Porträt

laut.de-Biographie

I Salute

Vom Rap zur Indie-Gitarrenmusik und zurück, das klingt nach einem einigermaßen weiten Weg. Und doch auch wieder nicht, sobald sich die Geschichte um I Salute dreht, angesichts deren Schaffen die Presse um Vergleiche ringt:

"Ein bisschen wie Prinz Pi", schreibt igittbaby.de. "Ohne die Porno-Rap Vergangenheit und innovativer. Anders irgendwie auch. Vor allem anders." Anderswo geht die Rede von "Dekonstruktion als Konzept" und "Stadion-großen Indie-Hooks". Es regnet Vergleiche mit Casper oder Clueso - und manches tönt verdammt nach A$AP Rocky.

Das hat einen Grund: "A$AP Rocky hat mir wieder gezeigt, wie fresh Hip Hop klingen kann", so Sören Geißenhöner im Interview. Ähnlichkeiten im Sound oder auch einmal eine komplett entliehene Hook möchte er entsprechend als Geste der Ehrerbietung verstanden wissen, nicht als Klau.

Sein Weg beginnt in den 90ern in Tangermünde im nördlichen Sachsen-Anhalt. Jeder, der auf dem platten Land aufgewachsen ist, ahnt, wie sich eine Jugend dort anfühlt. Die Langeweile, in der man tagtäglich zu ersaufen droht, hat aber auch einen positiven Nebeneffekt: Wer nichts geboten bekommt, muss selbst anpacken.

Sören schreibt, beeinflusst von Berliner Untergrundrap der Jahrtausendwende und den Pott-Heroen von RAG, schon mit 14 oder 15 Jahren Rap-Texte. Dann allerdings gerät er in die falsche Gesellschaft. Oder in genau die richtige, je nach Blickwinkel.

Im Freundeskreis stoßen seine Lyrics auf offene Ohren. Allerdings bewegen sich die Kumpels allesamt nicht in Hip Hop-Kontexten, sondern spielen in einer Indie-Band. Egal. Sören lässt sich darauf ein, seine Zeilen anders zu interpretieren. Bald findet er sich in der Position des Frontmanns wieder.

Gegründet 2004 bespielen die Empty Guns gefühlt jedes Jugendzentrum, jeden Autonomenclub der Republik. Sörens musikalische Interessen verlagern sich. Jahrelang hört er vorwiegend Gitarrenmusik und macht auch selbst welche. Eine ganze Weile lang geht das gut, bis geschmackliche Differenzen irgendwann doch ihren Tribut fordern.

Um 2010, 2011 ist das Pulver verschossen, die Wege der Empty Guns trennen sich, und Sören genießt plötzlich wieder alle Freiheiten. Um die auszuleben, holt er sich seinen alten Freund Magnus Wichmann aus Leipzig ins Boot. Unter dem Namen BiT produziert er, arbeitet als Soundmann und trommelt zudem in einer Screamo-Band.

Musikalisch liegen die beiden dennoch auf einer Wellenlänge. Bei Einflüssen, die von Golden Era-Hip Hop bis zum Elektro reichen, finden sich schon Themen, auf die man sich verständigen kann. Besagter A$AP Rocky zum Beispiel, Clams Casino oder Kanye Wests Album "Yeezus".

Über den Namen des Projekts gibt Sören gegenüber Noisey zu Protokoll: "Ich wollte keinen Rapper-Namen haben, bei dem man mich ansprechen konnte wie mit meinem Vornamen. Ist ein subjektives Empfinden. Ich bin Sören und ich mag den Namen auch."

Er landet bei I Salute: "Ich habe mir überlegt, welcher Name zu mir passt, aber nicht sofort beschreibt, was ich für eine Musik mache. Das finde ich viel spannender. Vielleicht rührt das auch daher, dass ich mich jahrelang in der Gitarrenmusik bewegt habe und die Namen dort deutlich kreativer sind als im Rapgeschäft."

Die erste Single "You" birgt dann auch genau das: ein Salut, einen Gruß in Richtung seiner ehemaligen Band. "Nach dem Ende der Empty Guns-Geschichte war mir wichtig, noch etwas loszuwerden: Ich wollte den Jungs erklären, warum ich die Band aufgelöst hatte", erläutert er dem Splash! Mag. "Ich hatte irgendwie auch nicht die Eier, zu jedem einzeln - nach Hamburg und Magdeburg - zu fahren, und wollte deswegen einen Song darüber schreiben."

"Ich hatte die Zeilen direkt im Kopf, schon beim letzten Konzert, das wir gespielt haben: 'Wir haben uns viel zu viel vorgenommen, ihr habt uns die Leichtigkeit genommen, wie auf eiskaltem Beton.' Damit sollte mein erster neuer Song beginnen. Dadurch kam mir diese Kombination aus 'I Salute' und 'You' in den Kopf. Ich wollte damit meinen Respekt erweisen und mich dankbar zeigen."

An seinen Texten feilt Sören zum Teil über Monate hinweg. "Ich lege einfach unfassbar viel Wert auf Wörter. Jedes Füllwort ist mir genauso wichtig wie ein viersilbiger Reim." Am Sound dazu basteln er und Magnus trotz der Entfernung Berlin - Leipzig gemeinsam: Sie experimentieren, produzieren und arrangieren, und überall klingen zwischen verschrobenen Samples und gebrochenen Rhythmen die unterschiedlichen musikalischen Hintergründe der Beteiligten durch.

Ende 2014 entlassen I Salute die erste, vier Tracks starke Debüt-EP "To Nothing But You" in die Welt. Im Dunstkreis der Leoniden erspielen sie sich im Jahr darauf reichlich Bühnenerfahrung. Das erste richtige Album allerdings lässt auf sich warten: "Her Confidence" erscheint erst im Sommer 2017, bei Four Music.

Parallelen zu Muso oder Gerard lässt sich Sören gerne gefallen. Letzteren spendieren I Salute ohnehin einen Beat für sein Album "AAA". Vielleicht teilen sich die beiden sogar die Motivation: "Ich schreibe aus einem generellen Unbehagen heraus", umreißt Sören seine Art zu texten: "Philosophisches Meckern, verpackt in Zuckerwatte."

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