laut.de-Kritik

Der Rapper von nebenan.

Review von

"Fotzenknechte werden an die Wand geklatscht wie Norament." Wer als Bayern-Fan den Terminus "Fotzenknecht" rappt, darf natürlich alles, hieß doch so 1997 die erste und einzige Fun-Punk-Band des Autors, selbst inoffizieller FCB-Ultranordstern. Ali braucht dieses Gönnertum aus Sympathie aber nicht.

Im zitierten, dunklen "Missgestalten"-Track – nicht auf der Standard Version enthalten - bläst dir eine Trompete die Tristesse Mexikos Wüste direkt ins WG-Zimmer, während Herr Bumaye Tacheles, neudeutsch für Realtalk, redet. "Und die Bullen schauen weg wie in Köln auf der Domplatte" oder "Ihr liegt daneben wie Salafisten". Ali braucht nur wenige Zeilen ohne gekünstelte Sozialkritik, um dem Mainstream seine klassischen Bushido-Stereotypen auf den Nacken zu klatschen. Stark.

Auf dem zweiten Album fährt er natürlich weiterhin seinen "Ich bin nicht mal Rapper / aber im Stande mitzuhalten"-Film, meistens unterlegt von straighten, dick produzierten Party Boom-Bap-Beats. Die obligatorischen Djorkaeff, Beatzarre, Bushido und Shindy schneidern ihm diese maßgerecht auf Leib und Charisma. Der Berliner mit "Bauchumfang wie Big Pun" flowt auch besser als auf dem Debüt – herrlich seine Drake-Variante auf "Best Friends". Ein Silbengott wie der Punisher wird er zwar nicht mehr und eine gewisse Monotonie über 16 Tracks hinweg stellt sich ein. Woran liegt es dann aber, dass "Rumble In The Jungle" hier öfter über iTunes rollt als viele talentiertere Spitter?

Guru – Gott habe ihn selig – kennt einen Teil der Antwort: "It's mostly tha voice, that gets you up / It's mostly tha voice, that makes you buck / A lot of rappers got flavor, and some got skills / But if your voice ain't dope then you need to chill" ("Mostly The Voice", 1994). Alis heisere und kraftvolle Stimme hörst du aus tausenden heraus, die Lust am Leben springt förmlich aus dem McDrive-Schalter. Der andere Teil: Selbstironie und Bodenständigkeit.

Ali kommt trotz aller Neuköllner Straßen-Attitüde als Junge von Nebenan daher. Einer, der nach dem Club zu McDonalds fährt ("Fahr zu Mäckes / hol mir nachts 'ne Apfeltasche") und sich" im schwarzen CCN-Pulli die Hummerplatte" bestellt ("Rumble In The Jungle"). Früher hütete er das Fußballtor wie Theo und auch bei "Rumble" kann man sich ihn sehr gut in der Kreisliga-Kabine zwischen Kumpels vorstellen. Dort, wo Herkunft, Geld und sonstige Nebensächlichkeiten nichts zählen und wo über jeden Scheiß und sich selbst gelacht wird. So nimmt er in "Ali War's" - erfreulich smart und entspannt - sich und seine Außendarstellung auf die Schippe ("Wer wirkt verdächtig mit dem Bartwuchs eines Talibans / Zeig mit dem Finger auf den Dicken und sag: Ali war's!").

Was uns zurück zum anfangs erwähnten Bushido-Klischee und dem persönlichsten Track des Albums führt: "Palestine". Bushido tilgt in Tweets ja schon mal Israel komplett von der Karte oder posiert provokant im Paris-Pulli, um die Vorurteile gegenüber Moslems komplett zu überhitzen. Auch Ali plädiert in "Palestine" nicht gerade für eine Zweistaatenlösung ("Sie änderten dein' Namen in Israel / Doch für mich wird es immer nur Palästina geben") und seine Haltung wird sehr überdeutlich ("Du wurdest überfallen und ausgeraubt / Illegale Siedlung' werden aufgebaut").

Es fällt auch kein Wort über die Hamas oder arabische Nachbarn, die genauso wie die rechten Hardliner auf israelischer Seite kein Interesse an einem Ende der Gewaltspirale haben. Doch wie bereits in seinen Interviews erklärt, kehrt Ali in der Liebeserklärung einfach nur seine Gefühle von innen nach außen.

Er wählt für seine Worte einen wunderbar passenden Pianoteppich, der an Klassiker von Common erinnert, und spart auch nicht an Selbstkritik ("Ich vermiss' dich, aber habe dich noch nie gesehen", "Ich sitz' vorm Fernseher und schäme mich, weil ich helfen will"). Es ist kein hasserfüllter Aufruf zu Gewalt und selbst kartoffelige Besserwisser, die betroffenen Menschen wie Ali arrogant den Nahostkonflikt erklären wollen, können den Track fühlen.

