Porträt

laut.de-Biographie

George Harrison

"Sie ignorierten mich." John Lennon und Paul McCartney "waren zweifellos talentiert und bildeten ein gutes Duo. Ihr Ego war aber so groß, dass kaum Raum für andere blieb", erzählt George Harrison 2000 in einem Interview und offenbart dabei, was ihn wohl sein Leben lang gewurmt hat: Dass er lange nicht als eigenständiger Musiker angesehen wurde.

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1943 in Liverpool geboren, gründet er mit Lennon und McCartney Ende der 50er Jahre die Beatles. Drei Jahre jünger als der charismatische Lennon und musikalisch weniger genial als McCartney, steht ihm die Rolle des Leadgitarristen und Backgroundvokalisten zu, der ab und an auch mal ein eigenes Lied einbringen darf. Eine Tätigkeit, mit der er immer unzufriedener ist: Wirkt sein erstes Lied, "Don't Bother Me" (1963 auf "With The Beatles") noch etwas hölzern, bringt er es bis zur Trennung 1970 zu Klassikern wie "While My Guitar Gently Weeps" ("White Album", 1968), "Something" und "Here Comes The Sun" (beide "Abbey Road," 1969).

Da er sein Material meist nicht durchsetzen kann, widmet er sich anderen Dingen. 1965 fällt ihm bei den Dreharbeiten zum Film "Help" der damals in Europa praktisch unbekannte Sitar in die Hände. Er nimmt Unterricht beim indischen virtuosen Ravi Shankar, setzt es kurz darauf in (Lennons) "Norwegian Wood" ein und löst somit eine Mode aus. Gefolgt von vielen anderen Bands, verwenden es die Rolling Stones für "Paint It Black". Harrison selbst schreibt einige Lieder für das Instrument, unter anderen "Within You Without You" auf "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" (1967).

Es ist sein erster Kontakt mit der indischen Kultur, die ihn stark in ihren Bann zieht. 1966 reist er mit den anderen Beatles nach Indien und verbringt einige Wochen in der kommerziell-religiösen Gemeinschaft des Popgurus Maharishi Mahesh Yogi. Mit Hilfe von Freunden wie Cannabis, LSD und Pilzen driften er und die Band in transzendentale Welten ab und werden zu Vorreitern der psychedelischen Bewegung. Während bei den anderen das Interesse schnell schwindet, bleibt Harrison sein Leben lang Anhänger der Hare-Krishna-Bewegung.

1968 schreibt er den Soundtrack zum (nie fertig gestellten) Film "Wonderwall" und liefert somit den Titel zu einem der erfolgreichsten Lieder von Oasis. Endgültig auf eigenen Beinen steht er jedoch erst zwei Jahre später, als er im Herbts 1970 nach der Trennung der Beatles sein Soloalbum "All Things Must Pass" veröffentlicht. Nicht nur der Titel bezeugt den Frust, der sich jahrelang angesammelt hat: Aus drei LPs bestehend, ist es eine der umfangreichsten Veröffentlichungen, die es jemals an die Spitze der weltweiten Charts geschafft haben. "Bei ihm lagen 80 Lieder in der Schublade, die er bei den Beatles nie hatte loswerden können," berichtet Phil Spector, der Starproduzent der Platte.

Im Anschluss an Lennons "Plastic Ono Band" mit der gleichen Grundbesetzung eingespielt - neben Spector Beatles-Schlagzeuger Ringo Starr, Klaus Voormann (Bass) und Bill Preston (Klavier und Orgel) - plus Gästen wie Eric Clapton und ein noch unbekannter Phil Collins, enthält es neben Klassikern wie "My Sweet Lord", dem Titeltrack und dem mit Bob Dylan geschriebenen "I'd Have You Anytime" 16 weitere, eher gediegene Lieder, die die ersten zwei LPs füllen. Auf der dritten befinden sich dagegen vier gelungen improvisierte Rocksongs, die während einer Jam Session live aufgenommen wurden.

1972 organisiert Harrison das "Konzert für Bangladesh", um Geld für die Opfer einer verheerenden Überschwemmung zu sammeln. Mit Gastauftritten von Bob Dylan, Ringo Starr, Ravi Shankar und Eric Clapton wird es zu einem der berühmtesten der Rockgeschichte. Es ist der Höhepunkt seiner Karriere als Musiker.

