laut.de-Kritik

Greif nach den Sternen und nach der Les Paul.

Review von

An Greta Van Fleet scheiden sich die Geister: Die einen halten sie für einen billigen Led Zeppelin-Verschnitt, die anderen freuen sich über den überraschenden Anklang, den der Retro-Rock-Sound in den Generationen Y und Z findet. Ja, die Jungs kupfern bei ihren Vorbildern ab, auch wenn sie das vehement abstreiten. Dennoch sind sie keine einfallslose Cover-Band. Sonst wären sie wohl nicht so weit gekommen. Drei Welt-Tourneen haben sie hinter sich gebracht, die vierte ist gerade im Gang. Auch ein Grammy steht bereits im Regal.

Mit dem ausgeprägt quäkigen Organ, das Frontmann Joshua Kiszka kennzeichnet, hätte er sich auch schüchtern vom Musikbusiness fernhalten können, ist sie doch nicht so glattgebügelt wie die autotune-versetzten Stimmen des Mainstream. Stattdessen schreit sich Joshua jedes Mal die Seele aus dem Leib, als ob es kein Morgen gäbe. Zeitweise wird das gewaltige Stimmorgan des Sängers mit wortlosen Hooks zum eigenständigen Instrument. Für ruhig Töne hat Joshua wenig übrig. Er ist gekommen, um die Bude zu rocken.

Auch seine Band-Kollegen halten sich nicht zurück. Die Gitarren schreien, das Schlagzeug knallt und der Bass treibt die Gruppe voran. "Starcatcher" ist keine Musik für kleine Clubs. Auch der großzügig eingesetzte Hall-Effekt verkündet: Das ist Stadionrock.

Im Gegensatz zu den militanten Titeln der beiden Vorgängeralben "Anthem Of The Peaceful Army" und "The Battle At Garden's Gate", wirkt der Name des dritten Albums eher hippie- oder comic-haft. Auch der Klang hat sich etwas verändert: Die Band setzt zunehmend auf beschwingte Country-Rock-Riffs à la "Sweet Home Alabama", zum Beispiel im Ohrwurm "The Falling Sky", das mit Mundharmonika-Elementen aufgelockert wird. Auch im Closer "Farewell For Now" wird der Country-Einfluss deutlich.

Daneben erkunden Greta Van Fleet alle möglichen Ausprägungen des Rock-Genres. "Runway Blues" klingt beispielsweise wie ein im Vorspultempo abspielter Rock'n'Roll-Track. "Frozen Light" wirkt hingegen eher AC/DC-inspiriert. "The Archer" verbindet sanftere Mittelalter-Folk-Elemente mit harten Riffs, elfenhaftes Lamentieren mit wilden Schreien.

Auch die Texte erinnern wieder an die 70s. "Meeting The Master" handelt von einer geheimnisvollen Begegnungen mit einem Guru. In "Indigo Streak" beschreibt Joshua einen Künstler und dessen mystische Erfahrung seiner Kreativität: "Wide minded dreamer from far and away paints pictures cleaner with brushes and touches the sky". Das Werk jenes Künstlers ist nicht an Raum und Zeit gebunden und transzendiert die Wirklichkeit.

"Starcatcher" beweist erneut, dass die Band jede Halle zum Wackeln bringt. Allerdings gehen ihnen wohl langsam die Ideen aus. Die zehn Songs unterscheiden sich nicht maßgeblich voneinander und verschwimmen zu einer ausgedehnten Lobeshymne an die gute alte Zeit.

Trackliste

  1. 1. Fate Of The Faithful
  2. 2. Waited All Your Life
  3. 3. The Falling Sky
  4. 4. Sacred The Thread
  5. 5. Runway Blues
  6. 6. The Indigo Streak
  7. 7. Frozen Light
  8. 8. The Archer
  9. 9. Meeting The Master
  10. 10. Farewell For Now

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6 Kommentare mit 13 Antworten

  • Vor 9 Monaten

    Wenn du 70er-Rock bei Wish bestellst.

  • Vor 9 Monaten

    Der Gesang bei den Live Videos ist aber schon schwer zu ertragen.

    • Vor 9 Monaten

      Die gesamte Band ist leider schwer zu ertragen.

      Kapiere einfach nicht wer sich sowas anhören kann, vermute es ist eine Art Selbstgeißelung…

    • Vor 9 Monaten

      Naja. Man kann schon sagen dass Schlagzeug und Bass eigentlich nicht richtig beachtet werden, die sind fein raus. Hier und da ist ein GItarrenriff mal clever kopiert, wird dann aber auch 8 Minuten am Stück gespielt. Aber um den Gesang kommt man nicht drum rum. Der ist einfach so sehr im Vordergrund und penetrant und leider viel zu hoch für den armen Teufel. Erinnert mich an Wolfmothers Far Away Darbietung bei Rock am Ring 2009. Aber jetzt wo ich das nochmal höre, Wolfmother ist da doch besser gesungen.

