laut.de-Kritik

Heilung ist nicht in Sicht. Oder?

Review von

I was me, but now he is gone", wer erinnert sich nicht an James Hetfields depressive Zeilen auf "Fade To Black" und das folgende Solo von Kirk, das den Selbstmord und das Abdriften in den Tod symbolisiert. Trotz des düsteren Endes schöpfen seit 40 Jahren Menschen Kraft aus diesem Song, um ein paar Atemzüge mehr zu tun oder gar den Kampf gegen das dunkle Nichts im Inneren anzugehen. "Mind Burns Alive", das fünfte Album der Doom-Rocker von Pallbearer, dringt ebenfalls tief in erlittene Traumata, zerbrochene Seelen und selbstgewählte Isolation ein, wählt für den musikalischen Support jedoch einen schier endlosen Stream aus hypnotischen Riffs, zarten Melodie-Ansätzen und atmosphärischen Klangebenen.

"Maybe we could fly / But we never lеarned / To grow our wings / Maybe heavеn's waiting / But we will never know / From so far down", mit nur wenigen Worten malt Sänger Brett Campbell in "Where The Light Fades" das schwarz-weiße Gemälde. Die Verzweiflung passt zuerst gar nicht zu den balladesken Klängen, doch nach und nach offenbart sich die Magie des Songs und später auch des ganzen Werks. Pallbearer nutzen Pausen und geben den Riffs Raum zum Atmen. Ein Atmen, das dem antriebslosen Protagonisten merklich schwerfällt. "We are frozen here / Picking at wounds we will not let heal." Puh. Und es wird nicht heller.

"My mind has ignited / I can feel it burning down / Watch and wonder as the embers glow / If my flame has been put out". Die Zeilen von James Hetfield kommen einem wieder in den Sinn. Der Titeltrack "Mind Burns Alive" schmiegt sich anfangs nahtlos an den Opener an, doch dann eskaliert der Track und bricht zum ersten Mal so richtig auf. Die Riffs bilden eine undurchdringliche Wand aus Feuer, spenden jedoch immer mit einem Fünkchen Harmonie Hoffnung.

"Signals" reduziert das Tempo und die Gewalt wieder auf ein Minimum. Die Pausen ziehen sich in die Länge. Fast wirken sie wie Leonard Cohen einst in "Anthem" sang: "There is a crack, a crack in everything / That's how the light gets in". Ab der Mitte explodiert der Songs doch und mutiert zur erhabenen Slowcore-Hymne, die mit den Zeilen den Album-Höhepunkt bildet: "Searching to find / Something to hold / A place to hide / In a world so cold / Looking for a way to survive / A way to survive / A way to survive / The weight of your life".

So langsam tröpfelt die Erkenntnis, dass fast eingängige Hits wie "I Saw The End" oder "Dancing in Madness" vom modernen Doom-Klassiker "Heartless" hier unten am Boden der Seele keinen Platz haben. In "Endless Place" nähern sie sich fast progressiv den metallischsten Momenten, nur um nach sieben Minuten ein fiebrig vibrierendes Saxophon aus dem Abyss zu holen. "Daybreak" lehnt sich stark an "Signals" an, und "Mind Burns Alive" endet im Schatten "With Disease".

Die Powerchords marschieren zuerst, verschwinden dann jedoch in einem Wimpernschlag, als Sänger YY seine ersten Worte findet. Danach erstrahlt eine erste vorsichtige Melodie. Riffs und Gesang vereinen sich zu einem wahren Doom-Monster. "As the disease takes hold / A life falls apart / Left with only fragments / Of a once whole heart." Die Leere und Verzweiflung bleiben jedoch, Heilung ist nicht in Sicht, oder? Viele Menschen fanden und finden Trost und Erkenntnis in der Musik. Hoffen wir, dass Pallbearers fünftes Album dazu gehört. Denn: Es gibt immer Hilfe.

Trackliste

  1. 1. Where The Light Fades
  2. 2. Mind Burns Alive
  3. 3. Signals
  4. 4. Endless Place
  5. 5. Daybreak
  6. 6. With Disease

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