Anschließend geht es rapide bergab: Im selben Jahr brennt seine Ehefrau, das Modell Patti Boyd, mit seinem bis dahin besten Kumpel Clapton durch (der für sie einen seiner größten Hits, "Wonderful Tonight", schreiben wird), die Alben, die er in den folgenden Jahren aufnimmt, sind immer weniger erfolgreich. "Die Leute wollen nur Beatles-Lieder hören" erklärt er verbittert Mitte der 1970er Jahre während einer US-Tournee. Am frustrierendsten dürfte aber ein lange debattiertes Gerichtsurteil sein, dass 1976 in "My Sweet Lord" ein Plagiat von "He's So Fine" der Chiffons sieht und den Rechteinhabern eine stattliche Wiedergutmachung zuspricht.

Wieder sucht Harrison andere Tätigkeitsfelder. 1978 heiratet er Olivia Arias, kurz danach kommt Sohn Dhani zur Welt. Seine Produktionsfirma "Handmade Films" finanziert unter anderen Monty Pythons "Das Leben des Brian", "Live at the Holliwood Bowl", "Time Bandits" und deren Beatles-Satire "The Rutles: All You Need Is Cash." In den 80ern ist er auch in Hollywood tätig. Neben "Porky's" versucht er, Madonna und Sean Penn gemeinsam vor die Kamera zu bringen. 1980 erscheint zudem seine Autobiographie "I Me Mine", mit der er sich den Unmut John Lennons zuzieht, dessen Name im Buch kein einziges Mal fällt.

Auf den 1982er Flop "Gone Troppo" folgt fünf Jahre später überraschend ein Superhit: das von Jeff Lynne produzierte Album "Cloud Nine" ist Harrisons größter Erfolg seit "All Things Must Pass" und enthält mit der Single "I Got My Mind Set On You" einen Chartbreaker. Mit erneuertem Vertrauen in seine musikalischen Fähigkeiten spielt er mit Lynne, Bob Dylan, Tom Petty und Roy Orbison in der Supergroup Traveling Wilburys, die mit "Vol. I" (1988) und "Vol. III" (1990, ohne den in der Zwischenzeit verstorbenen Orbison) weltweit Erfolge feiert.

Wieder versöhnt, tourt Harrison 1991 mit Clapton durch Japan. Das dabei aufgenommene "George Harrison Live in Japan" ist sein letztes Album zu Lebzeiten. Den Rest der 1990er Jahre verbringt er hauptsächlich mit verschiedenen Beatles-Projekten, darunter die im Jahr 2000 veröffentlichte Autobiographie "Beatles Anthology" und das Best-Of "1". Doch kommt er vor allem wegen einer Bluttat in die Schlagzeilen: In der Nacht zum 30. Dezember 1999 dringt ein Geistesgestörter in sein 120-Zimmer-Anwesen bei London namens Friar Park und sticht mehrmals auf ihn ein. Nach einem Kampf schafft es Harrisons Frau, den Angreifer zu überwältigen. Der Musiker ist zwar schwer verletzt, kommt aber mit dem Leben davon. Der Täter wird im November 2000 von einem Gericht für nicht verhandlungsfähig erklärt und für unbestimmte Zeit in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen.

Zum 30. Jubiläum erscheint 2001 eine Neuauflage von "All Things Must Pass", digital abgemischt und mit einigen Bonustracks. Währenddessen arbeitet Harrison an einem neuen Soloalbum mit dem Arbeitstitel "Volume One", auf dem er die meisten Instrumente selbst spielt. "Auf diesem Album wird man Gitarre, Bass und Schlagzeug, aber keine Computer hören", erklärt er dazu. "Heutzutage kann jeder mit einem Computer Musik machen. Das Allerschlimmste sind Drum Machines. Sie sind eine Seuche, die sich auf der Welt immer mehr verbreitet. Ich hasse sie und sie machen mich krank."