    • Vor 9 Monaten

      + 1 für Wolfmother

      Hab die kürzlich mit meinem Bruder zusammen (eher seins als meins) live im Substage KA gesehen und war schon ziemlich erstaunt, wie mühelos Stockdale seine Parts rauszuhauen scheint, während er dabei noch über die Bühne springt und fegt als sei er ein vollgummierter Derwisch. Funke sprang entsprechend ohne jede als solche wahrnehmbare Anstrengung aufs Publikum über - auch wenn selbiges spürbar (ähnlich wie ich) vor allem um das Material der ersten beiden Scheiben kreiste.

      "Wenn schon LZ & Classic Rock-Copycat, dann jede Sekunde eher Wolfmother als GVF" war dann auch mein persönliches Mitbringsel von dem Konzi.

  • Vor 8 Monaten

    Es bleibt dabei, auch nach mehreren Album-Releases hört man bei fast jedem Song ein Led-Zeppelin-Zitat raus (z.B. den Rain Song bei „Meeting the Master“). Das geht mir persönlich einfach zu weit (wie schon beim letzten Album geschrieben). Keine Ahnung, wie das so erfolgreich sein kann.

    • Vor 8 Monaten

      ich kenne nicht diese stil von muzik bruder aber weis was du meints ich sehe auch rapper sind billigen kopie von massiv aber menschen finden originell weil keiner kennt noch richtige klassiker

    • Vor 8 Monaten

      Paar Zitate an ein paar Stellen wären für mich okay. Als offensive Ehrerbietung, die im Gegensatz zum jetzigen konsequenten Verschweigen der Vorlage stünde. Zumindest viel besser als die Nummer "halbgarer Abklatsch eines Zeppelin-Riffs, der innerhalb von 4 Minuten bis zum Erbrechen wiederholt wird".

    • Vor 8 Monaten

      Ja, das ist wirklich das schlimmste. Also ich höre da auch dass die Gitarre auch mal so Aerosmith drin hat und mit Bonham und Jones braucht man die Rhytmusgruppe nicht vergleichen, aber die Band will halt als Band komplett Led Zeppelin kopieren und sagt eher dass sie von DJ Bobo inspieriert wäre. Und dieses ewige wiederholen von Zitaten, minutenlang, ohne dass was passiert. Aber gut. Die Popwelt besteht auch zur Hälfte aus kopierten Melodien mit neuen Texten über simple Housebeats gepappt und es läuft weil die Melodien gut sind und das jüngere Publikum nicht die Originale kennt.

    • Vor 8 Monaten

      Ironischerweise scheinen gerade ältere Semester, die, auf's Alter bezogen, näher an den original Led Zeppelin dran sind als höchstvermutlich alle der Anwesenden, sich eher für Greta Van Fleet erwärmen zu können. Die wissen vielleicht zu schätzen, dass ne junge Band deren musikalischen Einfluss zu würdigen versucht.

    • Vor 8 Monaten

      Ja, das trifft z.B. auf den Freund meiner Mutter (Jahrgang '66) zu, aber wenn mensch da mal näher nachfragt kommt schnell heraus, dass er es am allerliebsten gehabt hätte, wenn LZ einfach auf AC/DC und über 25 Scheiben lang bis ins hier und jetzt immer wieder den gleichen Song im gleichen Sound gemacht hätten. Da es bekanntlich nicht so kam, ist aus dieser Perspektive die fortwährende Existenz von GVF die anscheinend nächstbeste Befriedigung besagten Anspruchs.

  • Vor 8 Monaten

    Anschließend an LZ_Ultra: Hierzu, mM-nach, muß ich ausdrücklich betonen, daß der 3 CD der Kiszka Brüder vielmehr sich wie ein LZ-Tribute hören läßt, was mich auf der Gedanke gebracht hat, daß die US-Truppe damit einen ehrenvollen Abschied /als Andenken an deren Leistungen u. irgendwie in voller Andacht versunken!/ von der alten wegweisenden Dinos Lead Zeppelin nehmen werden... Und künftig mehr auf die eigenen Werke größeren Wert legen werden, und deswegen das ganze Album ist von dem ganzen Schaffen der Altvater durchgedrungen und es höre sich wie deren Schöpfung ohne Ausnahme. Hier sind einfach die LZ wiedergeboren und klingt simply fast so, daß sie auferstanden sind - mit Ausnahme des Solo-Vokals von eben genannten Joshua, der als Boss auch ein passender biblischer Name dazu noch trägt... Damit meine ich, daß in der nächsten Zukunft die Flotte mehr u. vielmehr Gewicht auf die Selbstentwicklung und Erweiterung ihres Schaffenspotentials u. eigenen Stils legen werden und nicht mehr wie einfachen Kopien ihrer berühmten Vorfahren klingen würden wie in einige bisher veröffentlichen Songs. Tja, so ist das - die ganze Zukunft liegt vor ihren Füßen u. keiner wird es ihnen wegnehmen. MfG, yorval/BG