laut.de-Kritik

Schweine-Rock mit Stil.

Review von

Die norwegischen Hard-Rock-Veteranen von Spidergawd, einem Ableger der Trondheimer Altmeister von Motorpsycho, werden aber wohl keinen Hipster mehr vom Electro-Folk-Trip abbringen und auch keinem Indie-Nazi mehr die Teufelsgabel abringen. Das schöne daran: Das wollen sie auch gar nicht.

Denn das Quartett, bestehend aus Vordermann Per Borten von den Trondheimer-Truppen Cadillac und New Volators, Bariton-Saxophonist Rolf Martin Snustad sowie dem Rhythmus-Duo mit Kenneth Kapstad und Basser Bent Sæther, kennt kein Pardon, wenn es um peitschende Gitarren geht. Mehrstimmige Licks und kreischende Soli können sie sich zwar nicht verkneifen, dennoch wäre es zu kurz gegriffen, Spidergawd zum alten Eisen zu schieben. Die Erfahrung mit zündenden Riffs bringen sie mit und schleudern zuhauf mühelos sägende und doch melodiöse Hooks aus der Lende. Dabei wirken sie so abgeklärt und routiniert wie die Cover-Band einer längst vergessenen, aber hochbegabten Rock'n'Roll-Kapelle, die Anno Blumenkohl mal Vor-Band von Black Sabbath war.

Die vier Streber produzieren auf den Spuren von MC5, die sie als Inspiration angeben, Hartholz am Fließband und hobeln, dass die Späne nur so fliegen. Man höre sich allein an, wie Kenneth Kapstad Trommeln wie Trommelfälle gleichermaßen in spektakulären Fill-In-Exzessen wund knüppelt. Und das tighter als die sackzwickenden Radler-Shorts von Axl Rose aber von ebenso narzisstischem Anmut. Man will eben zeigen, was man (drauf)hat.

So spielen die Mannen manchmal eben fast zu viel Guitar Hero: Beinahe zu souverän und solide dekliniert die Super-Band stellenweise die altbewährten Floskeln durch und macht daraus eine Skill-Show. "Fixing To Die Blues" leiht sich Bukka Whites Ur-Vorlage, von deren Alt-Blues Borten schwärmt, bevor das Genre "britische Idioten wie Eric Clapton ruiniert haben". Auch der finale Track "Sanctuary" zitiert und steht als Hommage ganz im Zeichen der irischen Oldies von Thin Lizzy.

Weitaus interessanter und weniger ausgemolken ragt da etwa "Tourniquet" hervor, das etwas an zeitgemäßeren Prairie-Rock a la Kyuss erinnert. Wer hier aber nach einer neuen Formel sucht, sucht vergebens. Auch das Interludium "Carulean Caribou", das Bläser-Kontrastprogramm, bei dem sich Snustad mal austoben durfte, wirkt da eher wie ein kalter Tropfen auf die infernalisch lodernde Gitarre.

Seine unorthodoxe Auslegung des Instrumentes füllt sonst den ohnehin opulenten Sound zusätzlich aus, der etwa in "Get Physical" aus den Boxen berstet: Ein 1A Testosteron-Track, in dem die Jungs ihre stählernen Muskeln ordentlich spielen lassen: Cowbell in der Strophe und im Refrain die einigermaßen unromantische Zeile: "I wanna get physical with the bitches in my head" - Eben Schweine-Rock von seiner feinsten und besten Seite.

Auch wenn Spidergawd nicht zu gänzlich neuen Ufern aufbrechen, gerät das, was die Meister da mit einer erprobten Zutatenmischung und etwas Brass-Blues anstellen zu einem explosiven Molotov-Cocktail, der einzig den Schutzwall des eigenen Stigmas unbeschadet lässt. Doch wen juckt das eigentlich, so lange es scheppert.

Trackliste

  1. 1. .... Is All She Says
  2. 2. Tourniquet
  3. 3. Crossroads
  4. 4. Fixing To Die Blues
  5. 5. Careulean Caribou
  6. 6. Get Physical
  7. 7. Made From Sin
  8. 8. Our Time (Slight Return)
  9. 9. Sanctuary

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