laut.de-Kritik

Garagig-direkt, hysterisch, stumm und voller Bauchgefühl.

Review von

Bei mir im Haus wohnt ein ziemlich spezieller Nachbar. Morgens verabschiedet er sich von seiner Familie und geht zur Arbeit. In den frühen Abendstunden kommt er wieder. Von diesem Zeitpunkt an dringen mit erschreckender Regelmäßigkeit (sagen wir: alle paar Stunden) verschluckte, stakkatoartige, mir nicht verständliche Schreie in meine Wohnung. Nach circa acht Sekunden kehrt wieder Stille ein.

Warum er schreit? Keine Ahnung. Ob er Gattin oder sein Spiegelbild anbrüllt, ich weiß es nicht. Was ich weiß: Der Mann ist ein Musterbeispiel eines Cholerikers. Und bizarrerweise fasziniert mich sein ad hoc gebändigter Jähzorn. Ähnlich verhält es sich mit diesen vier Cali-Boys'n'Girls - Inhalt und Sprache bleiben mir verborgenes Mysterium. Zu viele Verzerrer, zu viel unergründlicher Lärm. Den prinzipiell punkig-minimalistischen Ansatz verschlüsseln KIT darüber hinaus durch Experimental-Einschübe: Field-Recordings, Spielzeug-Keyboards, Shoegazing-Verwirbelungen.

Mit einem hysterischen Gebrüll springt dieses bemerkenswerte Debüt augenblicklich in die Lofi-R'n'R-Noise-Bresche, wälzt sich zuckend im Chaos und verstummt nach exakt 53 Sekunden schluckaufartig, als wäre nichts geschehen. Wie oben erwähnter Nachbar reinigt Stimme Kirsty G ihr Seelenleben ganz einfach mal von allem, was nicht festgetaped ist. Auch die drei restlichen Dekonstrukteure aus Oakland machen keinerlei Hehl daraus, dass sie verdammt viel Spaß am Ver- und Zerstören von Hörern bzw. Songstrukturen haben.

Man fühlt sich eben zu "Yelps", (Gesang), "Thrashing" (Gitarre), "Freakouts" (Drums) und "Feedback" (Gitarre) berufen. Rudimentäre Melodien werden hier nicht ausgebreitet und zelebriert, sondern umgehend wieder zerfleischt. Was bleibt, sind elf eruptive Anfälle in 22 knisternden Knackmomenten. Herzerfrischend kauzig und garagig-direkt, bis zum Rand gefüllt mit Bauchgefühl und unglaublicher Verve. Impulsivität ist Trumpf. Vielleicht sollten wir alle viel kürzer schlafen.

Trackliste

  1. 1. Tethered Wing
  2. 2. Fake Broken Legs
  3. 3. Maps
  4. 4. Flat Earth
  5. 5. Star Sign
  6. 6. Forest
  7. 7. Night Time
  8. 8. Coast Of Arms
  9. 9. Nautical Lament
  10. 10. Petty Tiger Bells
  11. 11. Fixed Compass

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LAUT.DE-PORTRÄT KIT

Man könnte vermuten, bei KIT handelte es sich um eine Posse von neuen frischen Gesichtern, noch grün hinter den Ohren, voller Verve und voller Möglichkeiten.

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