laut.de-Kritik

Emotionen und Minimal-Electro-Pop: der Voltaire-Sänger solo.

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Roland Meyer de Voltaire hat mit 44 Jahren schon viel gesehen. Bislang nannte er nicht nur seine Geburtsstadt Bonn sein Zuhause, auch in Moskau, Dublin und Peking lebte er, bevor es ihn nach Berlin zog. Bekannt wurde er in den Nullerjahren mit der Indierock-Band Voltaire. Nach dem Ende des unter anderem von Radiohead inspirierten Projekts wandte sich Meyer de Voltaire neuen Herausforderungen zu.

So komponierte er Filmmusik bzw. für verschiedene deutsche Musiker wie Enno Bunger und Schiller. Auf Solopfade begab er sich schließlich 2016 mit der "Live"-EP, das erste Schwarz-Album "White Room" folgte drei Jahre später. Im Gegensatz dazu kommt "Red Pill" nun noch minimalistischer daher - Rolands Stimme steht in jedem Song klar im Mittelpunkt.

Cleane Gitarre und entspannter Beat liefern auf "A Crack Of Light" die passende Begleitung. Noch melancholischeren Chill-Out-Electro-Pop serviert "Bolt Of A Lightning": "Keep on fighting", singt Meyer de Voltaire, während die Synth-Wellen langsam abebben. Hier zeigt es sich, dass es de Voltaire versteht, stimmige Songs zu schreiben. Er schafft es sogar, Autotune geschmackvoll einzusetzen.

Sowohl mit "David Lynch" als auch mit "Peek@boo" fängt de Voltaire im Anschluss die letzten Sommertage ein. Auch wenn bei Ersterem nur der Refrain catcht, kann man sich gut vorstellen, mit einem Drink in der Hand auf einer Dachterrasse in der Abendsonne oder an einem Strand im Süden die Hüften zu schwingen. "Peek@boo" sorgt dabei für einen echten Main Character-Moment.

Um die folgenden Tracks im richtigen Setting auf sich wirken zu lassen, sollte man sich besser an einen ruhigen Ort zurückziehen. "Stranger Smiling" packt einen zwar noch nicht vollends, für "Heavy Bag" sollte man sich aber emotional rüsten. "And if we agreed / that there is no shame / to share some of our stain / would it take away / what we carry / all the way on our shoulders?", öffnet sich der Sänger seiner Zuhörerschaft, unterlegt mit Klavier statt Gitarre.

Auch auf "Present Tense" trifft de Voltaire den richtigen Ton. Hier zeigt sich wieder sein Songwriter-Talent: Selten wurden Sinnlichkeit, Verlangen und Intimität so treffend und schön vertont. Ein Synth surrt über den Metronom-artigen, sanften Beat, die Stimme so zart wie ein Windhauch, Streicher verfeinern das Soundbild noch. Die Repeatfunktion ist hier vorprogrammiert, so schnell vergisst man diesen Song nicht.

Statt nun "A Word" als nachdenklichen Ruhepol anzuschließen, folgt zunächst der Titeltrack. Eine Platzierung nach "Peek@boo" wäre allerdings passender gewesen. So nimmt die Stimmung eine 180-Grad-Wendung und wandelt sich wieder zum relaxten Ambiente. Die Musik ist dabei das perfekte Äquivalent zum Visual des Albumcovers: Aufbruch und Abendstimmung stehen auf dem Programm.

Dieses ändert sich durch "A Word" erneut. Die weiche, gehauchte Stimme Meyer de Voltaires transportiert Botschaften über die Macht der Worte, sie wirkt beruhigend und wohltuend. So klingt der Kosmos der Platte, die besonders in der zweiten Hälfte an Stärke zulegt, mit einem Gefühl der Geborgenheit aus.

Trackliste

  1. 1. A Crack Of Light
  2. 2. Bolt Of A Lightning
  3. 3. I'm With You
  4. 4. David Lynch
  5. 5. Peek@boo
  6. 6. Stranger Smiling
  7. 7. Heavy Bag
  8. 8. Present Tense
  9. 9. Red Pill
  10. 10. A Word

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