Es gibt in jedem Konflikt immer zu wenig Stimmen des Ausgleichs, der Kooperation und des Friedens. Neben Rockbands wie Orphaned Land weist auch Hip Hop mit seiner integrativen Kraft – nicht erst seit dem PA Sports-Interview – hier einen Weg. Alle featuren sich teilweise gegenseitig über Grenzen hinweg. Selbst die hitzigen, religiös-politischen Diskussionen zwischen Toony und Sadiq oder Fler und Farid zeigen mehr Offenheit und Diskurs-Qualitäten als in allen anderen Genres zusammen. Hip Hop hat immer noch eine große Chance. Mehr Liebe, mehr Respekt, mehr Verständnis, weniger Hass und Egoismus auf allen Seiten und Alis Traum vom "Happy End" wäre überall möglich.

Okay, fast überall. Für Fotzenknecht gabs ein solch glückliches Ende vollkommen zu Recht nicht. Die graumsame Band mit einem völlig untalentierten Drummer hielt genau einen Tag und eine Zeile lang. "Ja, was macht die Klofrau froh, Uringeruch im Damenklo" war auch wirklich scheiße. Über solche Plattitüden ist Ali Bumaye aka "Balu, der Bär" aka "Kimbo Slice" mittlerweile weit hinaus. Mehr noch: Er ist jetzt ein echter Rapper.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Rumble In The Jungle
  3. 3. Ali war's
  4. 4. Best Friends
  5. 5. Weißt du, Dicker
  6. 6. Kimbo Slice
  7. 7. Skit
  8. 8. Gossenslang
  9. 9. Alonzo
  10. 10. Sex ohne Grund
  11. 11. BLN B.I.G.
  12. 12. Palestine
  13. 13. Happy End
  14. 14. Outro
  15. 15. Hmm… Na, klar
  16. 16. Missgestalten

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6 Kommentare mit 10 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    "Palestine" wirkt in der ansonsten recht gemütlichen Welt des Ali wie ein störender Fremdkörper

    Ein Schimmelfleck auf einem Hamburger und damit mein ich nicht die Beginner-Reunion

    Hier bei Ali von Big Pun, Common und zitierten Guru-Versen zu lesen hat auch etwas

    Ali vertraut auf seine Stimme, hat einen entschleunigenden Faktor inne, den er mit den gewohnt routiniert-wertigen Beats multiplizierend zu einem angenehmen Gesamtprodukt formt

    Deutschraps Bud Spencer ist mutiger geworden, persönlicher, immer an der Schwelle zur Comedy, kann aber paradoxerweise die Waage halten.

    Musik wie ein wohldosierter Besuch eines Fast-Food-Tempels

    Man ist temporär zufrieden, nicht überladen und doch wäre noch Platz im Bauch und Luft nach oben

    Gute Entwicklung die der Berliner macht, andere fahren lieber nach Polen

  • Vor 7 Jahren

    Den Fettsack-Ali kann man sich schon geben. Jetzt nix wofür ich direkt Geld ausgeben würde, aber definitiv okayer und unterhaltsamer Rap, an dems nix groß auszusetzen gibt.

  • Vor 7 Jahren

    Riecht leicht nach Bayern-Bonus, die Wertung! ;)

    Naja, die Beats mögen ja fein sein, aber selbst ein Cro flowt besser als Ali. Und die "Ironischer Specki"-Nummer ist halt auch irgendwann ausgelutscht.

    Wie Garret sagt, wohl eher Fastfood-Mucke.

  • Vor 7 Jahren

    Schönen Guten Morgen,

    ist das denn der Ernst des Autors? Ganze 4 Punkte für diesen stotternden Langzeitarbeitslosen, der mit seiner zur Schau gestellten Fettleibigkeit ja wohl alles andere als ein geeignetes Vorbild für unsere Jugend ist. Beim hören solcher "Musik" fühlen sich sicher auch einige der Taugenichtse aus diesem Forum in ihrem Sozialschmarotzertum bestätigt.

    Einfach eine Frechheit!

    Hochachtungsvoll

    Ihr Amtsvorsteher

  • Vor 7 Jahren

    Ich habe es schonmal an anderer Stelle gesagt:
    Das, was mich so krass an Ali (und dessen Management) ankotzt ist, dass sie ihn so scheiss dreist als "Deutschen Rick Ross" aufstellen und nichtmal versuchen das zu verstecken.

    ULTRA peinlich. Es gibt nichts erbärmlicheres, als sich als deutsche Kopie eine Ami-Rappers zu positionieren.

    Das Review kann echt nicht euer Ernst sein...

  • Vor 7 Jahren

    Wenn ich bedenke wem man hier alles keine Review gönnt oder Plattform gibt, wirft das echt ein komisches Licht. Wenn Ihr auf humorige Musik von Fetsäcken steht, dann hättet ihr ja mal Pillath durchnehmen können. Aber ok, der hat ja abgenommen...

    • Vor 7 Jahren

      Stimmt, Onkel Pillo-Rezi gabs hier nicht. Und Pillath ist natürlich weitaus charismatischer und versierter als Ali.

    • Vor 7 Jahren

      Ich hätte Pillath und gar Snaga gemacht, habe aber selten Bock auf Deutsch Rap. Es sei denn, um ein wenig zu provozieren. Und wenn ich Fler schon keine fünf Punkte geben darf, muss Ali her. Und das Album kann ich mehrmals hören und gar meiner Tochter vorspielen, macht Laune.