorat zu verwechseln. An und für sich sind die Überlegungen nämlich nicht sonderlich blöd, aber gefühlt am falschen Platz (ich hab sie dennoch gelesen).

      Disclaimer; Album nicht gehört, kann scheisse sein, kann das sein was Capslock sagt, hier gehts um YNK.

    • Vor einem Jahr

      Klar, Deutschrap und ich werden so schnell keine Freunde mehr. Zumindest bis zum Zeitpunkt, an dm er nicht versucht, das zu kopieren, was mal vor 5 Jahren anderswo in Besser abging.

      Aber beim Reinhören hier lief mein Fremdschammotor schon extrem heiß. Bei "Ich will dich nie wieder seh - seh - seh -seh - seh..." wars engültig zu viel. Welcher Strohkopp hält denn Capital Bra'sche Lautmalerei noch immer für eine gute inhaltliche oder musikalische Hook?

    • Vor einem Jahr

      Ragi, du bist doch nur neidisch, dass Capsi den "Jetzt im Ernst?"-Moment des Tages für sich verbuchen konnte.

    • Vor einem Jahr

      Den hat er definitiv gewonnen. Und wenn Schweizer Rap gepusht wird, lässt sich im Moment kaum an MC Hoobee vorbeikommen. Ein Lausbubenmove?

    • Vor einem Jahr

      Gibt es dann auch nochmal eine Erklärung dazu, warum dieses Album 4/5 ist und warum Gölz alles fehlinterpretiert, oder bleibts bei der reinen Behauptung des Kontrarianismus wegen?

    • Vor einem Jahr

      Warum wird Loredana eigentlich nicht gecancelt?

    • Vor einem Jahr

      @dudebro: hör dir das Album doch einfach an. Der Vorwurf der Wehleidigkeit ist absurd. Die zitierte Stelle aus dem Intro wird direkt danach gebrochen dadurch, dass sie äußert, dass sie kein Problem mit den Hate hat. Ähnliches gilt für die "unreflektiert"-Vorwürfe. Auf dem Album wird an mehreren Stellen sehr deutlich, dass sie sich einige Gedanken gemacht hat zu ihrem Bild, zu Geld und Kapitalismus, zu Familie und Werten. Das Album hat weitaus weniger Weleidigkeit und weitaus mehr Selbstreflexion als die letzten von Kalim oder Luciano, z.b.. Diese Sparte muss mensch nicht mögen, aber in dieser Sparte ist es eine der besten Sachen, die in letzter Zeit so rausgekommen ist, zumindest von dem was ich gehört habe. Ferner rappt die Frau auch einfach auf einem verdammt hohen Niveau. Und die Produktionen sind top. Manchmal ist es ein bisschen cheesy und eigentlich ist es 7/10 für mich, aber aufgrund des vollkommen unreflektierten und unfundierten Hates hier habe ich aufgerundet.

      Mehr Zeit hab ich gerade nicht.

    • Vor einem Jahr

      So, Capsi braucht mir ab sofort nicht mehr mit Camp David-Jokes kommen :koks:

    • Vor einem Jahr

      ""bin kein Fan von dei'm Produkt / Du rippst die Kids so wie Scammer in der Hood", rappt sie. Und es tut mir Leid, das bringen zu müssen, aber können wir uns daran erinnern, dass Loredana vor nicht allzu langer Zeit eine alte Frau um eine sechsstellige Summe gebracht hat?"

      Ist schon moralisch ein Unterschied, ob mensch eine arme oder reiche Person scamt. Und diese Art von Verurteilung gab es bei Keemo nicht, obwohl der laut eigenen Angaben (auch in Interviews) Einbrecher und Autoräuber war.

    • Vor einem Jahr

      "rappt über alle Produktionen gleich"

      Nope. Aber von ynk erwarte ich auch nicht das beurteilen zu können.

    • Vor einem Jahr

      "Und diese Art von Verurteilung gab es bei Keemo nicht, obwohl der laut eigenen Angaben (auch in Interviews) Einbrecher und Autoräuber war."

