laut.de-Kritik

Ein Hoffnungsschimmer in dunklen Noise- und Industrial-Sphären.

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Die Dänin Frederikke Hoffmeier alias Puce Mary legte Ende 2018 mit "The Drought" ihr Meisterwerk vor: Versatzstücke aus Avantgarde, Industrial, Noise sowie ihren Spoken Words ließen bedrohliche, cineastische Bilder vor dem inneren Auge entstehen. Auch der in Los Angeles ansässige Musiker Jesse Sanes, bekannt unter dem Pseudonym Liebestod, verschreibt sich ganz der Dissonanz.

Gemeinsam gründeten sie 2015 JH1.FS3 und veröffentlichten mehrere Tapes in Eigenregie sowie mit "Loyalty" 2017 ihr Debüt auf dem experimentellen Elektronik-Label iDEAL Recordings, das unter anderem die großartige spanische Künstlerin JASSS beheimatet. Dieses klang noch undurchdringlich und spröde, offenbarte jedoch auch die intime Seite der beiden.

Mit "Trials And Tribulations" nähert sich das Duo nun zugänglicheren Tönen an. Da scheint es nur allzu konsequent, dass der Longplayer dieses Mal via Dais Records erscheint, die zwischen Indie, Gothic, Cold Wave und Harsh-Noise nicht eine bestimmte Schublade bedient, aber eine eigene, düstere Klangästhetik verfolgen. JH1.FS3 reihen sich dort nahtlos in den Gesamtkatalog ein.

Darüber hinaus zeigt das Doppelgespann in der ersten Hälfte etwas mehr Noise-Kante als auf dem Debüt. Beklemmung erzeugen schon das repetitive Streicherfundament in "Far From Spring", unterstützt vom Rauschen der Maschinen. Noch um einiges unbehaglicher fällt "Every Little Detail" mit den Spoken Words Puce Marys unter Hinzunahme statischer Drones aus, garniert mit allerlei knarzigen Störgeräuschen, die direkt in die Magengrube gehen. Kennt man in ähnlicher Form bereits von "The Drought".

Jesse Sanes baut hingegen mit hypnotischen Industrial-Klangschleifen und metallischen Hammerschlägen in "The Chaos Of Illusions" ein trostloses Szenario auf, das an einsame Industrieschluchten führt. Dazwischen trifft sich das Duo in "Aleppo In Headlines", das im Kriechtempo nach vorne schreitet, während kreisende Synthies und ein schrilles, immer wiederkehrendes Elektronik-Motiv für subtile Spannung sorgen. Dass JH1.FS3 über eine markante Handschrift verfügen, lässt sich kaum leugnen.

Dennoch nimmt das Album nach dem versponnenen "Interlude" einen völlig anderen Verlauf. In der nachfolgenden zweiten Albumhälfte kommt der fragile Charakter des Duos besonders zum Tragen. Der hat mit Puce Mary und Liebestod dann doch zum Glück wenig gemeinsam. JH1.FS3 schreiben sich Individualität auf die Fahnen.

Gerade "At The Bottom Of The Night" verdeutlicht dies, wenn Frederikke Hoffmeier eine kindlich naive, aber zerbrechliche Melodie vor sich hinhaucht und sich den dissonanten Harmonium-Akkorden technoide Loops anschließen, die man von dem Projekt gar nicht erwartet hätte. Ein verführerischer Track für die Nacht.

In "Infinite Emptiness Of A Heavy Heart", durchzogen von strahlend hellen Synthies und dem nachdenklichen Vortrag Puce Marys, gesellt sich noch ein Schuss Dramatik, die sich bei dem Duo ebenfalls noch nicht so vordergründig herausschälte. "Nice" wirkt mit einem zärtlichen Dialog und analoger Elektronik beinahe versöhnlich, abgerundet durch eine schüchterne Melodie Frederikke Hoffmeiers.

Dementsprechend entwickeln sich JH1.FS3 mit "Trials And Tribulations" auf natürlichem Wege weiter, ohne das Intime aus dem Auge zu verlieren. Als "Cinema of the ear" bezeichnet das Duo das Werk und liegt mit der Aussage goldrichtig. Dabei sieht man sich nicht nur mit Abgründigkeit konfrontiert: In den dunklen Noise- und Industrial-Sphären blitzt hie und da ein leiser Hoffnungsschimmer auf.

Trackliste

  1. 1. Far From Spring
  2. 2. Every Little Detail
  3. 3. Aleppo In Headlines
  4. 4. The Chaos Of Illusions
  5. 5. Interlude
  6. 6. The Earth Sticks To My Feet So I Won't Abandon It
  7. 7. At The Bottom Of The Night
  8. 8. Pipe Talk
  9. 9. Infinite Emptiness Of A Heavy Heart
  10. 10. Nice

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