Gestern drehte sich in Berlin alles um Musik: Die Popkomm eröffnete das erste Mal in der Hauptstadt ihre Pforten. Derweil beriet der Bundestag über eine Radioquote für deutsche Musik. Sie soll der schwächelnden Musikindustrie zu einem Aufschwung verhelfen.

Berlin (chb) - Anlässlich der ersten Popkomm in Berlin haben Musiker, Politiker, Vertreter der Musikindustrie und Radiosender den Streit um eine Radioquote zu einem hitzig diskutierten Thema gemacht. Gestern fand dazu eine Anhörung im Bundestag statt. Die Initiative "Musiker in eigener Sache", in der sich fünfhundert Musiker engagieren, übergab eine Petition, welche die Radioquote per Gesetz fordert.

Die Regelung sollte den deutschen Radiosendern vorschreiben, 50% der Songs von deutschen Künstlern und davon die Hälfte der Songs wiederum von Newcomern zu spielen. Vertreter dieser Initiative sind unter anderem Smudo, Xavier Naidoo und Udo Lindenberg. Im Moment stammen nur 10% aller Songs, die im deutschen Radio gespielt werden, auch von deutschen Künstlern. Dagegen bestreiten in Italien, Spanien oder Frankreich einheimische Künstler 50 Prozent des Programms.

Private sowie öffentlich-rechtliche Sender sprechen sich gegen eine Zwangsquote aus, da sie eine Bevormundung und einen Eingriff in die Programmautonomie darstellten. Um der Regelung entgegen zu wirken, würden die privaten Sender auch vor einer Verfassungsklage nicht zurückschrecken. Dagegen meint der Vorsitzende der deutschen Phonoverbände Gerd Gebhardt, dass eine Quote dringend nötig sei, um Talente zu fördern.

Auch die Politiker Antje Vollmer von den Grünen und Kurt Beck (SPD) sind der Meinung, dass Deutschland vom Anglopop überflutet und die interessante und aufregende Musikszene nicht wahrgenommen wird. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) schlägt einen Kompromiss der beiden Parteien vor: Er hält eine "freiwillige Vereinbarung zwischen Sendern und Musikbranche" für die beste Lösung.

Viele Befürworter der Regelung verweisen auf Frankreich, wo ein derartiges Gesetz seit dem 1. Januar 1994 in Kraft ist. Dort konnten positive Erfahrungen mit der Quote für nationale Musik gemacht werden. Der Verkauf einheimischer Platten ist seitdem bedeutend gestiegen.

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