Doch gelingt es ihm nicht, das Album fertig zu stellen, denn am 29. November 2001 erliegt er in Los Angeles einem Hirntumor. Einem engen Freund zufolge waren seine Frau und sein Sohn in den letzten Stunden bei ihm. Diese erklärten gegenüber der Presse: "Er ging von dieser Welt, wie er in ihr gelebt hat: Im Glauben an Gott, ohne Furcht vor dem Tode, und in Frieden, von seiner Familie und Freunden umgeben." Seine letzte Botschaft an die Welt sei gewesen, was er oft zu sagen pflegte: "Alles kann warten - alles bis auf die Suche nach Gott und die Liebe zu den Mitmenschen."

Das Album, fertiggestellt durch Lynne und Dhani Harrison, erscheint 2002 mit dem Titel "Brainwashed". 2004 erhält Harrison einen posthumen Grammy für den Auszug "Marwa Blues" als "Best Pop Instrumental Performance". Passend dazu erscheint die Zusammenstellung "The Dark Horse Years 1976-1992".

Für die definitive Sammlerausgabe muss man jedoch weitere 13 Jahre warten: Anfang 2017 erscheinen mit der 18 LPs umfassende "The Vinyl Collection" alle offizielle Alben in neuer Abmischung, dazu unveröffentlichtes Material. Wem eine Nummer kleiner genügt, darf sich über eine hübsch verpackte Vinyl-Neuausgabe von "All Things Must Pass" freuen.

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2 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 8 Jahren

    oh mein gott..dieser satz ..danach ging es rapide bergab . aha..woran wird das festgemacht ?ß weil er keine top ten titel hatte..?? oder seine alben nicht in den charts waren ??
    sorry..aber eines sind die charts bestimmt nicht..ein zeichen das etwas gut ist. das einzige was es zeigt ist das man den massengeschmack trifft. und oft wird sch**** vergoldet. eine menge guter musik wird nie in den charts zu finden sein
    1. weil viele nur das kaufen und hören was in den charts ist
    2. weil sie nur kaufen und anhören das sie kennen.
    3. und wirklich gute musik nicht einfach konsumierbar ist.
    für viele ist musik zu etwas verkommen das man nebenher hört bzw..sich davon berieseln lässt.

  • Vor 7 Jahren

    Wow, schon lange keine so inkorrekte Biografie gelesen. Als großer Beatles- und Georgefan muss ich einiges klar stellen.

    1. "... musikalisch weniger genial als McCartney": Das ist natürlich Humbug. Paul sagte selbst mehrmals, dass George zu Beginn der Quarrymen musikalisch viel weiter war als John und Paul. John spielte, bis er George traf, sogar nur mit 4 Saiten, weil er auf dem Banjo spielen gelernt hatte und es nicht besser wusste. George hatte in Puncto Gitarren viel mehr drauf, deshalb bekam er auch den besseren Posten des Leadgitarristen.

    2. Georges erste private Reise nach Indien fand im Anschluss an die katastrophale Asientour 1966 statt, die Beatles verbrachten 1968 ein paar Monate bei Maharishi Mahesh Yogi.

    3. Das "Concert for Bangladesh" fand 1971 statt, nicht 1972. Und das Geld wurde nicht für Überschwemmungsopfer gesammelt sondern für die zahlreichen Flüchtlinge und Opfer des Bangladeschkrieges.

    4. Dass es nach 1971 mit Georges Karriere rapide bergab ging, halte ich für Mist. Klar, der kommerzielle Erfolg kann nicht mit "All Things must pass" verglichen werden, aber in den 70ern wollte scheinbar niemand die Soloplatten der Beatles hören. Paul hatte auch erst ab Mitte der 70er Erfolg und die Platten von John und Ringo verkauften sich ähnlich schlecht wie die von George. Als negatives Beispiel hätte ich die katastrophale "Dark Horse"-Tour durchgehen lassen, die gar nicht erwähnt wird.

    5. Der Text suggeriert, dass er sich bis 1991 mit Eric Clapton zerstritten hätte, was natürlich nicht stimmt. Schon als ihre Ehe zerbrach kommentierte George, dass es ihm lieber sei, Pattie sei mit Eric zusammen als mit irgendeinem Typen von der Straße. Die beiden waren all die Jahre sehr gute Freunde, wie aus der Biografie von Eric Clapton hervorgeht.

    6. George starb im Haus von Paul McCartney in Los Angeles.