laut.de-Kritik

Garagen-Rock trifft auf Industrial und Elektro.

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Die zwei Damen blicken auf dem Artwork drein wie nach einem durchzechten Junggesellinnenabschied. Generell lassen Rosie Bones und Carmen Vandenberg kein Rock-Klischee aus, um sich als Riff-rockendes Enfant Terrible der EDM-Szene zu inszenieren. In London findet das Duo um die rauchige Sängerin Rosie und die Krachmacher-Gitarristin Carmen nach einer durchzechten Jam-Session zusammen und bleibt fortan unzertrennlich.

Marktschreierisch mutet schon mal das Video zum minimalistischen, EDM-getriebenen Riff-Rocker "Beautiful Is Boring" an. Es startet mit Cunnilingus und Zigarrenrauchen und zeigt später das frenetisch-feiernde Treiben der männlichen Crowd. Sowieso nimmt der visuelle Part eine wichtige Rolle ein. Sängerin Rosie zeichnet auch für den visuellen Part verantwortlich. Nur konsequent, dass zu jedem Track auch ein entsprechendes Video erscheint. Wobei die gestelzte Coolness in Richtung Pink auf Crack häufig über die Musiksprache siegt. Sind die beiden Musikerinnen sich etwa unsicher, ob der Qualität des Materials oder einfach Marketing-Spezialistinnen?

Pointiert vorgetragener Garagen-Rock mit starker 90er Grunge-Schlagseite trifft auf Industrial und Elektro und umgarnt das Ohr mit einprägsamen Hooks, die entweder den Tracktitel stark frequentieren oder auf simple Melodien setzen. Nine Inch Nails oder die jüngeren Arbeiten von Reznor mit Atticus Ross stehen ebenso Pate wie die Wegbereiter des Crossover (Beastie Boys, Faith No More oder RATM). Geschmack beweisen Bones und Vandenberg mit der Bowie-Hommage "I'm Afraid Of Americans".

Viele Tracks generieren ihre Sounds aus dem Synthie-Plug-In für Flake-Liebhaber. Ob die Nähe zu den Provokateuren aus dem wilden Osten nun sympathisch ist, mag jeder für sich entscheiden. Leider plagiiert das Duo häufig gängige Rock-Klischees und setzt damit eben keinen Kontrapunkt zu einem eigenständigem Sound.

Besonders wirksam gerät der Mash-Up, wenn er sich weg vom Tough Girl-Image bewegt und Druck vom Kessel nimmt. Das Ambient-Kunstwerk "Souls" mit flirrenden Licks und hypnotischen Beats ist der Kunst der Dirty Projectors näher als dem Lärm von Fever 333. Auch ein groovig-chilliger Dubstep-Track wie "Leach" hebt die Laune bedeutend mehr als ein Tanzflächen-Versager wie "Pretty Waste". Richtig gehend großartig gelingt der Dark-Blues "Girls Can't Play Guitar". "It's just biological impossible", sinniert Rosie mit Augenzwinkern in Richtung Sex und Gender, bevor ihre kongeniale Partnerin im besten Morello-Stil loslärmt und solistisch das Gros der selbsternannten Guitar-Heros links liegen lässt.

Generell zeigt das Duo mehr Haut als Knochen. Das Fundament lässt dementsprechend oft zu wünschen übrig. Wobei die schnoddrige Wasted Youth-Masche durchaus ihren Charme hat. Das ist eindeutig musikalisch gemeint und nicht optisch. Ob die Band den Hype überlebt? Was die Stimme und das instrumentalen Know-How anbelangt, steht einer langfristigen Verweildauer im erlesenen Musik-Business nichts im Weg. Aber Mädels, lasst den Zirkus sein. Einen Protegé wie Mötley Crües Nikki Sixx braucht doch keine Sau.

Trackliste

  1. 1. Beautiful Is Boring
  2. 2. Filthy Freaks
  3. 3. Pretty Waste
  4. 4. Leach
  5. 5. I'm Afraid Of Americans
  6. 6. Souls
  7. 7. Skeletone
  8. 8. Choke
  9. 9. Creature
  10. 10. Black Blood
  11. 11. Limbs
  12. 12. Girl's Can't Play Guitar

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