laut.de-Kritik

Erinnert an Porcupine Trees "My Ashes" - auf Albumlänge.

Review von

Prog Rock-Fans sollten jetzt aufmerksam hinhören. Mit John Bassett könnte für sie ein neuer Stern am Singer/Songwriter-Himmel aufgehen. Unaufgeregte Balladen mit starkem Porcupine Tree-Einschlag dominieren die Platte. Auf den ersten Blick unscheinbare Liedermacherstandardkost, verbirgt sich unter der Oberfläche ein filigranes Netz aus Harmonien, Disharmonien und Tonexperimenten.

Eigentlich ist John Bassett in härteren Gefilden unterwegs. Mit seiner Band KingBathmat mischt er seit Jahren die progressive Rock- und Metalszene auf. Sieben Alben haben die Engländer bereits vorzuweisen. Der Chef strebt nun auch eine Karriere unter eigenem Namen an. Bei KingBathmat stammt zwar der Großteil des Materials ebenfalls von ihm, doch verzerrte Gitarren sucht man auf "Unearth" vergeblich. Bassett weiß, warum er dieses Projekt unabhängig vom Hauptact betreibt.

Musikalisch orientiert sich der Musiker merklich an Porcupine Tree – insbesondere an deren ruhigeren Tracks - "My Ashes auf Albumlänge sozusagen. Dieser Eindruck verstärkt sich noch durch die Stimmfarbe des Briten, die stark an Steven Wilson erinnert. Ebenso der Klang der Gitarren und die restliche Instrumentierung. Keyboards im auf Siebziger getrimmten Orgelsound veredeln häufig den Hintergrund.

Aber auch einige ungewöhnliche Klänge sind zu vernehmen. Vogelgezwitscher mischt sich unter die insgesamt eher melancholische Grundstimmung. Ein Wecker beendet den Traum und das Album. All das arbeitet Bassett so schlau in seine Kompositionen ein, dass es beim ersten Hören nicht mal auffällt. "Unearth ist eine Einheit, ein Gesamtkunstwerk, das ein bestimmtes Gefühl vermitteln will und zum Nachdenken anregt, ohne dass die Texte eine Rolle spielen.

"Unearth" ist aber auch eines dieser Alben, die ihre Zeit brauchen, um zu wachsen, die nicht von Anfang an zünden. Zunächst wirken die Songs wie durchschnittliches Singer/Songwriter-Material. Ein paar Akkorde in mäßig spannenden Schlagpatterns, nette Gesangsmelodien, vorgetragen von einer ruhigen, warmen Stimme. Die gewisse, nötige Balance zwischen Traurigkeit und Unbeschwertheit ist ebenso vorhanden wie ein bisschen Klavier für die Würze. Gut, aber noch lange nicht weltbewegend.

Nach einigen Durchläufen beginnt das oberflächlich unscheinbare Konstrukt transparenter zu werden, und die Lieder geben immer mehr von sich preis. Plötzlich zeigen sich perfekt aufeinander abgestimmte, parallel laufende Gitarrenspuren, mehrstimmige Simon & Garfunkel-Vocals und vielschichtige Arrangements, bei denen in den hinteren Ebenen häufig mehr passiert, als auf den vorderen. Ein Gebäude mit vielen Türen, die sich erst nach und nach auftun und die Räume dahinter offenbaren.

Ein wenig mehr Tempo würde hier und da allerdings gut tun. Durch die stetigen, langsamen Rhythmen schleicht sich bei fortschreitender Spieldauer leider eine unvermeidliche Monotonie ein. So gut die Songs auch sein mögen, gegen aufkeimende Langeweile kommen sie nicht an. Man wünscht sich sehnlichst, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passiert.

Vielleicht wäre es besser gewesen, Bassett hätte sich nicht zu sehr vom Schaffen seiner Hauptband abgekapselt. Ein großartiger Musiker scheitert zu einem gewissen Grad an der eigenen Vision. Um noch mal das Beispiel "My Ashes" zu bemühen: für fünf Minuten ein grandioses Stück Musik – auf Albumlänge ist man aber froh, wenn Ausbrüche wie in "Anesthetize" vorhanden sind.

Trackliste

  1. 1. Stay Away From The Dark
  2. 2. Survival Rate
  3. 3. Nothing Scared
  4. 4. Unearth
  5. 5. Pantomime
  6. 6. Kylerhea
  7. 7. TV Is God
  8. 8. Keep Dear
  9. 9. Something That's More Worthwhile
  10. 10. Comedian

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