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Vinyl was my first love

Kollege Kabelitz war kürzlich wieder im Angriffsmodus: "Der Gartenzwerg von heute ist die Schallplatte. Es gibt wohl kaum etwas langweiligeres und spießigeres als Vinyl-Charts", verkündete der Vinyl-Liebhaber lauthals und machte dies an der Tatsache fest, dass die Vinyl-Top 100 eines einschlägig bekannten Online-Anbieters in erster Linie aus altem Scheiß besteht: David Bowie (7x), Pink Floyd (6x), Fleetwood Mac (2x), Deep Purple (2x), Depeche Mode (2x), Bob Dylan (2x), Die drei ??? (2x) und so weiter.

Da könnte also was dran sein, betrachtet man allein die stetig wachsende Popularität von Vinyl-Re-Issues bei Majorlabels (weshalb ich übrigens auch die Rubrik "Hail to the Re-Releases" aus der Taufe gehoben habe). Andererseits impliziert die Aussage, dass Vinyl nur noch für die Ü-40-Generation interessant ist, die zwar sicher eine kaufstärkere Zielgruppe darstellt als die 25-Jährigen. Dafür sollte man meinen, dass die 45-Jährigen allmählich ihre Bowie- und Floyd-Platten komplett haben und nicht mehr jedem Re-Release hinterher rennen müssten. So oder so: Vinyl ist gefragt wie nie und das Vinyl-Presswerk Schallplattenfabrik Pallas aus Diepholz etwa bestätigt das ungebrochen große Interesse zahlreicher Kunden.

Die immer wieder gehörte Behauptung, kleine Labels hätten mit ihren (unbekannteren) Bands einen Marktnachteil, da sie auf den Wartelisten der Presswerke automatisch hinter den größeren Labels mit ihren in Mode gekommenen Re-Issues gesetzt würden, sei nicht zutreffend. "Prinzipiell werden alle Kunden gleich behandelt. Es wird bei uns nach der Reihenfolge der Eingänge eingeplant. Da ist es egal ob ein Major, ein Indie-Label oder ein unbekannter Künstler anfragt", so Christoph Hilkemeier von Pallas. Der Ansturm von Labels oder auch einzelnen Künstlern sei so enorm, dass man vielen Kunden aus Kapazitätsgründen absagen müsse, hierzu würden aber auch große Labels zählen. Gartenzwerge für alle. Juchuu. Hier noch einmal die beliebtesten Vinyls im Januar 2017, darunter auch die ein oder andere Neuerscheinung.

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1 Kommentar mit 5 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    ich kann daran eigentlich nichts spießiges finden.

    denn zum einen ist die generation ü40 oder ü70 or whatever ja nur ein segment von vielen. da hat anscheinend jede geburtsära ihr bevorzugts medium und ihren geschmack. die einen sind der reife wein, die anderen der junge federweiße. beide zusammen sorgen kumulativ dafür, dass musik immer voranschreitet und bereitsa vorhandenes immer gegenwart bleibt.

    aber ganz abgesehen von der inhaltlichen frage:

    die eigentliche philosophische sensation ist doch, dass es überhaupt wieder einen trend gibt, der kunst als produkt begreift, für deren erwerb man einen kaufpreis zu entrichten hat. fort von dem nullwert.

    das kann der musikindustrie - und damit den künstlern und damit der kostenintensiven möglichkeit, professionell produzieren zu können - doch mittelfristig nur gut tun. denn zumindest besteht ja die möglichkeit, dass labels mit einem durch vinylverkauf größeren budget auch wieder in neue, frische musiker investieren.

    insofern sind die vinylcharts vielleicht nicht der gartenzwerg, sondern der fruchtbare garten.

    • Vor 7 Jahren

      "denn zumindest besteht ja die möglichkeit, dass labels mit einem durch vinylverkauf größeren budget auch wieder in neue, frische musiker investieren."

      es bestünde die möglichkeit. aber letztendlich werden doch eher die bankkonten der aktionäre gefüllt werden.
      warum sollte ein gewinnorientiertes unternehmen in ein neues produkt investieren, wenn schon produzierter kram, der sich schon immer gut verkauft hat und nur neu gepresst werden muss um dem kunden die kohle aus der tasche zu ziehen, für die nächsten drei bis vier dekaden in den kellerarchiven schlummert? betriebswirtschaftlich wäre das großer schwachsinn. bei wiederveröffentlichgungen: keine riesen werbebudgets, keine teuren aufnahmesessions, die alten bänder raussuchen, digital "aufwerten", pressen und das dritte mal an der produktion verdienen. (erste vinylpressung in den 70gern, dem kunden mit der ersten cd-wiederauflage nochmal kohle aus der tasche ziehen und zwanzig jahre später erklären, dass sich platten viel toller anhören). so genial muss man ein produkt erstmal vermarkten.
      die unglaubliche anzahl an vinyl-wiederauflagen unterstützt meine these eindrucksvoll.

      wenn die labels nicht müssen, investieren die keinen einzigen cent!

    • Vor 7 Jahren

      Quatsch.. Vinyl nutzt sich ab man hat vielleicht auch nicht wirklich darauf aufgepasst während der CD-Ära jetzt hat man die Schnauze voll von Nullen und Einsen und besinnt sich wieder auf die Zeit zurück in der Musik noch ein paar andere Werte als heutzutage vermittelt hat. Also kauft man sich seine Lieblingsalben nochmal und diesmal passt man auch ganz bestimmt besser darauf auf (hüstel)

    • Vor 7 Jahren

      Da wird bei aller Freude über gestiegene Vinylverkäufe kein Schuh draus. Da zeitgleich die CD-Verkäufe und Downloads seit Jahren massiv einbrechen, die meisten Hörer nur noch Streams nutzen und Schallplatten nach wie vor ein Nischenprodukt sind, sieht es mit steigendem Budget und blühendem Garten ziemlich düster aus. Die Chance besteht eher darin, dass frische Musiker es nie so leicht hatten, ohne den Einfluss einer Plattenfirma an den Hörer heran zu kommen. Einen eigenen Jumbo Jet wird man sich aber wohl nicht mehr leisten können.

    • Vor 7 Jahren

      gute musik entsteht eh nur, wenn der künstler broke und pissed ist.große budgets stellen da also nur ein übel dar.

    • Vor 7 Jahren

      Sehr richtig!