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Platz 2: The Joshua Tree (1987)

"The Joshua Tree" ist nur auf Platz 2? Nun, ist "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" ein besseres Beatles-Album als "Revolver"? Oder "Wish You Were Here" besser als "The Dark Side Of The Moon"? U2 sind auch deshalb eine ikonische Band, weil sie mehr als nur eine Benchmark in der Rockgeschichte hinterlassen haben. Das fünfte Studioalbum "The Joshua Tree" ist definitiv ein Alltime-Klassiker und sicher die wichtigste Platte ihrer Karriere. Diese Songs veränderten die Welt und die vier Männer aus Dublin für immer. "Join Amnesty International", so steht es 1987 im Booklet der Platte geschrieben und so klingen auch die Songs: Eine Aufforderung zum Handeln, ein letzter Appell, das Spiel nicht kampflos den Etablierten zu überlassen. "I want to tear down the walls that hold me inside."

Der Album-Einstand ist nicht von dieser Welt. Bedanken muss man sich hier bei Steve Lillywhites Frau, der Musikerin Kirsty McColl, die den Auftrag bekommt, ihre Lieblingssongs für die Titelliste zu ranken. Einzige Vorgabe: Das Album muss mit "Where The Streets Have No Name" beginnen und mit "Mothers Of The Disappeared" enden. McColl entscheidet sich für drei der bis heute legendärsten Songs der Band. Das auf sanften Yamaha DX7-Ambientsounds von Großmeister Eno heran kriechende "Where The Streets Have No Name", in dessen weiteren Verlauf Echopedal-König The Edge sein ausgearbeitetes, auf Präzision geeichtes Riff-Timing vorstellt, gefolgt vom neuartigen Gospel "I Still Haven't Found What I'm Looking For" und gipfelnd in der berührenden, sublimen Verzweiflung von "With Or Without You". Die kristallklaren Gitarren von The Edge und Bonos ergreifender Gesang vereinigen sich in überirdischer Form, das schwarzweiße Coverfoto aus der kalifornischen Mojave-Wüste von Fotograf Anton Corbijn fängt die getragene Stimmung perfekt ein. Die Weite des Wüstenpanoramas findet seinen unmittelbaren Nachhall in den Songs und einigen Textzeilen ("Desert sky / dream beneath the desert sky" ... "I'll show you a place high on a desert plain").

Ob amerikanische Waffenlieferungen an El Salvador, Drogen in Downtown Dublin oder der rezessionsbedingte Niedergang der "Redhill Mining Town", U2 sahen das Schlechte in der Welt und sangen darüber. Bei einem US-Präsidenten wie Ronald Reagan und Großbritanniens Premierministerin Maggie Thatcher finden sie genug Themen. "The Joshua Tree" holt die political consciousness endgültig aus der Punk-/Hardcore-Nische ins Scheinwerferlicht des Pop. Auf das explosive "Bullet The Blue Sky" folgt "Running To Stand Still", ein Song, wie man ihn auf keinem U2-Album zuvor findet. In sich ruhend, erneut ausnehmend synthetisch, voller Anmut und Atmosphäre. "One Tree Hill" ist dem bei einem Motorradunfall verstorbenen U2-Roadie Greg Carroll gewidmet und nach einem Ort seiner Heimat Neuseeland betitelt. Bono singt den Song in einem Take, zu weiteren fühlt er sich emotional nicht in der Lage.

2017 stellt die Band eine eigene Tournee zum 30. Jubiläum dieses Klassikers auf die Beine. In der parallel erscheinenden Deluxe-Edition befindet The Edge: "Wenn ich uns auf diesen Bildern sehe, dann sehe ich einen Haufen Pilger auf der Suche. Ich denke, das fasst uns als Band zu dieser Zeit zusammen. Wir hatten viel mehr Fragen als Antworten." Nach "The Joshua Tree" agieren U2 auf einer Stufe mit Bruce Springsteen. Davon haben sie aber bald die Nase voll.

Anspieltipps:

"Where The Streets Have No Name", "I Still Haven't Found What I'm Looking For", "With Or Without You", "Running To Stand Still", "Red Hill Mining Town"

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Ranking Die besten U2-Studioalben

Sie sahen das Schlechte in der Welt und sangen darüber. Wie vier Iren Rock revolutionierten, auch dank Bono, dem Kümmerer mit der Engelsstimme.

3 Kommentare

  • Vor einem Jahr

    Eines der wenigen Alben der Band, auf dem neben den totgenudelten Hits auch die Deep Cuts perfekt funktionieren.

  • Vor einem Jahr

    Mir gefallen "War" und "TUF" um Längen besser.
    Bis Live Aid ist es OK. Danach Oh weh!

  • Vor einem Jahr

    Liegt vielleicht auch daran, dass wir damals vollig gebannt den Rockpalast-Auftritt von U2 auf der Loreley bei Martina Müller in HH-Großlohe vor dem TV verfolgt haben. Und Bono noch ein Held war ... How long ... Sunday ... 40 ... Kracksel ... Flags ... Gloria ... Authenticity

    Spätestens nach der "Wide Awake In America"-EP wurde diese Band für mich unerträglich ...

    Enttäuschte Liebe und so ...

    Aber immer noch besser als die "Simple Minds"! Vermakteter Aufruhr ist immer noch besser, als gar kein Aufruhr.

    Mal wieder Zeit, sich den "Breakfast Club" anzuschauen!