Porträt

laut.de-Biographie

9th Wonder

Am recht respektablen Hype der Post-Native Tongue-Hoffnung Little Brother soll er den größten Anteil gehabt haben: Patrick Douthit besser bekannt unter seinem Künstlernamen 9th Wonder hat als Produzent des Trios mit seinen spielerischen Basslines und jovialem Drum-Programming die Botschaft seiner rappenden Partner Phonte und Big Pooh ansprechend in Szene gesetzt.

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Geboren am 15. Januar 1975 in Winston-Salem, North Carolina beschäftigt sich der Akademiker-Sohn recht früh mit Musik. Er spielt in der Schulband und kann auch in seiner Freizeit nicht von seinem Keyboard lassen. Während seiner Studienzeit an der North Carolina Central University nimmt schließlich der Wunsch professionell Musik zu machen konkrete Formen an - 9th trifft 1998 auf die zwei Studienkollegen Thomas Jones (aka Big Pooh) und Phonte Coleman (aka Phonte). Man organisiert sich ohne fixe Bindung mit anderen Durhamer Künstler der ansässigen Hip Hop-Szene als The Justus League zusammen. 2001 schließlich gründet das Rap-Trio Little Brother: 9th Wonder als Produzent, Phonte und Big Pooh als Rapper am Mikrofon. Ganz nach dem klassischen Hip Hop-Band-Konzept, wie es Vorbilder wie A Tribe Called Quest oder Gang Starr vorgemacht hatten.

Auch hinsichtlich der technischen Mittel will 9th Wonder den Produzenten DJ Premier und Ali Shaheed nacheifern, doch für den Kauf einer MPC, jener inflationär gebrauchten Drum-Maschine der Zeit, bleibt leider kein Geld. 9th weiß sich zu helfen, als ihn ein Freund auf das PC-Programm Fruity Loops aufmerksam macht. Recht simpel kann man dort Beats programmieren und sie mit ein wenig Geschick klingen lassen, als kämen sie direkt aus den erwünschten Samplern. In Folge perfektioniert 9th den Umgang mit der Software und macht sie zu seinem Markenzeichen.

Die Motivation Musik zu machen wächst. Schließlich wird 2002 das Oaklander Label ABB Records auf das Trio aufmerksam und bietet Little Brother einen Deal an. Sie willigen ein und veröffentlichen ein Jahr später ihr Debüt "The Listening". Kritiker wie Fans einigen sich kollektiv auf nicht weniger als die Auszeichnung der neuen Stars der Native Tongue-Bewegung und erfreuen sich in erster Linie an 9th unbeschwertem Sound, der die Soul-Samples der Vergangenheit mit den (computerisierten) Drums der Gegenwart ansprechend verbindet. Schon früh streckt der Produzent seine Fühler außerhalb des Little Brother-Kosmoses aus und kollaboriert mit ganz unterschiedlichen Künstlern. Außerdem avanciert sein Remix des kompletten Nas Albums "God's Son" unter dem Titel "God's Stepson" zum Untergrunderfolg. Während Phonte und Big Pooh ausgedehnt auf Tour gehen, bleibt 9th Wonder lieber in seinem Studio und verschickt seine Beats etwa an Murs, Kazé oder Jean Grae, die sogleich jeweils ein ganzes Album mit dem Produzenten aufnehmen. Während Murs' "3:16" großen Anklang in der Szene findet, wird die Zusammenarbeit mit Jean Grae "Jeanius" nicht veröffentlicht, Kazés "The Spirit of 94" geht vollkommen unter.

9th Wonders Aufstieg auf die nächsten Stufen der Produzentenleiter stoppt derweil nicht. Über den Roc-A-Fella-Studio Engineer Young Guru kommt er in den Kontakt mit Jay-Z persönlich, der kurzerhand einen 9th Wonder-Beat für sein "Black Album" pickt - der Ritterschlag für den bodenständigen Durhamer, der folglich Aufträge von berühmten Persönlichkeiten wie Mary J. Blige, De La Soul, Memphis Bleek, The Game, Lloyd Banks, Sean Price und sogar Destiny's Child bekommt. Rap aus der Region in North Carolina hat mittlerweile dank Little Brother einen Namen in der Szene und die immer noch bestehende Justus League-Posse veröffentlicht in regelmäßigen Abständen neue Musik. Die Beats von 9th Wonder, die sich mittlerweile zu einem echten Trademark gemausert haben, sind meistens dabei.

