Zensur im Internet, die unendliche Geschichte. Jetzt ist den hellen Köpfen beim Verfassungsschutz doch aufgefallen, dass bei 40 Millionen Napster-Usern vielleicht ein paar faule Äpfel dabei sein könnten. Nach MP3.com wird auch nun das Zugpferd mit dem Vorwurf der Verbreitung rechten Liedgutes konfrontiert.

Internet (stj) - Nach neuesten Schätzungen nutzen ca. 20 Millionen Deutsche das Internet für ihre Zwecke. Der Begriff MP3 ist nach Sex das populärste Wort im WorldWideWeb. Deutsche Politiker, so scheint es, wurden aber erst von der Quasi-Übernahme Napsters durch den Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann aus ihrem musiktechnologischen Tiefschlaf geweckt.

So ist der niedersächsische Verfassungsschutz der Ansicht, dass die Internet-Musikbörse zu einem Sammelbecken für Neonazibands geworden ist. Die rechtsradikalen Musiker, für die es in Deutschland zum Glück sehr schwer ist, Vertriebspartner zu finden, können bei Napster alle verbotenen Stücke verbreiten. Zudem wird es immer schwerer, die Hintermänner der rechten Szene zu identifizieren.

Ein Mitarbeiter der Bertelsmann E-Commerce-Gruppe erklärte zuerst, dass man sich der Möglichkeit undemokratischer Strömungen bei Napster bewusst sei. Es gäbe bei der technologischen Plattform keine inhaltliche Prüfung. Ob eine neue Software Songs eliminieren könne, sei noch nicht abzusehen. Wegen der Brisanz des Themas meldete sich aber dann der Chef der Gruppe, Andreas Schmidt, zu Wort und verurteilte den Napster-Missbrauch. Man werde "im Rahmen der Möglichkeiten eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen arbeiten. Der Austausch von rechtsradikalem und gewaltverherrlichendem Gedankengut durch einen Teil der Napster-User verstößt gegen unsere Nutzungsbestimmungen." Dies könnte sich schwierig gestalten.

Und die Technik ist wieder einmal einen Schritt voraus. So gibt es mit KaZaA neuerdings eine Internettauschbörse für das ganze Multimediaspektrum. Das bedeutet, dass zu volksverhetzenden Songs im Extremfall Kinderpornographie kommen könnte, und die Zensur im Internet immer wahrscheinlicher wird. Dann stellt sich aber die Frage, welche Kriterien bei der Zensur der einzelnen Tracks oder Videos an den Tag gelegt werden.

Vielleicht sind dann bei der üblichen dummen Gleichmacherei von rechts=links auch Bands wie Rage Against The Machine betroffen. Die erfolgreiche Polit-Band outete sich wieder einmal als absoluter Verfechter der Napster-Idee. Als Entschuldigung für die versehentliche Sperre stellten Rage die Instrumentals ihres "Renegades" Albums sowie vier unveröffentlichte Livetracks auf ihrer Homepage im MP3-Format zum Download bereit. Als Zugabe gibt es dann noch acht Videoclips von Konzerten der Band. Dass sie in Sachen Napster ungewollt mit den rechten Bands auf einer Seite stehen, verdeutlicht die unsichere, anarchistische Form des Internets.

Weiterlesen

Napster Jeder gegen Jeden

Es droht das totale rechtliche Chaos. Nach den Klagen vieler Plattenfirmen gegen Napster fangen die Labels jetzt an, sich untereinander zu zerfleischen. So attackiert der Chef des Indie-Labels Matthew Katz Productions die mächtige Bertelsmann Music Group (BMG), da diese sich mit Napster arrangierte.

Rage ATM: Napster-Sperre war "schrecklicher Fehler"

Fans von Rage Against The Machine, die Ende vergangener Woche Songs vom neuen Album bei Napster downloaden wollten, wurden von dem MP3-Tauschdienst automatisch gesperrt. Nun hat Gitarrist Tom Morello sich in einer schriftlichen Stellungnahme bei den Fans entschuldigt.

Noch keine Kommentare