      Das ist natürlich schon ein sehr valider Punkt, aber du kannst diesen Schmutz doch trotzdem nicht tatsächlich wirklich gut finde, oder? :ill:

    • Vor einem Jahr

      Also, ich kann zum dem Album keine Bewertung abgeben, weil ich diese Art von Rap wirklich so 0 fühle, da könnte ich genau so was über Minimal-Techno schreiben.
      Ich habs auch nicht ganz durchgehört.
      Aber in einem kann ich Caps auf jeden Fall recht geben: die kann schon rappen. Die Flows, die Delivery, die eingestreuten Gesangspassagen, das ist schon alles ziemlich okay.
      Und den Vorwurf, die klänge auf jedem Beat gleich, kann ich auch echt nicht teilen.
      Und wehleidig - hä??? Wenn die über ehemalige Beziehungen rappt, klingt das doch eher so, als würde sie dem Dude gleich in die Eier treten, wenn der sich nochmal Blicken lässt.
      Also, nein, die Mucke gibt mir gar nix, aber die Kritikpunkte der Rezi fühl ich null.

    • Vor einem Jahr

      1. Das Gute ist ja, dass Loredana eh schon durch ist. Das Album geht total unter, egal wie viel sich die Ghostwriter und Producer da Mühe gegeben haben.

      2. Das Argument zieht gar nicht. Wäre bei Keemo so ein "Petra-Skandal" rausgekommen, hätte das seiner Karriere auch extrem geschadet. Leute fänden ihn einfach unsympathisch und asozial.

      Und was heißt hier arm/reich, diese Petra konnte am Ende wohl nicht mal mehr die Beerdigung ihrer eigenen Mutter zahlen.

    • Vor einem Jahr

      Das mit dem guten Vortrag und der Varianz unterschreib ich. Wobei für mich persönlich wichtig ist, ob sie Ghostwriter hat oder nicht, auch wenn sich daran die Geister scheiden. Werde jetzt auch kein Fan, aber die Rezi ist schon tendenziös.

    • Vor einem Jahr

      @chris: Sind mehrere Autoren mindestens auf den ersten beiden Songs, können natürlich auch Autoren der Musik sein. Ich hab selbst weniger Probleme damit, wenn Menschen nicht alleine schreiben, aber das weißt du ja

      @TickTocker: Was die gemacht hat ist Kapitalismus. Nix anderes was Frank Thelen oder andere windige (oder windhagener?) Anlageberater und Fondbetreiber so machen. Mit falschen Versprechungen Menschen Geld aus der Tasche ziehen. Nur das Loredana von unten kommt und ihre Methode deswegen illegal ist.

      @gueldi: Jap, und falls du nicht bis dahin gekommen bist, am ende wird es etwas mehr klassischer Rap, "Er ist eine Bitch" z.b., das irgendwie ein bisschen nach 0er Jahre Nelly oder Neptunes klingt. Und erinnert mich auch etwas an SSIO der Song.

      @craze: ich bin selbst verwundert, aber ja, hat Songs die ich feier, zwischendurch etwas cheesy manchmal, aber ansonsten geht's mir gut rein. Und von Zürich ist es nicht so weit nach Kölliken.

    • Vor einem Jahr

      nochmal @chris: selbst wenn ihr jemand ghost-spuren gemacht haben sollte, hätte sie dennoch meinen Respekt für die Umsetzung. Wirkt aber auf mich so, als wäre sie mindestens beim Schreiben beteiligt.

    • Vor einem Jahr

      "...oder windhagener?..."

    • Vor einem Jahr

      Deutschrap hat seinen Miley Moment.

    • Vor einem Jahr

      Para bester Mann!!!

      Aber nein, CAPSI ist nur schwer verwirrt. ;)

    • Vor einem Jahr

      Die Aktion von der guten Loredana wird doch nicht weniger widerlich und asozial, wenn man sie unter Kapitalismus einordnet. Kein Plan, was der Einwand soll, könnte das etwa whataboutism gewesen sein?
      Ganz allgemein, sollte niemand diesem Kunstprodukt länger als 5 min Aufmerksamkeit schenken, egal wie clever es designt ist, am Besten komplett ignorieren.

