laut.de-Kritik

891 Minuten: Die Band aus Athens kuratiert die absolute Überdosis.

Review von

Irgendwann wurde es meinem spanischen Mischlingshund Balthi schlichtweg zu bunt. Als Peter Buck zum fünften Mal "Man On The Moon" anstimmt, nimmt er sich das Booklet und zerfetzt es in seine Einzelteile. Ein deutliches Zeichen. 891 Minuten R.E.M. sind einfach zu viel. Wir kapitulieren allein aufgrund der Masse und gehen erst mal eine Runde um den Block.

An und für sich steckt hinter "REMTV" eine schöne Idee. Jeder Hardcore-Fan dürfte sich bei der Bilderflut die Finger lecken. Bei den Arbeiten an "Unplugged: The Complete 1991 And 2001 Sessions" schauten sich die Bandmitglieder durch ihre diversen MTV-Auftritte und kamen auf die Idee, die besten in einer Box zu versammeln.

Dementsprechend finden sich auf "REMTV" viele Schmankerl. Diverse Outtakes erweitern einige der Mitschnitte. Zudem kann man sich blendend an Mike Mills unzähligen gescheiterten Versuchen erfreuen, doch irgendwann endlich wie ein Rock-Star auszusehen.

Den größten Zugnummern begegnen wir zwangsweise immer und immer wieder. Andere Songs behandelt die Kompilation nahezu stiefmütterlich. Wenn am Ende der dritten DVD beim ausgezeichneten Konzert auf der Kölner Domplatte endlich auch einmal "The One I Love" erklingt, haben wir schon fünfmal "Losing My Religion" hinter uns. Sechs weitere Male soll ihr Hit noch erklingen. Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit.

Der Hauptaugenmerk von "REMTV" liegt auf den Warner-Jahren. Aus den 1980ern und somit den frühen I.R.S-Zeiten finden sich mit "The Cutting Edge" (1984) und dem skurril anmutenden "Livewire"-Auftritt (1983) gerade zwei Mitschnitte auf den größtenteils in 4:3 gehaltenen DVDs.

Das Gastspiel bei "Rock Am Ring" aus dem Jahr 2005 sticht deutlich heraus. Während "Orange Crush", eines ihrer besten Stücke, wütend aus den Boxen lärmt, verwischt der Regen Michael Stipes Maske und bricht das Bild der Kamera wie ein Kaleidoskop. Bei ihrer "Rock And Roll Hall Of Fame Induction" aus dem Jahre 2007 zeigt sich der Sänger zwar schlecht bei Stimme, dafür gibt es ein spätes Wiedersehen mit dem 1997 ausgestiegenen Schlagzeuger Bill Berry. Auf der letzten DVD findet sich mit "R.E.M. By MTV" eine anekdotenreiche Dokumentation und endlich auch etwas aufschlussreiche Abwechslung.

Zusammengenommen ensteht eine absolute Überdosis der Band aus Athens, die einfach erschlägt. Allein die Menge an Material und die ständigen Wiederholungen erdrücken. Wie an Weihnachten freut man sich anfangs noch über die vielen leckeren Plätzchen, kann sie aber nach einer Weile nicht mehr sehen. In der Zeit hört man sich lieber noch einmal durch die ganzen Studioalben.

Trackliste

DVD 1

  1. 1. Unplugged 1991 + Outtakes
  2. 2. Unplugged 2001 + Outtakes

DVD 2

  1. 1. VH1 Storytellers + Outtakes
  2. 2. The Cutting Edge
  3. 3. Livewire
  4. 4. MTV 10th Anniversary Special
  5. 5. Video Music Awards 1993
  6. 6. Video Music Awards 1995
  7. 7. European Music Awards 1998
  8. 8. European Music Awards 2001
  9. 9. Rock And Roll Hall Of Fame Induction 2007
  10. 10. The Colbert Report

DVD 3

  1. 1. R.E.M. In Dallas
  2. 2. R.E.M. Uplink At Bowery Ballroom
  3. 3. Live In Cologne + Outtakes

DVD 4

  1. 1. R.E.M. At The Tabernacle, London
  2. 2. MTV Sonic Milan
  3. 3. Rock Am Ring + Outtakes

DVD 5

  1. 1. Live At Rolling Stone, Milan
  2. 2. Live At Oxegen Festival
  3. 3. R.E.M. Live In Athens, Greece

DVD 6

  1. 1. R.E.M. By MTV + Deleted Scenes

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