Jammen, kiffen, Bibel lesen: Das Biopic von Reinaldo Marcus Green gewährt Einblicke in das bewegte Leben der Reggae-Ikone.

Berlin (jmb) - "Solange die Philosophie, die eine Rasse für überlegen und eine andere für minderwertig hält, nicht endgültig und dauerhaft diskreditiert und aufgegeben wird, herrscht überall Krieg.": Bob Marleys Einsatz für Gleichberechtigung und Frieden reichte weit über die Grenzen seiner Heimat Jamaika hinaus. Der berühmteste aller Reggae-Artists und -Botschafter feierte mit seiner Band The Wailers in den Siebzigern internationale Erfolge. Zu seinen größten Hits zählen "One Love", "No Woman No Cry", "I Shot The Sheriff" und "Get Up Stand Up".

Mehr als ein bloßer Idealist

Bob Marley starb 1981 an Krebs - letzte Woche wäre er 79 Jahre alt geworden. Das Biopic "Bob Marley: One Love" würdigt nun das Lebenswerk des Sängers. US-Regisseur Reinaldo Marcus Green legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Entstehung des Albums "Exodus" und die Vorbereitungen des "One Love Peace Concert", das Marley 1978 in Kingston spielte.

Für Marley, gespielt von Kingsley Ben-Adir, waren 'Peace & Love' mehr als bloße Ideale. Der tiefgläubige Rastafari setzte dem bürgerkriegsähnlichen Konflikt, der Mitte der Siebziger in Jamaika herrschte, eine Botschaft der Versöhnung entgegen und nutze dafür seinen Einfluss als öffentliche Person: So bat er bei besagtem Konzert den damaligen jamaikanischen Premierminister Michael Manley sowie Oppositionsführer Edward Seaga auf die Bühne und überzeugte beide, einander die Hand zu reichen. Eine Geste, die Anhänger beider politischen Lager beruhigte.

Ein Nationalheld - verfolgt von inneren Dämonen

Doch jenem bedeutungsvollen Moment ging ein langer Reifeprozess voran. Marleys sonnig gut gelaunte Melodien täuschten über das Ringen mit seinen inneren Dämonen hinweg: Der Film ergründet Marleys Umgang mit diversen Traumata, die den Sänger Jahre lang verfolgten, darunter ein Attentat im Dezember 1976. Zwei Tage vor dem geplanten Friedenskonzert "Smile Jamaica" drangen Unbekannte in Marleys Haus ein und schossen auf den Sänger, seine Frau und seinen Manager Don Taylor. Während letztere schwere Schusswunden erlitten, kam Marley mit leichten Verletzungen davon und konnte bei dem Konzert auftreten. Marley fürchtete jedoch fortan um seine Sicherheit und floh nach London, wo er unter anderem das Album "Exodus" aufnahm. Angefeuert von seiner Frau Rita (Lashana Lynch), seiner Liebe zu seinem Heimatland und nicht zuletzt seinem Glauben fasste er schließlich neuen Mut. Als Marley nach dem Exil zum ersten Mal zurück nach Jamaika reiste, wurde er wie ein Nationalheld empfangen.

"Bob Marley - One Love" porträtiert die Reggae-Ikone als belesenen, idealistischen Mann, dessen Herz für Fußball, Reggae und seine Familie schlug. Das Kiffen gehörte genau so fest zum Alltag wie Jammen und Bibellesen. Die Szenen im Musikstudio porträtieren Bobs künstlerische Disziplin und seinen perfektionistischen Anspruch. Der Soundtrack besteht aus Originalaufnahmen Marleys. Wummernde Bässe, scheppernde Drums und groovige Gitarrenparts umrahmen die kurzweilige Handlung. Dazu gesellen sich malerisch schöne Naturaufnahmen, die aus einem Promofilm über Jamaika stammen könnten.

Ein bisschen Heldenkult

"One Love" offenbart zwar den Druck, dem die Privatperson Marley als öffentlicher Friedensprophet ausgesetzt war, lässt allerdings nur wenige kritische Fragen an dem Mythos Bob Marley aufkommen. Zum Teil driftet die Darstellung des Sängers in eine heldenhafte Verklärung ab. Marleys zahlreiche Affären während seiner Beziehung mit Ehefrau Rita - er zeugte sieben außereheliche Kinder - werden nicht näher erörtert. Dies mag daran liegen, dass Rita sowie die beiden gemeinsamen Kinder Ziggy und Cedella an der Produktion des Films maßgeblich mitwirkten. So ziemlich alles, was nicht ins Narrativ von Marley als moralischem Vorbild passt, wurde unter den Tisch gekehrt.

Dabei ist es doch gerade Bob Marleys Fehlbarkeit, die seinen Friedensaktivismus so besonders macht: Wenn es so jemandem gelingt, ein konfliktzerissenes Land entschlossen und mutig zu beruhigen, dann macht das Hoffnung für uns alle. "Bob Marley - One Love" (103 Minuten, FSK 12) läuft morgen in den deutschen Kinos an.

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3 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 2 Monaten

    Bäh... Musiker-Biopics... Klingt nach so nem typischen Mythenbullshit. Nachdem dieser sauschlechte Queen-Film unverdienterweise Preise und ne Milliarde einspielte (glaube ich), versuchten sie es zuletzt weiter.

    Der über Elton John war ganz nett, und "Weird" ganz okay, weil Persiflage. An "Walk Hard" kommt trotzdem nix ran.

  • Vor 2 Monaten

    "Solange die Philosophie, die eine Rasse für überlegen und eine andere für minderwertig hält, nicht endgültig und dauerhaft diskreditiert und aufgegeben wird, herrscht überall "Solange die Philosophie, die eine Rasse für überlegen und eine andere für minderwertig hält, nicht endgültig und dauerhaft diskreditiert und aufgegeben wird, herrscht überall Krieg."

    Gegenüber Frauen war Marley extrem dominant und bestimmend. Über diesen Gegensatz zu seiner Aussage hätte er mal nachdenken sollen...man kann das ja nicht auf die Rasse begrenzen.

  • Vor 2 Monaten

    Ich liebe Bob Marleys Musik und finde auch, dass er weltweit nicht nur den Raggae populär gemacht hat, sondern auf alle Fälle ein Friedensaktivist war mit ganzem Herzen.

    Der Film ist, was sein Privatleben angeht, absolut geschönt und ich finde es respektlos, die anderen Kinder so auf die Seite zu stellen... Aber es verwundert nicht, da ja Rita Marley und auch Cedella Marley Coproduzentinnen waren... heile Familienidylle ist definitiv geheuchelt. Hört man das Interview seiner Tochter bei dem Dokustreifen "Marley", weiß man das sogar aus erster Quelle. Schade....
    .... und es hätte mehr Musik gespielt werden können... meine Meinung.