    • Vor einem Jahr

      Mein Einwand war nicht wertender Natur. Natürlich ist es trotzdem noch falsch, aber halt nicht mehr falsch als in Häuser einbrechen oder Autos klauen. Diese Sache wurde halt da oben als so viel schlimmer und ekliger geframet, da wollte ich zeigen, dass das eine Methode aus der Mitte (oder eher von der Spitze) der Gesellschaft ist.

      Und du weißt, dass es ein clever designtes Kunstprodukt ohne künstlerischen Impetus ist, weil du fest daran glaubst?

    • Vor einem Jahr

      Vom Ergebnis sind beide Methoden vielleicht ähnlich, allerdings muss man für ein geklautes Auto keinen längeren persönlichen Kontakt aufbauen und auf perfide Weise das Vertrauen eines Menschen ausnutzen, was das Ganze aus meiner Sicht um einiges räudiger macht. Danz davon ab, dass ein geklautes Auto einen Menschen in der Regel nicht für den Rest seines Lebens fickt.

      Zum 2. Punkt: Als erwachsener Mensch mit begrenzter Zeit entwickeln die meisten einen Filter, so kann man Schmutz wie Loredana schon vorab aussortieren, ganz natürlich.

    • Vor einem Jahr

      Ich würde im Gegensatz behaupten, dass ein Einbruch in deine Wohnung oder dein Haus mindestens genauso schlimm wie diesVe Betrugsnummer sein kann. Jemand dringt in dein privates Leben ein, durchwühlt und zerstört deinen Ort der Sicherheit. Opfer von Einbruchdelikten sind oft traumatisiert und brauchen professionelle Hilfe. Und im Gegensatz zu einigen Betrugsopfern hätten die meisten Einbruchsopfer die Tat nicht verhindern können, wenn sie nicht sehr naive Entscheidungen getroffen hätten.

      Vorurteile sind natürlich im Alltag unverzichtbare Heuristiken. Allerdings sollte mensch diese von Zeit zu Zeit auch überprüfen.

    • Vor einem Jahr

      Hmhm, najaaaaa, so ganz Unrecht hat Schalke da nicht. Ich habe eine (ältere) Person in meinem Umfeld, die Opfer eines Heiratsschwindels geworden ist, und habe schon den Eindruck, dass das dein Weltbild und dein Verhältnis zu Menschen doch wesentlich mehr fickt, als wenn jemand deinen Kleiderschrank durchwühlt (was natürlich auch scheiße ist, keine Frage)

    • Vor einem Jahr

      Deswegen habe das Beispiel ja auch unter den Tisch fallen lassen, natürlich kann ein Einbruch Traumata zurücklassen, will ich nicht bestreiten. Trotzdem wird bei einen Häuser Einbruch niemals so gezielt und mutwillig in Kauf genommen, das Leben des Opfers zu zerstören. Zumindest mein moralischer Kompass sieht da gewaltige Unterschiede. Und den Opfern eine Teilschuld zu geben ist jetzt auch schon leicht ekelhaft. Oder ist Naivität jetzt ein Vergehen?

      Nicht für Loredana, beim besten Willen nicht.

    • Vor einem Jahr

      Heiratsschwindler ist auch noch weitaus persönlicher, als das was Loredana gemacht haben soll, oder?

    • Vor einem Jahr

      "Gegen ihn [den ebenfalls involvierten Bruder] lief kein Strafverfahren, weil Petra Z. sich laut Staatsanwaltschaft zu leichtgläubig vom ihm verführen liess."

    • Vor einem Jahr

      Völlig irrelevanter Einschub, hier wurde nie diskutiert, wie justiziabel dieser Fall war, sondern wie dieser moralisch zu bewerten ist

    • Vor einem Jahr

      Wollte darauf hinaus, wie leichtgläubig die waren. Aber stimmt schon, ändert nichts an Intention und Mittel, und verdient hat das niemand nur wegen Leichtgläubigkeit, meiner Meinung nach Also ziehe ich das zurück.