2005 erscheint das zweite Album von Little Brother selbst. Sogleicht sorgt "The Minstrel Show" für Kontroverse. Der amerikanische Musiksender BET hält den Sound von Little Brother für zu intelligent und verweigert dem Produkt Airplay. Dabei kritisiert das Album gerade diese Vorgehensweise in seinem Titel und darüber hinaus. Nach wie vor ist kommerziell gesehen kein Platz für eine Band wie Little Brother in Amerikas schizophrener Musikszene. Im Untergrundbereich bleibt man jedoch hochmotiviert, auch dank des überwältigenden Feedbacks aus diesen Kreisen. Die Justus League vertieft den Kontakt mit dem New Yorker Kultlabel Duck Down und folglich entstehen mehrere Kollaborationen zwischen den beiden Plattenfirmen - die Justus League hat mittlerweile mit Hall of Justus ihr eigenes Label gegründet. Vorne dabei in der neuen Geschäftsbeziehung ist 9th Wonder, der sogleich mit Black Moon-Rapper Buckshot ein gesamtes Album aufnimmt: "Chemistry". Auch für Sean Price bastelt er etliche Beats und fühlt sich in diesem Szenebereich sichtlich wohler.

Für VIP-Parties und ein Leben in Saus und Braus hat der werdende Vater und selbsterklärte Familienmensch sowieso keinen Kopf. Er verbringt lieber Zeit in seinem Homestudio, mit seinem Kind und nimmt einen Lehrauftrag der North Carolina Central University an und unterrichtet am dortigen Musikwissenschaftsinstitut die Geschichte des Hip Hop-Genres.

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Irgendwie scheint dies seinen Little Brother-Brüdern nicht so wirklich zu munden - auf ihren ausgedehnten Touren ist 9th selten bis gar nicht dabei und auch sonst scheint Little Brother nicht seine erste Priorität zu sein. Nach langer Zeit voller Gerüchte und Mutmaßungen platzt schließlich Anfang 2007 die Bombe: nach gemeinsamen Einvernehmen trennt sich Little Brother von seinem langjährigen Produzenten. Man hege keinen Gräuel aufeinander, aber es gehe einfach nicht so weiter. Von Phonte und Big Pooh hört man in Folge immer wieder Aussagen zu dem Split, doch 9th Wonder bleibt verschlossen. Ein Grund dafür, dass sich die Szene Gedanken darüber macht, ob die Trennung tatsächlich so sauber über die Bühne gegangen ist. Als Gegenargument dafür taucht auf dem dritten Little Brother-Album "Getback" ein Beat von 9th Wonder auf und Big Pooh und Phonte kollaborieren mit 9th auf dessen Solo-Album "Dream Merchant Vol. 2".

9th Wonders musikalischer Motivation tut dies jedoch keinerlei Abbruch, im Gegenteil. Er produziert Beats am laufenden Band - löst sich dabei mittlerweile auch ab und an von seiner patentierten Sample/Drum-Formel und unterlegt musikalisch M.O.P., Saigon, Median, Bishop Lamont, die Boot Camp Clik, das Strange Fruit Project, Consequence, Masta Ace, Mos Def, Royce Da 5'9'', Jozeemo, Camp Lo, Skyzoo und viele mehr. Diese Namen tummeln sich in erster Linie auf seinen, in regelmäßigen Abständen erscheinenden Solo-Alben "Dream Merchant Vol. 1 & 2" und "The Wonder Years".

Doch nach "Threat", seinem Beitrag für Jay-Zs "Black Album", darf noch eine von 9th Wonders Produktionen für einen großen Namen herhalten: Für Erykah Badus Album "New Amerykah" pickt die Grande Dame der kontemporären Soulmusik 9th Wonders Song "Honey" als erste Single ihres vierten Studioalbums.

Ab hält 9th Wonder als "Artist in Residence" Gastvorträge zum Thema Hip Hop an verschiedenen US-Unis. Ab 2021 lehrt er die Geschichte des Hip Hop an der ROC NATION School of Music, Sports and Entertainment der Long Island University.

Anfang 2020 finden 9th Wonder, Robert Glasper, Kamasi Washington und Kendrick Lamars Produzent Terrace Martin zur 'Supergruppe' Dinner Party zusammen. Im Sommer 2020 erscheint zunächst eine selbstbetitelte EP, im April 2023 folgt mit "Enigmatic Society" das erste Album in voller Länge.

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