    • Vor einem Jahr

      Ich persönlich würde dem Einbruch, wie Keemo ihn beschreibt, und dem Betrug, der Loredana vorgeworfen wurde, moralisch eine ähnliche Verwerflichkeit zuordnen. Natürlich kann mensch das anders sehen und abstufen, aber ich sehe nicht, wie der Betrug so viel verwerflicher sein könnte, dass es den Unterschied in Reaktion rechtfertigt.

    • Vor einem Jahr

      @Caps: Musste mir gerade nochmal durchlesen, was die eigentlich gemacht hatte, und, zwischen dem Heiratsschwindel Ding und ihrem Move liegt schon ein bißchen was, true.

    • Vor einem Jahr

      Zur Musik: Ich hab mich vorher nicht damit beschäftigt, weil ich dachte, dass es so ein fall von youtuber kapitalisiert ihre Follower jetzt durch Rap. Hab aber in der letzten Zeit angefangen, auch bei Sachen reinzuhören, von denen ich nicht erwarte, dass ich sie gut finden werde, was zuvor bezüglich andere Genres viele interessante und schöne Sachen an mein Tageslicht gebracht hat. Darum hab ich bei so Sachen wie Luciano, Kalim, Shirin David und Katja Krasavice reingehört, und jetzt auch hier. Aber im Gegensatz zu den vorgenannten empfinde ich dieses Album nicht so sehr als reines Produkt wie die vorgenannten. In den Produktionen steckt Detail und Verspieltheit, die Songstrukturen entsprechen nicht dem modus mio schema, die Themen sind vielfältig und es ist erstaunlich gehaltvoll verglichen mit ihrem standing und was alle immer erzählen. Es ist kein hochphilosophisches Meisterwerk, weit entfernt, aber aus dem Deutschrapmainstream sticht es heraus. Selbst wenn jedes Wort von Ghostwritern geschrieben wurde und irgend ein A&R-Typ die Beats gepickt hat, jemand ihr die Flows vorgerappt hat und sie tausende Takes braucht, um das aufzunehmen und der Ingenieur dann die parts zusammensetzt, was dabei rausgekommen ist, ist nicht schlecht, und die Beteiligten hatten eine künstlerisches Vision.

    • Vor einem Jahr

      Sorry CAPS, aber man muss sich nur die Loredana-Pressekonferenz ansehen, die auf diesen Skandal folgte, um diese Frau für immer in den Giftschrank zu sperren.

    • Vor einem Jahr

      Nun ja, Einbrecher suchen sich normalerweise ein Haus aus, das zu bestimmten Zeiten leer steht und leicht zu knacken ist, die denken sich ja nicht, dass da eine naive alte Mutti drin wohnt, die man leicht ausnehmen kann.
      Was die Folgen für die Opfer angeht, lassen sich da bestimmt Ähnlichkeiten ausmachen, aber die Intention dahinter ist für mich moralisch nochmal anders zu bewerten.

    • Vor einem Jahr

      "Ich würde im Gegensatz behaupten, dass ein Einbruch in deine Wohnung oder dein Haus mindestens genauso schlimm wie diesVe Betrugsnummer sein kann. Jemand dringt in dein privates Leben ein, durchwühlt und zerstört deinen Ort der Sicherheit..."

      Gut, wir diskutieren hier ja aber eigentlich nicht dir Schwere der Tat, sondern die Verwerflichkeit der Aktion/ded Charakters. Und da halte ich die Schwere der Tat/die Konsequenzen, die daraus entstehen, nur als einen Faktor von mehreren.

      Bei einem Einbruch ist es halt wesentlich leichter sich von den für andere Personen darauf folgenden Konsequenzen emotional zu distanzieren. Man kennt/trifft das Opfer der Tat tendenziell nicht oder wenn nur im Adrenalinrausch und kann sich in seinem Kopf dann ausmalen, dass es das Opfer eh verdient hat, weil reiche Sau oder sonstwas.
      Bei so einem Loredana-Ding bekommt man halt sehr genau vor Augen geführt, wen es trifft und muss eine mehr oder weniger persönliche Bindung zu der Person aufbauen. Man begeht die Tat also in der Regel viel mehr sehenden Auges, was es halt tatsächlich etwas verwerflicher macht mMn.

    • Vor einem Jahr

      @Gleep: da muss ich dir recht geben. Andererseits ist das mit dem Betrug näher an gesellschaftlich tolerierten Handlungsweisen, wie ich durch den Hinweis auf Kapitalismus zeigen wollte, was der handelnden Person als moralische Rechtfertigung dienen kann. Die Geschädigten geben ihr Geld freiwillig, anstatt dass es ihn aktiv genommen wird. Da muss der Einbrecher schon weitaus mehr konstruieren, um sich seine Handlungen zu rechtfertigen.

    • Vor einem Jahr

      Endlich ein würdiger Nachfolger für Doppeldoc Erlingers Gewissensfrage. Und dann auch noch im Kollektiv erarbeitet, sehr löblich!

      Meine zwei Cent:

      Einbruch vs Betrug nach Enkeltrick-Rezept - Meinem Empfinden nach schon klares Verwerflichkeits-Übergewicht für den Betrug. Zum einen schlicht wegen des materiellen Umfangs - gezielte Mitnahme von einigen Wertgegenständen dürfte zumindest im Regelfall einen geringere Verschlechterung der finanziellen Lebensumstände des Opfers bedeuten als das Abziehen des Ersparten / der Altersvorsorge. Zum anderen wegen der von Gigi skizzierten persönlichen Ebene. Ich empfinde dbzgl dein Argument von der Eigenverantwortung (Naivität) sogar unbedingt als zusätzlichen Malus, CAPS, mit dem das Opfer belastet wird (und das Gemeinwesen im Grunde auch, weil die „man kann einfach niemandem trauen“-Fraktion Auftrieb bekommt).

      Enkeltrick-Betrug vs. Anlageberatung:

      Wenn letzteres tatsächlich in betrügerischer Absicht geschieht: Schon wärmer. Aber selbst Thelens „Investiere hier, Produkt ist toll, bin auch dabei“-Lügen kommen mir persönlich weniger niederträchtig vor als das Vortäuschen einer Notsituation, durch das neben Leichtgläubigkeit auch Gutmütigkeit eines Menschen gezielt ausgenutzt werden sollen. Und deine Formulierung als pauschale Gleichung für den Berufszweig finde ich tatsächlich falsch, CAPS.

    • Vor einem Jahr

      na ich schränkte das ganze ja auf die windigen aus dem Berufszweig ein.

      Und von Enkeltrick kann hier ja nicht gesprochen werden, die Frau war in ihren Fünfzigern.

      Mit der Selbstveranwortung hast du meiner Meinung nach schon recht, davon nahm ich weiter oben ja bereits Abstand.

      Allerdings hatte ich mich doch gerade mit Gleep geeinigt, die tatsächlichen Auswirkungen des Verbrechens außer acht zu lassen und stattdessen die moralische Beurteilung auf die Täterperspektive zu beschränken :lol:

      Wenn wir über das Opfer reden: Das scheint in diesen Fall angesichts der Bilder glimpflich oder besser davongekommen zu sein .

    • Vor einem Jahr

      Ja, ich hab hier beim Tippen eine kleine Pause einlegen müssen und so eure Festlegung verpasst. Zugegen bin ich vermutlich eh anteilig ein bisschen off topic, weil es mir nur um die grundsätzlichen Taten und weniger um ihren konkreten Fall ging, den ich auch nur högschd oberflächlich kenne.

      Beim Spiegel steht zumindest, dass der Bruder etwas von persönlicher Notlage erzählt und sie als falsche Anwältin mit der Aussicht auf Zurückholen des von ihm ergaunerten Geldes auch noch die restlichen Kröten eingestrichen hat.

      https://www.spiegel.de/panorama/justiz/lor…

      Das ist zwar nicht der Enkeltrick, aber mMn schon das gleiche (a)moralische Regal, für das mir halt ein geeigneter Überbgriff fehlte. „Trickbetrug“ klingt mir zB irgendwie zu charmant.

    • Vor einem Jahr

      Ja, gegen den Bruder wurde nichts unternommen, weil er das Geld quasi erbettelt hat.